Mörderisches Paradies
sollen. Ich hatte das erwartet, habe geradezu darauf gewartet. Irgendwas war im Gange. Aber …”
Sie sah ihn an. “Ich rufe meine Freundin Ashley an. Sie ist Polizistin und weiß, dass ich nicht verrückt geworden bin. Und dass ich nicht grundlos panisch werde.”
Aber sie zögerte und schaute ihn weiterhin an. Dann goss sie sich noch einen Brandy ein. Nein, sie verfiel nicht grundlos in Panik. Aber in dieser Situation brauchte sie dringend eine Stärkung.
Sie stürzte den Schnaps hinunter und stellte verwundert fest, dass sie das sanfte Brennen in ihrem Hals genoss.
Noch immer wusste Beth nicht, was sie machen sollte. Im Grunde war sie überzeugt, dass es ein Fehler war, solchen Verbrechern wie auch immer nachzugeben, andererseits …
Sie hatten Amber bedroht.
Weil sich die Gedanken wild in ihrem Kopf drehten, goss sie sich kurzerhand noch einen Schnaps ein. Ohne ein Wort zu sagen, nahm Keith ihr das Glas aus der Hand. Beth fuhr herum und funkelte ihn wütend an.
“Das wird das Problem nicht lösen”, meinte er.
“Tatsächlich? Und was schlägst du vor?”
“Ruf die Polizei.”
Sie trat einen Schritt von ihm weg. “Das ist meine Entscheidung.”
“Beth, hör doch …”
“Nein. Hast du eigentlich nichts vor, nichts zu erledigen?”, fragte sie dann schnippisch.
Dabei hätte sie ihn am liebsten angefleht, bei ihr zu bleiben und sie zu beschützen. Aber sie musste sich selbst um ihre Angelegenheiten kümmern – und er sich um seine. Schließlich konnte sie ihn nicht als Leibwächter engagieren. Und Amber half das ohnehin nichts. Vor lauter Angst und Ohnmacht wurde Beth wütend.
“Ich kann tatsächlich nicht hierbleiben”, sagte Keith leise und mehr zu sich selbst, als würde es ihn ärgern.
Das erinnerte sie daran, dass auch dieser Mann eine zwielichtige Rolle in dem ganzen Chaos spielte. “Entschuldige bitte, aber ich kann mich nicht erinnern, dich darum gebeten zu haben”, sagte sie.
Nachdenklich sah er sie an und griff dann selbst zum Telefon. Sie wollte ihn abhalten, kam aber nicht gegen ihn an. “Beruhige dich. Ich rufe nicht bei der Polizei an.”
“Bei wem dann?”
“Bei Jake Dilessio.”
Prompt ließ sie seinen Arm los und machte einen Schritt zurück. Die Arme kampfbereit vor der Brust verschränkt. “Also kennst du Ashley und Jake doch.”
“Ja”, sagte er nur und wählte. “Jake, hier ist Keith. Entschuldige bitte, das ist ein bisschen kurzfristig. Aber können wir uns bei Beth zu Hause treffen?”
Während sie zusah und lauschte, kniff sie die Augen zusammen. Anscheinend kannte er Jake sogar recht gut. Mehr denn je hatte sie das Gefühl, betrogen zu werden.
Als er auflegte, fragte sie: “Willst du das nicht erklären?”
“Du weißt doch, dass ich Berufstaucher bin”, meinte er betont locker. “Ich hatte hier schon mal beruflich zu tun.”
“Mit der Polizei?”
“Genau”, erwiderte er ungeduldig.
Sie schüttelte langsam den Kopf. “Und sonst hast du nichts zu sagen?”
“Leider nicht.”
“Warst du auf Calliope Key, um … eine Leiche zu suchen?”, fragte sie weiter.
“Nein.”
“Was dann?”
“Ich muss los, sobald Jake hier ist, aber ich komme wieder.”
Doch sie kehrte ihm schon den Rücken zu. “Bemüh dich nicht. Ich kenne Jake schon eine ganze Weile. Er ist mit meiner besten Freundin verheiratet. Ich glaube, auf ihn kann ich mich jederzeit verlassen.” Und damit ließ sie ihn stehen und lief nach oben.
Falls Beth befürchtet hatte, dass es zu offensichtlich sein könnte, wenn ein Polizist bei ihr auftauchte, so war diese Sorge unbegründet, dachte Keith.
Ashley brachte Jake im Auto vorbei und setzte ihn vor dem Haus ab, mit den Kindern auf dem Rücksitz.
In wenigen Sätzen erklärte Keith Jake die Situation. “Und du hast sie nicht dazu bringen können, Anzeige zu erstatten?”, wunderte sich Jake.
“Du bist doch offenbar gut mit ihr befreundet. Versuch es selbst. Ich bin gespannt, ob es dir gelingt.”
“Ich werde mit ihr sprechen”, versprach Jake.
Innerlich atmete Keith auf. Jetzt, wo Jake Dilessio da war, konnte er unbesorgt gehen. Vielleicht schaffte Jake es ja tatsächlich, Beth zur Vernunft zu bringen.
“Ich komme so schnell wie möglich zurück”, meinte Keith.
Als die Tür hinter ihm zufiel und abgeschlossen wurde, sah er sich aufmerksam um. Wie zum Teufel hatten die beiden Angreifer ihm nur entkommen und so schnell und spurlos verschwinden können? Er war zwar schnell gewesen, doch die paar Sekunden, die er
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