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Mörderspiel im Burghotel

Mörderspiel im Burghotel

Titel: Mörderspiel im Burghotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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übelriechenden
Stumpen. Vermutlich hielt er sich damit die Menschen vom Leibe. Er trug breite
Hosenträger unter seiner Wollweste, hatte einen Hut auf dem Kopf und ein altes,
graues Gesicht.
    „Wollt ihr zu den Schibullas?“,
fragte er freundlich.
    Tim nickte. „Wollen wir.“
    „Die sind nicht da.“
    „Ach? Wann kommen sie denn
wieder?“
    „Nächsten Freitag.“
    „Verreist?“
    „Zu ihrem Sohn. Der wohnt in...
Weiß ich nicht mehr. Seine Frau hat ihr fünftes Kind bekommen. Sonntag ist
Taufe.“
    „Toll!“, meinte Klößchen. „Vier
Geschwister — das muss toll sein. Ich bin Einzelkind. Ist aber auch ganz toll.“
    „Wir sind alle Einzelkinder“,
erklärte Tim, „aber zusammen eine starke Gruppe. Haben die Schibullas Waldi
mitgenommen oder kümmern Sie sich um ihn?“
    „Haben ihn mitgenommen. Ich mag
Hunde zwar, aber ich habe eine Hundehaar-Allergie. Kriege Ausschlag, wenn ich
Hunde streichele. Schade! Ich hätte gern einen Dackel.“ Er schwenkte seinen
Stumpen, der wie getrockneter Pferdemist roch. „Ist es wichtig? Soll ich meinen
Nachbarn was ausrichten, wenn sie zurückkommen?“
    „Wir wollten nur fragen, ob wir
in ihren Schuppen reinsehen dürfen“, erwiderte Tim.
    „Weshalb denn?“
    „Wir haben vom Fluss aus
beobachtet, wie eine Ondatra zibethicus in den Schuppen geschlüpft ist, eine
Bisamratte. Die möchten wir gern aus der Nähe betrachten. Denn dieses
possierliche Tierchen ist zur Zeit ein Thema in unserem Biologie-Unterricht.
Die Bisamratte wird bis zu 40 Zentimeter lang, der Schwanz 25. 1905 wurde sie
aus Nordamerika nach Mittelböhmen eingeführt. Von dort hat sie sich verbreitet
über ganz Europa, Russland, China und die Mongolei. Was eine Leistung ist in
knapp hundert Jahren. Enorm! Nicht wahr?“
    Der Nachbar war beeindruckt und
meinte, die Schibullas würden bestimmt nichts dagegen haben, dass sich die Kids
im Schuppen umsähen.
    „Lieber ihr als diese beiden
Typen“, sagte er.
    „Welche Typen?“, fragte Tim.
    „Zwei Männer. Ich habe sie vom
Fenster aus beobachtet.“
    „Zwei Berber — Landstreicher,
Stadtstreicher?“
    „Nö. So schlimm sahen sie nicht
aus. Eher wie... also, ich weiß nicht. Sie sind in dem Ford gekommen, der dort
auf dem Weg parkt. Der eine — der Beifahrer — hatte ein Fernglas. Damit hat er
umher geguckt, als sie dort parkten. Als müsste er was Wichtiges beobachten.
Dann hat mich meine Frau in die Küche gerufen, weil das Frühstück endlich
fertig war — sie ist morgens sehr langsam und wird und wird nicht fertig.
Unsere Küche liegt zur anderen Seite raus. Da konnte ich die beiden nicht mehr
sehen. Und jetzt ist der Wagen leer. Aber ich glaube, die haben sich für
Schibullas Grundstück interessiert.“
    „Aha!“, nickte Tim. „Na, dann
schauen wir mal nach der Bisamratte.“

15. Ein Mime als Typ fürs Grobe
     
    Eduard Reikl, der Schauspieler,
kam von der Toilette zurück, immer noch etwas grün im Gesicht.
    „Ist dir so sehr übel?“, fragte
Krämer.
    „Jetzt nicht mehr.
Wahrscheinlich war eine der Austern nicht gut. Trotzdem ein opulentes
Frühstück, Robert. Du bist als Gastgeber genauso edel wie als Freund. Und die
zehn Riesen verdiene ich mir gern.“
    „Dann kann ich dir also jetzt
auseinandersetzen, wie ich mir das vorstelle.“
    „Bin ganz Ohr und so gespannt
wie... wie ein Premieren-Publikum.“
    „Nach meiner Lebenserfahrung,
Edu, sind diese Theatergänger nicht voller Spannung, sondern nur eitel. Sie
wollen unbedingt am ersten Tag der neuen Aufführung wo-auch-immer dabei sein.
Weil dann die Presse da ist, die Prominenz und die Inszenierung besprochen
wird, obwohl sich ja am ersten Tag oben auf der Bühne noch nichts
rundgeschliffen hat. Der Text sitzt noch nicht richtig und von Routine kann
keine Rede sein. Nein, die besten Theateraufführungen sind immer gegen Ende der
Laufzeit. Im letzten Drittel. Wenn sich alles perfektioniert hat und die
Schauspieler trotzdem noch nicht total erschöpft sind.“
    „Stimmt!“, rief Edu. „Ist genau
meine Erfahrung. Könnten meine Worte sein. Ich bin auch immer gegen Ende der
Spielzeit am stärksten.“
    Falls dich mal jemand
engagiert, dachte Krämer. Aber er dachte es ohne Hohn, eher voller Mitleid.
    „Also, Robert?“ Edu nahm die
Haltung eines gespannten Zuhörers ein. Krämer beobachtete die Amseln auf seinem
Rasen. Eine hatte das Ende eines Regenwurms erwischt und zerrte ihn aus dem
Boden.
    „Ich denke mir das so“, sagte
Krämer. „Heute Nacht, wenn im Burghotel

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