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Mogelpackung: Roman

Mogelpackung: Roman

Titel: Mogelpackung: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Schröter
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augenblicklich. Harsch antwortete sie: »Karla spielt sich gerne auf. Als ob sie hier das Sagen hätte!«
    »Oha.« Fredo musste unwillkürlich doch ein wenig grinsen. »Dasselbe behauptet sie von dir. Kampf über drei Generationen. Muss das sein?«
    »In diesem Fall: Ja, das muss sein.«
    Fredo quittierte diese Unnachgiebigkeit mit einem Kopfschütteln. Gesche entspannte sich, lächelte milde, schritt zur Küchentür und streifte ihren Enkelsohn mit einem verschmitzten Seitenblick.
    »Das verstehst du nicht, mein Junge. Du kämpfst ja nie.«
    Bevor Fredo dazu etwas einfiel, war Gesche schon draußen.
    »Woher willst du das wissen?«
    Gesche gab keine Antwort darauf, Fredo hörte sie bereits die Treppe hinaufsteigen – auf dem Weg in ihre kleine Dachwohnung, zum Mittagsschlaf vermutlich.
    »Endlich allein«, brummte Fredo und griff sich zum Nachtisch noch einen Joghurt aus dem Kühlschrank. Beim Stichwort »allein« fiel ihm Tim ein. Wenn er allein mit dem Jungen reden wollte, gäbe es jetzt eine gute Gelegenheit dazu: unter dem Vorwand, ihm bei der Fahrradreparatur helfen zu wollen. Zwei Kerle, ein paar Schrauben und ein klärendes Gespräch. So funktionierte das doch normalerweise zwischen Vätern und Söhnen. Fredo konnte sich zwar eine solche Situation zwischen Tim und seinem Vater nicht gut vorstellen – Markus war schon immer ein totaler Werkzeuglegastheniker gewesen, einer, der jeden Sägeschnitt danebensetzte und garantiert alle Nägel krummschlug. Falls Tim dieses Antitalent auch nur zur Hälfte geerbt hatte, würde er bei der Reparaturaktion jede Hilfe gebrauchen können. Fredo warf entschlossen den leeren Joghurtbecher in den Müll und machte sich auf den Weg zur Garage.
    Tim hatte sein Gefährt in der Einfahrt auf Sattel und Lenker aufgebockt. Das neue Vorderrad saß bereits in der Gabel, fachmännisch installiert von demselben schwarzgekleideten Pferdeschwanzriesen, der Fredos Neffen bereits vorhin im Supermarkt begleitet hatte. Nun konnte Fredo dem Langen auch ins Gesicht sehen – worauf er gern verzichtet hätte. Von Ebenmaß keine Spur. Der Schädel bildete ein umgekehrtes, ungleichförmiges Dreieck, in dem sich Augen, Nase und ein schmallippiger Mund leicht asymmetrisch anordneten, als hätte ein Dreijähriger eine Comicfigur zu zeichnen versucht. Am spitzen Kinn zeigte sich der spärliche Ansatz eines Ziegenbärtchens, die Stirn wölbte sich knochig über der Augenpartie, und auch der stechende Blick darunter hätte vermutlich gut ins Neandertal gepasst. Das alles saß auf einem Riesenkörper, der eher schwammig als athletisch wirkte. Eben zog der Lange die letzte Radmutter fest und gleichzeitig geräuschvoll den Rotz durch die krumme Nase.
    »Hey, ist ja schon fertig!«, machte sich Fredo bemerkbar. »Ich wollte dir helfen. Ist ja auch ein bisschen meine Schuld mit dem kaputten Rad.«
    »Alles im Griff«, winkte Tim ab. »Pat hatte noch eins bei sich zu Hause liegen.«
    Sieht nagelneu aus, dachte Fredo, während Pat prüfend das fertig montierte Vorderrad mit der Hand in Schwung brachte, ohne den Blick von seiner Arbeit zu wenden. Die Speichen zeichneten einen gleißenden Wirbel ins Sonnenlicht.
    »Vielen Dank«, wandte sich Fredo an Tims Helfer. »Kriegst du was dafür?«
    »Muss los«, antwortete Pat zusammenhanglos, weiter den Blickkontakt meidend. Seine Stimme lag auf Eunuchenfrequenz und passte so gar nicht zu der Riesengestalt. »Bis später.« Er nickte Tim knapp zu und ging die Einfahrt hinunter, mit schwerem Schritt, als drückten ihm Zentnerlasten aufs Kreuz.
    »Wer ist denn das? Der Fürst der Finsternis?«, staunte Fredo.
    »Das wird er vielleicht. Demnächst mal.« Tim grinste rätselhaft. »Patrik ist mein Freund.«
    »Falls du was fürs Rad bezahlt hast, geht die Hälfte auf mich, okay?«
    Tim stellte sein Fahrrad wieder auf die Reifen, setzte sich auf den Sattel und drehte eine Proberunde um Fredo herum. Zufrieden stieg er ab. »Kannst dein Geld stecken lassen. Pat hat ein PC-Spiel von mir gekriegt.«
    Und das gab’s umsonst, dachte Fredo und wartete, bis Tim sein Rad am Mercedes vorbei in die Garage geschoben hatte.
    »Richtig, ich hab euch ja vorhin gesehen«, bemerkte er dann, als sei es ihm gerade erst wieder eingefallen.
    »Pat und mich? Wann denn?«
    »Im Supermarkt. Hast du Pat das Spiel geschenkt, das du da … gekauft hast?«
    Tims Gesichtsfarbe rötete sich um eine Spur. »Du warst da?«
    Fredo nickte. »Und nicht bloß ich. Frau Anatol ebenfalls.«
    »Hat sie mich

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