Mörderisches Paradies
Sie sich an mich?”
“Ja. Und was wollen Sie?”
“Ich muss mit Ihnen sprechen. Unter vier Augen. Ich glaube, ich kann Ihnen weiterhelfen. Und Sie können mir behilflich sein.”
Schnell sah Keith auf seine Armbanduhr. Zwar hatte er es eilig, aber er war auch neugierig. “Es muss aber schnell gehen. Und vorher sollten Sie mir sagen, wer Ihnen meine Nummer gegeben hat.”
Die Antwort war höchst überraschend und machte ihn noch neugieriger. “Wann also? Und wo?”
“Auf der 27. Straße gibt es einen Bootsladen. Ein Riesending, hat lange geöffnet. Können wir uns da treffen?”
“Geben Sie mir eine Stunde.”
“Ich werde Sie nicht lange aufhalten.”
“Ich muss vorher noch etwas erledigen”, erklärte Keith. “Dann komme ich.”
Beth versuchte gar nicht erst, sich umzudrehen.
Sie spürte ein Messer an ihrer Kehle. Und zweifelte keinen Moment daran, dass es ein echtes Messer war.
Genauso wenig zweifelte sie daran, dass ihr Angreifer das Messer ohne Skrupel einsetzen würde.
In der Handtasche lag ihr Pfefferspray. Unerreichbar. Also konnte sie nur bewegungslos dastehen und beten. Selbst wenn sie es irgendwie schaffte, den Mann mit dem Messer zu überwältigen, gab es hinterher immer noch den anderen. Wenn es dann überhaupt noch ein Hinterher gäbe.
Denn auch der “Schatten” war bewaffnet. Zweifellos würde die Pistole, die auf sie gerichtet war, jede Flucht vereiteln.
Das Blut rauschte in ihren Ohren, ihre Knie waren wie aus Gummi. Von hier aus konnte sie das Gesicht des Schattens nicht erkennen, dafür stand er – oder sie – zu weit weg. Sie hätte nicht einmal sagen können, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelte.
Ebenso wenig wusste sie, ob das Messer an ihrer Kehle ein Mann oder eine Frau hielt.
Ein Mann, entschied sie dann. Der Griff war zu kräftig. Dass Frauen – egal wie muskulös oder entschlossen – eine so schmerzhafte Kraft an den Tag legten, konnte Beth sich nicht vorstellen. Gleichzeitig sagte sie sich, dass jemand, der so darauf bedacht war, seine Identität zu verbergen, nicht die Absicht haben konnte, sie zu töten. In Todesgefahr wäre sie eher, wenn sie die Gesichter ihrer Angreifer erkennen könnte.
Es war aussichtslos, eine der beiden Personen zu identifizieren.
Auch das Flüstern an ihrem Ohr half da nicht weiter.
“Das ist eine Warnung. Lassen Sie es sein. Vergessen Sie Calliope Key. Vergessen Sie, dass Sie je die Namen von Ted und Molly Monoco gehört haben. Das nächste Mal kommen Sie nicht lebend davon. Und gehen Sie nicht zur Polizei. Wenn Sie das auch nur in Erwägung ziehen, sollten Sie Folgendes bedenken: Sie haben eine Nichte. Und dieses hübsche Mädchen könnte vor Ihren eigenen Augen sterben, damit Sie anschließend in dem Bewusstsein sterben, an ihrem Tod schuld zu sein. Verstanden?”
Verstanden? Beth war nicht sicher. Sie war wie gelähmt. Sie hatte auch so schon genug Angst – aber nach der Erwähnung von Amber wurde aus ihrer Furcht Panik.
Plötzlich erhellten Lichter ihre Straße. Das Scheinwerferlicht eines Autos, das vor ihrem Haus anhielt.
Beth bekam einen heftigen Stoß, fiel auf die Knie und ging zu Boden. Im Fallen hörte sie noch, wie jemand wegrannte.
Ihr Angreifer war verschwunden.
Der Schatten auch.
“Beth!” Das war Keith. Sekunden später kniete er bei ihr. “Bist du in Ordnung?”
“Ja.”
Dann rannte er wieder weg und verschwand in der Dunkelheit.
Immer noch benommen, blieb sie ein paar Sekunden liegen. Ganz langsam normalisierte sich ihr Herzschlag. Sie atmete ganz tief ein und empfand die frische Luft als unglaublich süß. Alles, was sie denken konnte, war: Ich lebe noch.
Der zweite Gedanke war: Mein Knie tut weh.
Mühsam rappelte sie sich auf und öffnete die Haustür. Fast hätte sie geschrien, als sie wieder jemanden auf sich zurennen hörte. Sie fuhr herum, fest entschlossen, jedem Angreifer die Stirn zu bieten.
Aber es war Keith.
“Ruf die Polizei”, befahl er.
“Nein.” Sie stieß ihn von sich und lief ins Haus. Er kam ihr nach, schloss die Tür ab und folgte ihr in die Küche. Dort goss Beth sich einen Brandy ein. An den Küchentresen gelehnt stand sie da, spürte die Schmerzen im Knie und sah ihn nur an.
Er nahm sie bei den Schultern und schüttelte sie. “Beth, du musst die Polizei benachrichtigen.”
“Nein!”
“Du bist gerade angegriffen worden, und die Schweine sind entkommen. Ich kann nicht die gesamte Nachbarschaft allein absuchen.”
“Nein”, wiederholte
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