Mörderspiel im Burghotel
dazu braucht
— aber er ist nicht ein einziges Mal unten im Schließfachraum gewesen, um etwas
im Fach zu deponieren. Jedenfalls kann sich keiner der Angestellten daran
erinnern — und die müssen ihn ja hinunterführen und den zweiten Schlüssel einsetzen,
jenen, der bei der Bank verbleibt. Aus Sicherheitsgründen.“
Edu hob abermals die Brauen.
„Das hieße ja, er hätte deine Schmucksammlung gar nicht im Schließfach
untergebracht.“
„Genau!“
„Mhm. Verdächtig!“
„Du sagst es.“
„Hast du ihn gefragt?“
„Nicht direkt. Ich habe ihn
aufgefordert, mir meine Schmucksammlung zu bringen, weil ich sie wieder zu
Hause haben möchte — zur ständigen Erbauung.“
„Und?“
„Das war am Dienstag. Am
Dienstag? Ja, ich glaube am Dienstag. Egal! Wanniger hat sich gewunden wie ein
Regenwurm, dem du auf eins seiner Enden trittst. Keine Zeit und so. Er könne
gerade nicht zur Stadt kommen. Zuviel Arbeit.“
„Ausflüchte?“
„Ganz genau! Er hat versucht,
Zeit zu schinden. Nun ist vereinbart, dass er am Montag zur Bank geht und meine
Schmucksammlung aus dem Schließfach holt.“
„Wenn er deine Schätze bei sich
zu Hause hat, Robert, kann er’s dir doch bringen, ohne bei der Bank
vorbeizugehen.“
„Ich befürchte, Edu, er hat
meine Schmucksammlung nicht mehr.“
Edu verschluckte sich an einem
Stück Seelachs — tat jedenfalls so. Und das — fand Krämer — war gar nicht mal
schlecht gespielt. Keine echten Empfindungen, dachte Krämer. Alles ist Pose.
Diese Eitelkeits-Darsteller können gar nicht anders.
„Du meinst...“ Edu ließ die
ungesagten Worte in der Luft hängen wie ein riesiges Fragezeichen.
„Ich erinnere mich“, nickte
Krämer. „Als ich in der zweiten Woche krank lag, war Wanniger einige Tage weg.
Und aufgekratzt wie ein Freigehege für Hühner, als er zurückkam. Edu, da hat
dieses A meine Pretiosen verscherbelt. Sicherlich weit unter Preis. Ja, das hat
er getan. Ich spüre es. Und seine zweite Frau, die Renate, macht mit. O Mann,
wie müssen die gehofft haben, dass ich abkratze. Und dann, als es mit mir
aufwärts ging, sind sie sicherlich verzweifelt. Und bis gestern haben sie
sicherlich geklappert vor Angst. Aber nun — und das kippt mich völlig aus dem
seelischen Gleichgewicht — aber nun gibt ihnen das Schicksal ein Alibi. Und ich
stehe da wie ein Idiot. Ich fasse es nicht.“
„Ein Alibi? Was meinst du?“
„Hast du’s nicht in der Zeitung
gelesen?“
„Ich lese nur selten Zeitung,
Robert. Eigentlich nur beim Frisör.“
„Dann weißt du also nichts von
dem dreisten Bankraub?“
„Keine Ahnung.“
„Ein unbekannter Bankräuber hat
im Bankhaus Obersoll die Angestellten als Geiseln genommen und dann eine ganze
Reihe von Schließfächern aufgebrochen.“
„Nein!“ Edu Reikl war echt
entsetzt.
„Meins ist auch dabei.“
„Entsetzlich!“
„Kaum dass ich’s gestern Abend
in den Radio-Nachrichten gehört hatte, habe ich den Marcus angerufen. Und er hat’s
mir bestätigt.“
„Das bedeutet ja, Robert, du
kannst dem Wanniger nichts nachweisen.“
„So ist es.“
„Der wird einfach behaupten,
der Schmuck wäre im Schließfach gewesen und nun sei er geraubt worden.“
„So ist es. Selbst wenn der
Bankräuber gefasst wird und aussagt, dass er meine Schmucksammlung nie gesehen
hat — ist das kein Beweis. Einem Bankräuber glaubt man nicht. Wanniger ist
ehrenwert — was sein polizeiliches Führungszeugnis betrifft. Das bedeutet also,
ich habe einen begründeten Verdacht und weiß, dass ich mich nicht irre. Aber
ich kann diesem Saukerl nichts nachweisen. Ich bin der Idiot und er hat
irgendwo viel Geld versteckt. Mindestens eine Million — wenn ich mal davon
ausgehe, dass Wannigers zwielichtiger Aufkäufer nur einen Bruchteil des tatsächlichen
Wertes bezahlt hat.“
„Uiiiiiiihhhhhhh!“
Edu stieß einen Schwall Atem
aus, der überwiegend nach Meeresfrüchten roch — teils geschah das wegen
seelischer Anteilnahme, teils wegen überfülltem Magen.
Krämer lehnte sich zurück und
aß den Rest seines Marmeladenbrotes.
„Verstehst du jetzt, Edu, wozu
ich dich brauche?“
„Mich?“
„Dich! Denn du wirst die beiden
fertigmachen — wirst sie gnadenlos fertigmachen. Ich will ein volles Geständnis
und den gesamten Erlös für meinen Schmuck.“
„Und ich soll das machen?“ Edu
japste. „Wie denn? Wo denn? Wann denn?“
„An diesem Wochenende. Im
Burghotel Falkenhain. Wo die Wannigers — von mir eingeladen — ebenfalls
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