Moerderjagd
getrunken habe.
»Er wurde um halb zehn am Morgen erschossen«, hob ich meine Stimme. »In der Regel sind Bürgermeister oder auch Beigeordnete zu dieser Zeit noch nüchtern.« Diese Bemerkung konnte ich nicht unterdrücken. Das musste raus.
»Sie Scherzkeks!«, murmelte Jil Augustin und beendete das Telefonat mit mir.
5. August
Journalist Manfred Luck
Jil Augustin ist schon eine tolle Frau. Ich habe sie vor I drei Jahren kennengelernt. Zu Anfang ging es nur um dienstliche Dinge. Einmal, nach Dienstschluss, bin ich dann mit ihr Am Alten Markt in Koblenz in ein Lokal gegangen. Wir haben etwas zusammen getrunken, und an diesem Abend habe ich mich in sie verliebt. Rasch haben wir uns das Du angeboten. Jil hatte mich gefragt, warum ich alleine lebe. Da musste ich lachen. Bisher hatte keine meiner Freundinnen mir diese Frage gestellt. Es war ihr dann auch peinlich. Das konnte ich sehen.
Ja, schüchtern wirkte sie auf mich, und das, obwohl sie aus Hamburg an den Rhein gezogen war. Da denkt man doch, ein Kind aus der Großstadt sei irgendwie lockerer. Wir sind es dann auch ganz langsam angegangen mit unserer Beziehung. Sie hat eine heiße Figur – superschöne Formen und einen süßen Hintern, der mich einfach nur anmacht.
Warum es dann doch immer wieder bei uns kriselte? Sie arbeitet zu viel, zu intensiv. Jil kann nicht mal abschalten. Das ist wirklich ein Problem. Es gibt Frauen, mit denen kannst du lachen, Spaß haben, lustige Dinge erleben. Nicht aber mit Jil.
Wenn wir dann mal wieder getrennt sind, fehlt sie mir trotzdem nach einigen Tagen. Es ist verrückt mit dieser Frau. Ihren Kollegen, den Hansen, kann ich nicht leiden. Glaube, der stellt Jil heimlich nach. Er ist so ein Sofatyp. Ich stelle ihn mir mit Hausschlappen vor dem Fernseher vor.
Schuster aus Sankt Goarshausen ist da schon anders. Er hat mehr Biss.
Keine Ahnung, warum keiner von denen mich mag. Ehrlich, ich weiß es nicht. Auch der Pathologe sieht mich immer so doof von der Seite an. Er hätte bestimmt gerne mal was mit Jil. Ich denke jedes Mal, der hat die Nacht wieder unter dem Solarium verbracht, wenn ich ihn sehe.
Das mit der kleinen Rothaarigen war ein Ausrutscher. Gut, ich kannte sie schon eine Weile. Aber man lebt doch nur einmal, und es hatte überhaupt nichts mit Jil zu tun. Sie hätte ja auch öfter mal zu Hause sein können. Sitzen Sie mal fast jeden Abend alleine.
Trotzdem fehlt sie mir. Wenn wir mal Zeit hatten, dann war es sehr schön. Die Abende auf dem kleinen Balkon, wow! Da haben wir schon tolle Sachen erlebt. Einmal hatte Jil doch einen kleinen Schwips. Das war, nachdem sie den Mord am Loreley-Fels gelöst hatte. Als Überschrift in der Zeitung hatte ich den Titel »Loreley-Lüge« gewählt. Das kam gut an.
An dem Abend jedenfalls war es einfach nur spitze mit Jil. Sie war so locker. Nicht nur der Rotwein hatte sie gelöst. Denke auch mal, ich war daran schuld. Wir haben uns dann im Freien geliebt, für Jil sicherlich das erste Mal.
Zum Mord vor der Stadtbank kann ich nicht viel sagen. Paul Weinand war beliebt. Klar war in der Umgebung bekannt, dass er mit den Grundstücken Geld verdient hatte. Doppelter Gewinn. Mit seinem Erbe von der verstorbenen Tante hatte er sich an einem der Windräder beteiligt. Mit der Pacht und der Gewinnausschüttung sowie dem angeblich neuen Job bei Luvamat war sein Lebensabend gerettet. Seiner Sekretärin, Wilma Sauer, der traue ich nichts Schlechtes zu. Die kenne ich schon seit meiner Zeit als Betreuer von Jugendfahrten. Die tut keiner Fliege etwas zuleide. Sie war mit Paul lange vor Susi Rott liiert. Ob es ihr etwas ausgemacht habe, das Ende der Beziehung? Denke mal ja. Aber anmerken lassen hat die sich nie etwas. Immer freundlich. Sie hat den Paul zu allen Bürgerversammlungen begleitet. Ja, dass sie unter Verdacht steht, habe ich gehört. Im Ort wurde es erzählt. Es ist aber lächerlich, wenn Sie mich fragen.
Frau Weinand, der traue ich einen Mord schon zu. Sie hat ja auch einen Freund. Vielleicht wollte sie sich Pauls entledigen, um freie Bahn zu haben. Sie hat doch das meiste Geld verdient. So ein Haus hätte Paul doch nie unterhalten können.
Spekuliert er an der Börse? Nein, davon weiß ich nichts. Der Paul machte mir immer einen seriösen Eindruck. So kann man sich in den Menschen täuschen.
Doktor Rupp aus Sankt Goarshausen? Ich kenne den Mann nur flüchtig. Der Bruder von Frau Weinand soll er sein? Keine Ahnung, wirklich nicht. Morgen ist die Beerdigung von Paul Weinand. Der
Weitere Kostenlose Bücher