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Mörderischer Stammbaum

Mörderischer Stammbaum

Titel: Mörderischer Stammbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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und der Deckel
öffnete sich.
    Entsetzt starrten die drei auf
Petras reglose Gestalt. Die junge Frau war buchstäblich zusammengefaltet und
hineingepresst worden.
    Tim legte ihr die Fingerspitzen
an den Hals und prüfte den Puls.
    „Gott sei Dank! Sie lebt.“

17. Nachts hinter der Gardine
     
    Ein buttergelber Vollmond
schien in dieser Nacht auf Wien herab, auf die österreichische Hauptstadt. Das
bleiche Licht fiel auf das Häusermeer, auf den Zentralfriedhof, auf den Prater
und auch auf das Kriminalmuseum, wo jetzt alle Fenster dunkel und alle Türen
verschlossen waren.
    „Sofie!“, sagte Powidl, der mit
Vornamen Karl hieß, aber von seiner Frau Sofie immer mit,Powidl 1 angeredet wurde. „Das ist aber seltsam.“
    Er stand am Fenster. Es war das
Schlafzimmer. Kein Licht. Powidls Nachthemd wallte bis auf die Knöchel. Er war
in mittleren Jahren und neigte zu Verdauungsstörungen. Jetzt stand er also am
Fenster und spähte durch die Gardine zum Kriminalmuseum, das schräg
gegenüberlag.
    „Was ist seltsam, Powidl?“
    Sofie lag schon im Bett, war
müde, gähnte und bereute, dass sie auch heute wieder vier Stück Mehlspeise —
also Kuchen — zu sich genommen hatte. Sie litt an Übergewicht. Der Arzt hatte
ihr die „Fresserei“ verboten.
    „Da ist jemand im Tor
verschwunden, Sofie.“

    „In welchem Tor, Powidl?“
    „Na, im Hinterhof zum Museum.“
    „Sicherlich muss er mal. Da
gehen doch oft welche rein, wenn sie aus der Reblaus kommen. Und müssen.“
    „Ja, schon! Aber der hat sich
so argwöhnisch umgesehen. Er hat zwei Behälter.“
    „Was für Behälter, Powidl?“
    „Ich weiß nicht. Es sah aus wie
Benzinkanister.“
    „Unsinn, Powidl! Was wollte er
denn jetzt mit zwei Benzinkanistern im Hinterhof vom Museum anstellen?“
    „Was weiß ich! Sitze ich in
seinem Kopf?“
    „Du stehst am Fenster, Powidl,
und solltest endlich ins Bett kommen, dass Ruhe ist.“
    Aber Powidl blieb. Er war
gespannt. Und auf eine sensationsgeile Weise beunruhigt.
    Die Gestalt, die er gesehen
hatte, war jetzt schon zwei Minuten — nein, länger — auf dem dunklen Hinterhof.
Wieviele Schoppen vom Heurigen — dem jungen Wein — muss jemand trinken, um solange
zu pieseln? Powidl überlegte.
    Sofie begann zu schnarchen.
Vier Stück Mehlspeise lagen schwer in ihrem Magen.
    Powidl schrie auf. Sofie
schreckte hoch.
    „Jetzt sehe ich ihn“, rief er.
„Er ist an der Hintertür. Er macht dort rum. Er bricht ein. Ja, er bricht ein.“
    „Herrgott nochmal, Powidl! Hast
du mich erschreckt! Ich kriege noch einen Herzschlag — nur weil du so närrisch
bist.“
    „Er bricht ein, Sofie!“
    „Unsinn! Wer sollte in ein
Kriminalmuseum einbrechen. Dort gibt es keine Schätze. Wer stehlen will, geht
zum Juwelier, Powidl. Übrigens musst du mein Armband endlich abholen. Der
Verschluss ist längst repariert.“
    „Jetzt ist er drin. Mit den
beiden Benzinkanistern.“
    „Mit Benzinkanistern? Warum
sagst du das nicht gleich! Sowas hat man doch nur, wenn man einen Brand legen
will.“
    Sie wälzte sich aus dem Bett
und trat neben ihren Mann. Auch sie trug ein langes Nachthemd und im Dunkeln
hätte man beide für Gespenster halten können.
    „Ich sehe niemanden, Powidl.“
    „Weil er schon drin ist, wie
ich bereits sagte. Mit den Kanistern.“
    „Worauf wartest du? Ruf die
Gendarmerie an!“
    Powidl stürzte aus dem
Schlafzimmer, machte Licht in der Diele, blätterte zitternd im
Rufnummer-Verzeichnis und wählte schließlich.
    Der Gendarmerie-Posten für
diesen Bezirk war nur zwei Geh-Minuten entfernt und Powidl erklärte einem müden
Sicherheitsbeamten, was er gesehen hatte.
    Eine Minute später fuhr unten
ein Polizeifahrzeug vor. Ohne Dachlicht und ohne Sirene. Drei Beamte — zwei in
Zivil und einer in Uniform — sprangen heraus und stürmten auf den Hinterhof.
    Sofie und Powidl standen am
Fenster und hofften auf ein Schauspiel mit Schießerei, Handgemenge und
dramatischem Höhepunkt. Sie würden es genießen, hatten sogar die Gardine etwas
zur Seite gezogen.
    Sofie bekam vor Aufregung
Heißhunger. Sie bat Powidl, ihr ein Stück Mehlspeise aus der Kammer zu holen.
Aber der dachte nicht daran. Nichts wollte er verpassen von dieser Sensation.
    Doch die blieb aus. Keine
Schüsse, keine Toten. Nach etwa drei Minuten flammte im Hof Licht auf. Zwei der
Beamten führten ihren Gefangenen ab. Er war mit Handschellen gefesselt, ließ
den Kopf hängen und sah dem weiteren Verlauf dieser Nacht düster entgegen.
    Der dritte Beamte kam

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