Mörderisches Paradies
gebraucht hatte, um kurz nach Beth zu sehen, hatten ihnen gereicht, um sich aus dem Staub zu machen. Sie waren bis zur nächsten Straßenecke gelaufen, um die Ecke gebogen und spurlos verschwunden.
Die Zeit drängte, weil er mit Manny verabredet war. Trotzdem lief er schnell zur nächsten Ecke und sah sich um. Noch mehr Reihenhäuser. Weiter hinten, zurückgesetzt auf einem großen Grundstück, stand ein altes Einfamilienhaus. Und auch die andere Straßenseite säumten Häuser. Sie konnten durch irgendeinen Garten entwischt sein, und zwar in dem kurzen Moment, in dem Keith nach Beth gesehen hatte.
Als Nächstes lief er zu dem Grundstück des zurückgesetzten Hauses und ging über den Rasen, die Taschenlampe auf das Gras gerichtet. Er schritt das Grundstück ein paar Mal ab, entdeckte aber keine Spuren. Dann sah er sich die Häuser auf der anderen Straßenseite genauer an.
Anschließend hastete er zu seinem Auto. Denn zu seiner Verabredung mit Manny Ortega wollte er nicht gern zu spät kommen.
“Weißt du, warum wir einfach nichts finden?”, brummte Lee, der am Computerarbeitsplatz in der großen Kabine saß und vom Bildschirm auf einen Atlas schaute.
“Weil da gar nichts ist?”, schlug Matt träge vor. Er lag auf dem Sofa, den Kopf auf ein Kissen gebettet. Noch immer fühlte er sich ein bisschen schuldig und unwohl. Lee war von seinem Abend mit einem umfassenden Bericht zurückgekehrt – mit nichts. Er hatte die Nachtclubs von Miami Beach kennengelernt. Und das war’s gewesen.
Das wäre der Moment für Matts Beichte gewesen. Für die Wahrheit. Ich hatte den Sex meines Lebens. Tut mir leid, Jungs. Was soll ich machen – sie hat mich benutzt, als wäre ich ein hormongesteuerter Schuljunge.
Lee drehte sich um und sah ihn kopfschüttelnd an. “Es ist schon da. Da bin ich mir sicher. Aber es ist so kaputt, dass wir auf keinen grünen Zweig kommen. Wahrscheinlich ist es längst von Korallen überwuchert.”
“Aber warum fahren wir dann nicht andere Geschütze auf?”, fragte Matt.
“Das weiß ich auch nicht.”
Matt fühlte sich noch ein wenig schuldiger. Aber er schwieg weiter.
“Scheiße”, fluchte Lee plötzlich.
“Was denn?”
Das Fernsehgerät über der Tür nach achtern lief ohne Ton. Jetzt griff Lee nach der Fernbedienung und stellte den Ton laut. Ein Reporter berichtete von einem tragischen Unglück, bei dem ein örtlicher Segler und Profitaucher ums Leben gekommen war.
“Der nächste”, sagte Lee.
“Aber sie haben nicht gesagt, dass er in der Nähe von Calliope Key gewesen ist”, gab Matt zu bedenken.
“Es wird Zeit, dass wir unsere Hintern hier wegbewegen”, meinte Lee. “Keith ist verrückt, wenn er denkt, dass er hier im Jachtclub etwas findet. Wir sollten da draußen sein und Ausschau halten. Scheiße. Wo zum Teufel steckt er überhaupt?”
Als Keith zurückkam, lag Beths Haus in vollkommenem Dunkel.
Er rief sie über sein Handy an, aber niemand ging ran. Wo zum Teufel steckte sie – und noch viel schlimmer: Wo zum Teufel steckte Jake? Als der Anrufbeantworter ansprang, kam er sich wie ein Idiot vor, sprach aber trotzdem auf das Band.
“Jake, verflucht, nimm gefälligst ab. Beth, wo steckt ihr denn? Du musst mich ja nicht reinlassen, aber nimm wenigstens ab. Ich sehe doch dein Auto. Du musst da sein, und ich mache mir wirklich Sorgen. Wenn du nicht rangehst, komme ich mit der Polizei zurück.”
Erst jetzt nahm sie ab. “Ja?”
“Da bist du ja.”
“Ja.” Die Begriffe “kühl” und “distanziert” schienen für den Ton ihrer Stimme maßlos untertrieben.
“Bist du in Ordnung?”
“Ja. Warum auch nicht? Jake ist ja hier.” Ihre Stimme wurde immer abweisender, falls das überhaupt noch möglich war.
“Aber ihr seid nicht ans Telefon gegangen”, meinte er verunsichert.
“Jake ist im Badezimmer, und mir geht’s gut. Es gibt nichts weiter zu besprechen. Es ist spät.”
“Beth, hör doch, es tut mir leid. Ich habe dir doch erklärt, dass ich ein paar Dinge erledigen musste. Und ich wusste doch, dass du bei Jake in den besten Händen bist. Wir müssen reden.”
“Ich werde die Polizei nicht anrufen. Und was dich betrifft … Es muss dir nicht leid tun. Du warst ja zur Stelle und hast sie verjagt und jetzt … jetzt ist ein Freund bei mir. Es gibt also nichts, was dir leid tun müsste. Wir haben doch alle Dinge zu erledigen, oder? Aber ich will einfach nicht mehr mit dir sprechen.”
“Beth …” Er zögerte. Weil es nichts gab, was er ihr sagen
Weitere Kostenlose Bücher