Moerderjagd
Landrat hat sich angekündigt. Aus dem Ministerium soll auch jemand kommen. Es wird immer so viel geredet. Glaube, die Leute fantasieren jetzt auch viel dazu. Angeblich sollte der Paul auch eine Freundin aus dem Ministerium gehabt haben. Aber mal ehrlich! Das glaube ich nicht.
Kommissar Schuster
Ich hatte Doktor Rupp vorher telefonisch Bescheid gegeben. Wie sieht es denn aus, wenn mitten am Tag die Polizei auftaucht? Frau Augustin wollte unbedingt mit dem Mann reden. In so einer Kleinstadt muss man vorsichtig sein, habe ich sie noch gewarnt. Da geht doch sofort das Gerede los. In wenigen Tagen ist wieder Rhein in Flammen. Was meinen Sie, was dann hier los sein wird? Und dann würde sich so ein Gerede schneller verbreiten als sonst was.
Doktor Rupp war auch dankbar für meinen Anruf. Als Frau Augustin und ich gegen 17.30 Uhr in der Praxis ankamen, war der Doktor alleine. Er habe alle nach Hause geschickt, sagte er verlegen. Und ab 19 Uhr wäre sowieso die Praxis leer gewesen. Warum wir nicht später gekommen sind, fragte er nach und sah ausgerechnet mich an. Diesen Blick gab ich an Frau Augustin weiter.
»Der Mord an meinem Schwager ist tragisch!« Er führte uns in sein Zimmer. Es war ein großer heller Raum. Frau Augustin und ich setzten uns vor seinen Schreibtisch. Auf diesen Stühlen saßen sonst die Patienten.
»Sie haben von den privaten Problemen Ihrer Schwester gewusst?«, fing Frau Augustin direkt an zu reden. Doktor Rupp war das sehr peinlich. Er sprach zuerst von kleinen Unstimmigkeiten. Die beiden wären aber ansonsten sehr lieb miteinander umgegangen.
»Wer erbt nun die Grundstücke von Paul Weinand?«
»Meine Schwester.«
»Damit bleiben sie in der Familie. Ihre Schwester hat keine Kinder und Sie eine halbe Million Euro Schulden, wie wir erfahren konnten«, echauffierte sich die Kommissarin. Sie zog die Augenbraue hoch. Das macht sie immer.
Doktor Rupp regte sich fürchterlich auf.
»Sie haben finanzielle Probleme, das wissen wir.« Frau Augustin konnte schon penetrant sein.
»Können Sie die Praxis und Ihr Privathaus halten?«, erkundigte ich mich, um Frau Augustin etwas Luft zum Nachdenken zu lassen.
Der Mann zitterte förmlich, seine Augen verformten sich zu kleinen Schlitzen.
»Das geht Sie nichts an!«, ereiferte er sich. Dann ging er zu einem kleinen Schrank, holte einen Cognac hervor.
»Für Sie auch?«
Ich winkte dankend ab, Frau Augustin ebenfalls.
»Natürlich ist eine halbe Million Euro eine Menge Geld«, sagte er und kam mit dem Cognac in der Hand an seinen Schreibtisch zurück. »Das Geld sollte eigentlich Gewinne bringen. Ich habe es angelegt in Aktien, ein Tipp von Paul. Als er später vorschlug, ich solle mich an den Windrädern beteiligen, war mein Geld weg. Eine solche Anlage wäre sinnvoller gewesen, als … aber lassen wir das! Es ist jetzt so, wie es ist.«
»Ihr Schwager hatte es Ihnen aber angeboten?«, erkundigte sich Frau Augustin. Doktor Rupp nickte. »Es ist meine Schuld.«
Doktor Rupp ging ein zweites Mal zu dem kleinen Schrank und goss sein Glas wieder voll.
»Seit wann haben Sie einen Waffenschein? Gehen Sie regelmäßig zur Jagd?«
Er sah mich mit aufgerissenen Augen an und wollte wissen, warum uns das noch interessieren würde. Ich bat ihn freundlich, uns eine Auskunft zu geben.
»Seit vielen Jahren«, gab er zerknirscht zu. »Mein Vater ist schon mit meiner Schwester und mir zur Jagd gegangen. Nur meinem Schwager hatte es nie gepasst. Er wollte mir das Jagen sogar ausreden.« Er lachte laut auf. »Das müssen Sie sich mal vorstellen! Jetzt wurde er ausgerechnet mit einer Jagdwaffe ermordet, schon verrückt.«
Jil Augustin wollte an dieser Stelle wissen, ob seine Schwester einen Zweitschlüssel zum Waffenschrank besitzt.
»Nein, das können Sie mir glauben. An meine Waffen kommt sie wirklich nicht. Nur ich kenne den Code, und nur ich habe einen Schlüssel zu dem Raum«, versicherte Rupp uns.
»Haben Sie bei Ihrem Schwager nach Geld gefragt? Ist Ihr Schwager darauf eingegangen?«
»Ich habe ihn und meine Schwester gemeinsam gefragt. Wir saßen beim Kaffee. Er hat mich ausgelacht. Wenn Sie jetzt vermuten, dass ich ihn ermordet habe, liegen Sie falsch. Gehasst habe ich ihn, ja, verflucht auch, aber einen Mord begehen ist etwas anderes. Ich bin Arzt, Frau Kommissarin!«
Rupp nestelte an seiner Krawatte herum.
»Ist das alles?« Ich klopfte nervös auf mein Bein. Die Befragung des Doktors war mir peinlich, den Mann kannte ich gut.
»Meine Schwester
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