Mohnblumenmond (Gay Urban Romance) (German Edition)
liebe Fans“, begann er daher kurz vor dem Ende der Konferenz. „Auch wenn immer wieder gemutmaßt wird, warum wir keine Freundinnen haben, so möchte ich hier nur für mich sprechen.“ Chris holte tief Luft. Nur das Surren der Kameras und die vereinzelten Blitzlichter waren zu hören und zu sehen. „Ich bin schwul und ich stehe hier in aller Öffentlichkeit dazu. Ich weiß, dass es immer noch Vorurteile gibt, doch niemand sollte um die Anerkennung seiner Persönlichkeit kämpfen müssen. Dieser Kampf findet in vielen, vielleicht sogar in allen von uns tief im Inneren statt. Er kann lange Jahre in Anspruch nehmen und kostet uns Energie und Lebensqualität. Es wird Zeit, dass die Gesellschaft uns alle als gleichberechtigt akzeptiert. Liebe sollte etwas Selbstverständliches sein. Etwas, auf das jeder ein Recht hat, ganz egal, ob ein Mann einen anderen Mann liebt oder eine Frau eine andere Frau. An dieser Stelle möchte ich all denen Mut machen, die diesen Kampf immer noch führen, sich zu sich selbst zu bekennen. Sie müssen es nicht in aller Öffentlichkeit tun so wie ich. Sie sollten es in erster Linie für sich selbst tun. Ich bin froh, dass mir mein Freund – dessen Namen ich hier nicht nennen will - den Mut zu diesem Schritt geschenkt hat. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.“
Stille herrschte im Saal, dann frenetischer Applaus und wieder Blitzlichter. Auf die Zwischenrufe ging Chris nicht mehr ein. Okon hatte seinen Kollegen mit einer Mischung aus Bewunderung und Erstaunen bei seiner Rede angestarrt. Und auch der Farbige applaudierte jetzt.
Im Städtischen Krankenhaus hielt Julian Kossler die Fernbedienung mit zitternder Hand. Tränen rannen über seine Wangen. „Ich liebe dich“, flüsterte er leise.
In einem anderen Haus in Münchens Nobelstadtteil Bogenhausen zitterte Bodo Hallmann dagegen vor Wut. „Der Teufel soll dich holen, Chris Moon!“. Er selbst hatte auf dieser Konferenz nicht dabei sein können, weil er einen wichtigen Sponsorenvertrag zu verhandeln gehabt hatte. Bodo verlor keine Zeit. Schon arbeitete sein Marketinggenie daran, dieses Outing fachgerecht für die PR des Tokio-Albums einzusetzen.
* * *
Am darauffolgenden Tag ging es Julian bereits wesentlich besser. Inzwischen war der Tropf aus seiner Vene entfernt worden. Kurz nach der morgendlichen Visite rief seine Mutter auf dem Zimmer an. Sein Arzt, Professor Bodelschwingh, hatte ihm heute mitgeteilt, dass er nach dem Klinikaufenthalt für vier Wochen an die Bodenseeklinik seines Kollegen Professor Sandauer überwiesen würde, die für viele Prominente schon Anlaufstelle bei Suchtproblemen gewesen war und einen hervorragenden Ruf genoss. Monika Kossler hätte darauf bestanden, ihren Sohn in die besten Hände zu geben, als der Professor sie über Julians Fortschritte am Telefon informiert hatte. Julian wusste, dass er sich diese Privatklinik würde leisten können, doch irgendwie war es ihm vor dem Professor peinlich, dass seine Mutter hier die Entscheidung bereits getroffen hatte, ohne sich mit ihm abzusprechen. Das schien sie soeben nachholen zu wollen. Murrend musste der junge Sänger ihr und sich selbst allerdings eingestehen, dass dies für ihn wohl die beste Lösung war. Morgen früh würde man ihn in einem Ambulanzwagen nach Friedrichshafen bringen, wo er seine Therapie direkt beginnen konnte. So wäre es mit dem Professor abgesprochen, teilte seine Mutter ihm mit.
„Wie bist du überhaupt an diese Drogen gekommen?“, fragte Monika jetzt.
„Ein Freund hat sie mir empfohlen und eigentlich sind das gar keine richtigen Drogen“, versuchte Julian sich herauszureden. „Hab´ nur zuviel davon genommen.“ Er dachte daran, wie Bodo das Zeug angepriesen hatte. Offenbar zeigte es bei ihm überhaupt keine Nebenwirkungen.
„Freund – dass ich nicht lache! Die enthalten in Deutschland verbotene Substanzen, hat dein Arzt mir gesagt, also erzähl mir nichts.“
Julian seufzte. „Schon gut, wird nie wieder vorkommen, versprochen!“
„Das will ich hoffen, junger Mann. Ich möchte nicht, dass du so endest wie diese Amy Winehouse letztes Jahr!“
Julian verdrehte die Augen. Seine Mutter übertrieb mal wieder maßlos!
„Und deine Freunde solltest du dir in Zukunft besser aussuchen! Von solchen Dealern solltest du dich fernhalten“, schimpfte sie weiter.
„Versprochen, Ehrenwort!“, beteuerte er erneut. Wenn sie wüsste, dass er den besten Freund bereits gefunden hatte! Irgendwann musste er ihr auch das
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