Mörderspiel im Burghotel
— , sondern
Idealisten, denen unsere uneingeschränkte Sympathie gehört.“
„Außerdem“, sagte Klößchen,
„schmecken die Eier der Freilauf-Hühner viel besser. Die andern Eier sind
voller Darmbakterien, voller Salmonellen.“
„Mhm!“, meinte Karl. „Diese
These würde ich zwar nicht unterschreiben. Aber artgerechte Haltung muss das
Ziel sein — egal wie die Eier schmecken.“
„Schokoladeneier sind mir
grundsätzlich am liebsten.“ Klößchen suchte seine Taschen ab und atmete auf,
als er eine halbe Tafel Schokolade fand.
„Wann kommt denn endlich unser
Chauffeur!“, nörgelte Tim.
Das wirkte wie ein Stichwort,
denn der junge Polizeimeister nahte im Laufschritt.
„Tut mir leid. Es ging nicht
eher.“
„Keine Ursache!“, erwiderte
Tim.
Sie gingen auf den Hof. Karl
und Gaby hatten — wie gesagt — ihre Tretmühlen mit. Sie wurden in den Kofferaum
des Streifenwagens gelegt. Der Deckel ließ sich nicht mehr schließen, aber das
war kein Unglück. Er wurde festgebunden.
Wer uns sieht, dachte Tim, hält
uns für geschnappte Fahrraddiebe — mit der Beute im Kofferraum.
Tim saß vorn, seine Freunde
nahmen hinten Platz. Der PM war nicht mehr ganz so muffelig wie vorhin,
vielleicht hatte er inzwischen gefrühstückt.
Zunächst ging die Fahrt quer
durch die Stadt in südliche Richtung, wo ja ab Stadtgrenze die Zubringerstraße
schlankweg zur Internatsschule führt. Aber soweit ließ Tim es nicht kommen.
Etwa auf halbem Wege erklärte
er dem PM: „Wir müssen jetzt unbedingt runter zum Fluss, zur alten Mühle.
Gestern Abend — als wir mit der Kleiderspende in den Fall eingestiegen sind,
der sich ja nun zu einem schweren Verbrechen ausweitet — gestern Abend also hat
Karl dort an bestimmter Stelle seine Brille liegen lassen. Die müssen wir
abholen, bevor sich jemand anderes die Lese- und Sichthilfe aneignet.“
Karl schien zusammenzuzucken.
Der Polizeimeister war
verwundert. „Aber Karl hat seine Brille doch auf der Nase.“
„Das ist die Ersatzbrille“,
erklärte Tim. „Die für den Notfall. Sie ist nicht so gut wie die andere, nicht wahr,
Karl! Mit dieser hier hast du weniger Durchblick.“
„Ich komme mir vor wie
halbblind“, erwiderte Karl. „Also bitte zur alten Mühle!“, wünschte Tim. „Dort
setzen Sie uns ab, Herr Simmentaler. Sie müssen nicht auf uns warten. Wir
nehmen dann den Bus.“
Polizeimeister Simmentaler
erhob keinen Widerspruch.
13. Ein verkannter Weltstar
Im Garten zwitscherten Vögel.
Bäume und eine hohe Hecke schirmten ab zur Straße und verbargen die Villa.
Robert Krämer — der 83jährige Schmucksammler, den Achim und Renate Wanniger
wider Willen gesund gepflegt hatten — liebte die Abgeschiedenheit. Er war
Fabrikant gewesen, hatte — als seine Frau starb — die Firma verkauft und genoss
seit 13 Jahren den Ruhestand. Doch jetzt peitschte ihn Unruhe und mit Ungeduld
erwartete er seinen Besucher.
Sie wollten zusammen
frühstücken. Wann kam Edu endlich? Alles musste besprochen werden. Hoffentlich
machte er mit.
Robert Krämer war groß und
hager. Die überstandene Krankheit hatte ihn blass gemacht. Trotzdem sah er
nicht aus wie 83 und sein Händedruck war fest.
Er hatte die Einfahrt zur
Garage offen gelassen. Jetzt hörte er den Wagen und ging an die Tür.
Eduard Reikl stieg aus einem
Kleinwagen, dem der Rost zusetzte. Im grünen Lack waren Dellen. Das Fahrzeug
sah nicht aus, als hätte es Chancen beim nächsten Tüv. Außerdem klapperte der
Auspuff. Als Edu Reikl ausstieg, krächzten blechern die Scharniere.
Edu war 30 Jahre jünger als
Krämer, hochgewachsen und athletisch. Ein gutgeschnittenes Gesicht mit kantigem
Profil, hellbraune Locken und strahlende Jacketkronen, die beinahe wie echte
Zähne aussahen. Wenn er grinste, grinste ein hungriger Wolf und Edu grinste
oft. Das Blau seiner Augen war wie ein Stück Sommerhimmel, der Gang elastisch
und wippend, die Stimme ein angenehmer Bariton mit deutlichen Endsilben.
Edu hatte sprechen gelernt. Er
war Schauspieler. Er war ein hinreißender Typ und hatte so wenig Erfolg, dass
er sich nur mühsam und kärglich ernähren konnte von seinen mickrigen Gagen. Er besaß
zwei Anzüge, die kaum noch das Reinigen vertrugen, fuhr den Blechhaufen, der
bald auseinander fallen würde, und lebte in einer Ein-Zimmer-Hinterhof-Wohnung,
die noch nie einen Sonnenstrahl gesehen hatte.
Eduard Reikl war ein Versager.
Eine leere Schote, zwar mit Flausen im Kopf, aber ohne Ideen. Sein Ehrgeiz
erschöpfte sich
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