Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mogelpackung: Roman

Mogelpackung: Roman

Titel: Mogelpackung: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Schröter
Vom Netzwerk:
einfach so weiterfahren, den ganzen Tag. Aber der Wagen bog schon ab auf einen großen Parkplatz. Himmel, so viele Autos! Und noch mehr Leute! Wohnten die alle in Bornstedt? War das hier überhaupt noch Bornstedt?
    Schön voll, dachte Fredo erfreut. Erlebnis-Shopping in Bornstedt. Endlich mal was los im Kaff. Er rangierte den Wagen gekonnt in eine Parklücke, stellte den Motor ab, stieg aus und ging ums Auto herum, um Gesche die Tür zu öffnen. Aber die alte Dame sprang schon selbst vom Sitz und aus der Limousine heraus.
    »Warte bitte!« Sie langte nach seinem Arm und hakte sich ein. »Jetzt kann’s von mir aus losgehen.«
    Sie ist doch gar nicht wacklig auf den Beinen, wunderte sich Fredo, führte seine Großmutter aber trotzdem artig zum Depot der abgestellten Einkaufswagen. Vielleicht wollte Gesche auf diese Weise bloß ihre Freude darüber ausdrücken, dass er bei ihr war. Mit zärtlichen Gefühlsausbrüchen hatte sie es normalerweise nicht so. Sie ließ ihn auch sofort wieder los, als Fredo einen Einkaufswagen aus dem Depot zog, und klammerte sich stattdessen an die Griffstange des Wagens.
    »Da rein?« erkundigte sie sich zögerlich mit Blick aufs Entree des Supermarkts – zwei Paar gläserne Schiebetüren, die sich im Fluss des Kundenstroms automatisch öffneten und schlossen.
    »Warst du hier noch nie einkaufen?«, fragte Fredo erstaunt.
    Gesche schüttelte nur leicht den Kopf, ohne den Eingang aus den Augen zu lassen. Dann setzte sie sich entschlossen in Bewegung. Fredo überließ ihr den Einkaufswagen, blieb aber an ihrer Seite. Die gläserne Eingangstür teilte sich vor ihnen wie das Rote Meer vor Moses und den Israeliten, dann befanden sie sich im Gelobten Land des Konsums, Filiale Bornstedt, und liefen wie Labormäuse durchs ausgeklügelte Labyrinth der Marketing-Strategen. Die hatten vor dem Erreichen der Lebensmittelabteilung einen Parcours aus Kleiderständern, Schuhregalen, Autozubehör, Kinderspielzeug, Deko-Schnickschnack und mehr gesetzt.
    »Mehl, Eier, Milch«, murmelte Gesche gebetsmühlenartig und krampfte die Hände um den Haltegriff ihres Einkaufswagens. Fredo achtete nicht auf seine zunehmend angespannte Großmutter. Ein Stück weit vor ihnen gab es eine kleine Abteilung mit Zeitschriften, Büchern, Filmen, Computer- und Konsolenspielen. Die Spiele interessierten Fredo weniger als vielmehr die beiden Jungen, die vor diesem Regal standen, mit den Rücken zu ihm. Der größere war komplett schwarz gekleidet und hatte seine zottelige, schulterlange Haarpracht zu einem Pferdeschwanz gebunden, der offensichtlich schon länger nicht gewaschen worden war. Der andere, fast einen ganzen Kopf kleiner als Freund Pferdeschwanz, trug ein wohlbekanntes Rammstein-Shirt, aber Fredo hätte Tim auch an der schmalen Schlaksfigur und den linkischen Bewegungen erkannt. Macht also einfach blau, der Bengel, dachte er. Das verstand Fredo zwar durchaus, aber er würde Tim doch mal kurz einen kleinen Schrecken einjagen. Allerdings ohne Gesche. Eine Riesenszene war die Sache nicht wert. Kurzentschlossen schob Fredo seine Großmutter samt Einkaufswagen in einen Seitengang ab und wies auf ein Regal am anderen Ende.
    »Nimmst du bitte eine Flasche von dem Orangensaft mit? Ich hole mir nur schnell eine Zeitung!«
    Bevor Gesche Einwände erheben konnte, ließ er sie stehen und eilte weiter, um sich über weitere Seitenschneisen, sichtgeschützt zwischen den Regalen, an die beiden Jungen in der Medienabteilung heranzupirschen. Dort stand Tim, neben ihm noch immer der andere Kerl mit dem Pferdeschwanz. Fredo wollte gerade seine letzte Deckung hinter einem Getränkeregal verlassen, als Tim sich plötzlich umdrehte und verstohlen in alle Richtungen spähte. Fredo bremste sich im letzten Moment und verharrte hinter dem Regal. Zwischen einigen Flaschen hindurch beobachtete er, wie sich Tim jetzt wieder den PC-Spielen zuwandte, mit flinken Fingern eine bunte, schmale Box aus dem Sortiment zog und unter seinem T-Shirt im Hosenbund verschwinden ließ. Fredo überlegte noch, wie er darauf reagieren sollte – da sah er, wie sich im selben Gang, in dem er Deckung bezogen hatte, eine wohlbekannte Person mit energischen Schritten näherte: Helena Anatol trug einen Einkaufskorb, atemberaubend eng geschnittene Jeans und leider immer noch kein Lächeln im Gesicht. Sie hatte Fredo noch nicht bemerkt, aber Tim würde gleich in ihr Blickfeld geraten. Falls nichts dazwischenkam …
    Mit einem schnellen Ausfallschritt kreuzte Fredo den

Weitere Kostenlose Bücher