Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Möwenfluch (Vloek op Meeuwen) (Möwennest) (German Edition)

Möwenfluch (Vloek op Meeuwen) (Möwennest) (German Edition)

Titel: Möwenfluch (Vloek op Meeuwen) (Möwennest) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
Vom Netzwerk:
Wänden des kleinen Durchgangs.
    Aus dem Nichts stürzten die dunklen Umrisse einer Gestalt auf ihn zu. Sie kam schnell näher, war groß, schwarz, furchterregend.
    Harry wich hastig zurück in die Ecke. Die Gestalt stürmte durch die Tür und überwand die Distanz, die noch zwischen ihnen lag, in weniger als einer Sekunde. Mit flatterndem Mantel sprang sie in die Küche und war bei ihm. Die geballte Dunkelheit warf sich auf ihn. Schwarze Hände flogen nach vorn und packten ihn.
    Harry versuchte sich zu wehren, verlor noch in der Hocke kniend das Gleichgewicht und fiel nach hinten. Sein Hinterkopf schlug leicht auf den Boden. Er stöhnte auf, war für Sekunden benommen. Das Stechen im Kopf war beinahe unerträglich. Übelkeit stieg in ihm auf und er verlor für einen Augenblick die Kontrolle über seinen Körper.
    Harrys Gegner reichte die kurze Zeit vollkommen. Seine Hände suchten und fanden ein Ziel.
    Mit Grauen erkannte Harry, dass sie nach seiner Kehle langten. Fingernägel kratzten über seinen Hals. Harry fing sich rechtzeitig und wehrte die angreifenden Finger ab. Sie waren kräftig, rau, unerbittlich. Die Gestalt zischte vor Anstrengung. Ihr Atem ging schnell.
    Je länger sie mit Harry rang, desto häufiger gab sie leise knurrende Geräusche von sich.
    Der Mann, denn er war definitiv zu kräftig und groß um eine Frau zu sein, war stärker als Harry und befand sich in der deutlich besseren Position und so verkam die Situation für Harry schnell zu einem aussichtslosen Kampf.
    Aus seiner Angst wurde Panik, purer Überlebenstrieb ohne klare Gedanken. Mit letzter Kraft drückte er sich ab, rutschte dadurch etwas von dem Angreifer weg.
    Sinnlos .
    Die zwei Pranken schossen schon wieder nach vorn, durchbrachen Harrys Verteidigungshaltung und fanden endlich ihr Ziel. Sie umschlangen den Hals, klammerten und würgten. Mit unbändiger Kraft drückten sie zu. Harry riss an ihnen, aber er war nicht mehr in der Lage, etwas gegen sie auszurichten. Er kannte das Gefühl, erdrosselt zu werden. Sem hatte ihn im Meeuwennest auf diese Weise um ein Haar getötet. Das hier fühlte sich nicht anders an und es würde unbestritten böse enden.
    Dann ging plötzlich das Licht wieder an, aber entgegen Harrys Hoffnungen machte es die Sache nicht besser. Der Kerl kniete über ihm. Er war riesig, trug eine Sturmhaube, einen Regenmantel und die Entschlossenheit in seinen Fingern. Harry konnte ihn schon nur noch verschwommen sehen, zusätzlich wurde er durch die plötzlich zurückgekehrte Helligkeit geblendet.
    Auch der Sauerstoffmangel hatte längst eingesetzt und spielte ihm erste Streiche. Glänzende Lichtpunkte tauchten vor seinen Augen auf, der Raum begann zu rotieren, oben und unten verloren langsam an Bedeutung. Während er hilflos auf dem Rücken liegend zappelte und sich immer weniger gegen den drohenden Tod zu wehren vermochte, meinte er aus dem Augenwinkel eine Bewegung zu erkennen. Harrys Hirn spann die letzten Sinneseindrücke seines Lebens zu einer grotesken, unwirklichen Szene. Er glaubte, Inga Heemstedde zu sehen.
    Mit einem Satz flog sie heran. Sie flog! Unglaublich und unmöglich zugleich.
    Das konnte nur ein makabrer Scherz sein. Jetzt machte die alte Frau einen weiteren Riesensatz und landete hinter dem Angreifer. Sie schwang etwas durch die Luft. Es traf den Kopf des Mannes. Ein Klirren, ein Regen aus tausend Scherben. Harry kniff die Augen zusammen. Der scharfe Geruch von Torf und Alkohol drang in seine Nase. Die Gestalt ließ jäh von ihm ab, kippte zur Seite, ohnmächtig oder tot. Harry hörte, wie ihr Körper neben ihm zu Boden ging.
     
    Wie viel Zeit verging, nachdem der Angriff vorüber war, konnte Harry nicht sagen. Es dauerte allerdings eine ganze Weile, bis seine Lungen wieder genug Sauerstoff eingesogen hatten, um seinen schweren Körper ausreichend damit zu versorgen. Als er sich dann doch aufrichtete und Inga ansah, die regungslos einen Meter entfernt stand, in der rechten Hand immer noch den zerbrochenen Flaschenhals ihrer Scotchflasche , war ihm mulmig zumute. Es war dieses Gefühl, das einen überkommt, wenn man wieder einmal knapp dem Tod entronnen war, sich aber wegen der schrecklichen Sekunden des vorangegangenen Beinahesterbens über diesen Umstand nicht recht freuen kann. Harry bemerkte, wie Inga tief durchatmete, als er ihr in die Augen sah.
    „Ich rechnete schon mit dem Schlimmsten“, sagte sie und ließ die Überreste der Flasche aus der Hand gleiten.
    Harry blieb zunächst stumm,

Weitere Kostenlose Bücher