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Mörderischer Stammbaum

Mörderischer Stammbaum

Titel: Mörderischer Stammbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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denn her?“,
fragte Lohner. „In dieser Gegend, um diese Zeit! Also, Gaby, ich muss mich
wundern. Das heißt, bei TKKG wundert man sich ja überhaupt nicht mehr. Ich will
auch gar nicht wissen, ob dein Vater Bescheid weiß. Bärbel“, er meinte seine
eigene Tochter, „ist zwei Jahre älter als du, Gaby. Aber sie ist brav zu Hause
und guckt Fernsehen.“
    Vonwegen!, dachte Tim. Vorhin
haben wir gesehen, wie Bärbelchen am Doorman vorbei in die x-l-Disko gerauscht
ist. Mit einem Schnicki-Schnösel im Schlepptau. Aber das verraten wir dem Papa
nicht.
    „...sind wir auch brav“,
erklärte Gaby gerade. „Man kann ja brav und gleichzeitig unterwegs sein. Nicht
wahr, Tim?“
    Sie stieß ihn an.
    „Logo!“, bestätigte er. „Wir
leiden nur alle etwas unter Bewegungsdrang. Sogar Klößchen.“
    „Ist der auch hier?“, fragte
Kunzmann.
    „Er und Karl. Sie warten dort
hinten.“
    Gaby beugte sich zwischen die
beiden Vordersitze. Das brachte ihre langbewimperten Blauaugen besser ins
Spiel. Und den Duft ihrer Seife.
    Sie hat was vor, dachte Tim.
Und er ahnte, was kommen würde.
    „Wir beschatten eine
Taubenmörder-Konnäktschen“, flüsterte seine Freundin. „Schlimme Typen sind das.
Wir kennen noch nicht alle, aber wir sind am Ball, und allmählieh wächst unser
Durchblick. Nur von einem wissen wir im Moment weder Namen noch Adresse. Also,
ich würde es Ihnen niiiiiieeeeee vergessen, Herr Lohner, und Ihnen auch nicht,
Herr Kunzmann, wenn Sie uns da helfen könnten.“
    „Wirklich niiiiiieeeeee?“
Lohner grinste über sein freundliches Vatergesicht.
    „Niiiiiieeeeee!“, versicherte
sie.
    „Was können wir tun für den
kriminalistischen Nachwuchs?“
    „Der Typ sitzt in einem grauen
Kombi. Der parkt vor dem Biereimer, aber zurückgesetzt — mit Blick in die
Gasse. Ist so ein kleiner semmelblonder Rundkürbis. Er hat ein Fernglas und
beobachtet die... die Umgebung.“
    Kunzmann spähte in den
Außenspiegel. „Den Wagen sehe ich.“
    „Und du meinst“, Lohner
seufzte, war aber machtlos gegen Gabys Charme, „wir sollen uns den Typ mal auf
unverbindliche Weise ansehen.“
    „Klar! Führerscheinkontrolle.
Oder sowas. Kommt doch dauernd vor, dass diese Prollos ohne Erlaubnis fahren.“
    „Dein Vater wird uns Vorwürfe
machen.“
    „Weil Sie uns helfen?
Niiiiiieeeeee!“
    Lohner und Kunzmann stiegen
aus.
    Tim war schon draußen und
fragte erst dann, ob er mit kommen dürfe, wogegen nichts einzuwenden war. Gaby
blieb im Wagen und kuschelte sich in die Polster.
    Tim war größer als Kunzmann,
wirkte aber eindeutig jünger. Allerdings nicht um die tatsächlichen zwölf
Jahre, sondern allenfalls um neun. Trotzdem hielt er sich hinter den beiden
Beamten, die so gekleidet waren, wie es hier zur Szene passte. Jeans,
Sweatshirts, Parka bzw. gefütterte Lederjacke. Lohner trug geschnürte
Outdoor-Treter, Kunzmann hatte Crosstraining-Turnschuhe. Die sind angeblichtauglich für Jogging, Gewichtheben, Aerobic und
Ballspiele. Tim, der Supersportler, kann diese Behauptung allerdings nicht
bestätigen. Und Kunzmann war ohnehin mehr der Typ, der Tischtennis als
Leistungssport betreibt.
    Die Beamten voran — Tim mit
etwas Abstand: so stiefelten sie zu dem Kombi.
    Der semmelblonde Kugelkürbis
zündete sich gerade eine Zigarette an und war damit total beschäftigt. Lohner
klopfte an die Seitenscheibe. Kugelkopf blickte auf, drückte sofort auf die
Türensicherung und schob die Brauen zusammen.
    Es war ein hartes Gesicht, wie
Tim im Schein der Lichtpeitsche erkennen konnte.
    Lohner klopfte abermals.
Kürbiskopf öffnete das Fenster einen Spalt.
    „Polizei!“, sagte der Kommissar
und zeigte seine Legitimation. „Fahrzeugkontrolle! Ihren Führerschein, bitte!“

    Kugelkopf stöhnte, öffnete das
Fenster ganz, wühlte in seiner Brieftasche und reichte einen Führerschein
heraus, der ein bisschen wie ein Wischlappen aussah: zerfranst und zerknüllt.
    Lohner erinnerte sich an den
TKKG-Häuptling hinter sich und las laut vor.
    „Sie sind Herr Holger Lewatzki,
38 Jahre alt, geboren in Friedemannshausen... eh... wo ist denn das?“
    „Gleich hinter Altsackroden“,
erwiderte Lewatzki mit heiser klingender Stimme.
    „Und wo ist das?“
    „Herr Kommisar, worum geht’s
denn eigentlich? Ich habe Schuhgröße 39, einen Hauptschulabschluß, bin
gelernter Dreher und zur Zeit arbeitslos. Außerdem ledig, weil mich nur Frauen
unter einsfünfzig anmachen. Bin ja selbst nur einsneunundfünfzig. Aber die
Mädchen aus meiner Generation

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