Mohnblumenmond (Gay Urban Romance) (German Edition)
beichten. Aber nicht heute!
Julian war froh, als das Gespräch zu Ende war. Die Standpauken seiner Mutter hatte er schon als kleiner Bub gehasst. Gott sei Dank beruhigte sie sich genauso schnell wieder und war im Allgemeinen nicht nachtragend.
Trotzdem hielt dieser Tag noch eine weitere Überraschung für ihn bereit. Erst besuchten Chris und Okon ihn - diesmal gemeinsam. Chris hatte tatsächlich an einen Rahmen für seine Postkarte gedacht! Er überreichte ihn Julian mit einem Augenzwinkern. Natürlich war die gestrige Konferenz das Hauptgesprächsthema.
„Du warst großartig“, lobte Julian seinen Freund und drückte dessen Hand fest. Okon nickte zustimmend. „Ja, das war er, und ob du es glaubst oder nicht, wir haben eine Unmenge Resonanz darauf bekommen. Nicht nur von den Fans, auch jede Menge Anfragen für Interviews, natürlich auch von den einschlägigen Szenemagazinen. Für die ist das ein gefundenes Fressen. Wieder ein prominentes Aushängeschild.“
„Das kann ich mir denken. Und was sagt Bodo zu der ganzen Sache?“
„Hat heute angerufen, erst stinksauer, zumindest tat er so. Dann jubelte er uns die neuesten Verkaufs- und Downloadzahlen ins Ohr und faselte irgendwas von neuer Zielgruppe und so“, sagte Okon.
„Typisch.“
„Trotzdem hat er eine Lektion verdient“, mahnte Chris und blickte Julian wissend in die Augen. Dieser nickte. „Später“, murmelte er.
Nachdem die beiden Jungs ihren Kollegen für einige Stunden auf andere Gedanken gebracht hatten und wieder gegangen waren, klopfte es erneut an Julians Türe. Auf sein „Herein“ betrat ein großer, schlanker Mann mit dunklen, an den Schläfen leicht angegrauten Haaren den Raum. Ein Mann, der eine deutliche Ähnlichkeit mit ihm aufwies. Julian wusste sofort, um wen es sich handelte: Richard Weidner, sein Erzeuger, besaß tatsächlich die Frechheit, hier aufzukreuzen.“
„Was willst du denn hier?“, fauchte Julian und blicke ihn voller Verachtung an.
Richard ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Seine dunkelbraunen Augen musterten den jungen Mann vor sich . „Mit dir reden. Ich möchte, dass wir uns besser kennenlernen.“
„Auf einmal? Hat dich doch über zwanzig Jahre nicht interessiert.“
„Genau darüber will ich ja mit dir reden. Ist ´ne lange Geschichte. Bitte, gib mir eine Chance und hör mir einfach mal richtig zu.“ Mit diesen Worten rückte der gutaussehende Fremde einen Stuhl neben das Krankenbett und setzte sich darauf. Es fiel ihm sichtlich schwer, einen Anfang für das Gespräch zu finden, zumal Julian ihn mit ungehaltenen und kritischen Blicken bedachte. „Du hast übrigens die Augen deiner Mutter“, sagte Richard, als er diese Blicke erwiderte.
„Komm zur Sache!“
„Also schön. Ich weiß, dass ich mich wie ein Schuft verhalten habe – damals. Und ich bin nicht stolz darauf. Als Moni mit sechzehn Jahren schwanger wurde, befand ich mich mitten im Studium. Sie selbst ging noch zur Realschule. Meine Eltern haben mir gedroht, mir jegliche Unterstützung zu entziehen, wenn ich mich weiter mit ihr abgeben würde. Sie haben den Unterhalt für dich und deine Mutter über ein Treuhandkonto gezahlt. Von diesem Geld konnte deine Mutter auch ihre Ausbildung machen. Mich schickten sie nach England, wo ich weiter studieren sollte. Sie haben mir nahegelegt, diesen „Ausrutscher“, wie sie es nannten, zu vergessen. Die wollten wohl, dass ich mal so ein berühmter Komponist werde. Naja, damit hat´s dann nicht so richtig geklappt. Mit dem Vergessen übrigens auch nicht.“
Julian hatte schweigend zugehört und runzelte die Stirn. Das hier war eine Perspektive, die er noch nicht kannte.
„Ich kam nach ein paar Jahren zurück nach Deutschland, wurde Musiklehrer am Gymnasium in Freiburg und hab´ versucht, mit Moni wieder Kontakt aufzunehmen. Sie hat jeden Brief unbeantwortet gelassen und jedes Telefonat abgeblockt. Erst durch die Zeitung erfuhr ich, was aus dir geworden ist. Ich bin übrigens ziemlich stolz auf dich.“
Noch immer sagte Julian kein Wort, doch sein Blick war nun weniger ärgerlich als zuvor, eher fragend und abwartend.
Einige Minuten später fuhr sein Vater fort: „Unser letztes Telefonat hat wohl etwas unglücklich geendet. Vielleicht hast du auch was missverstanden. Ich habe am Gymnasium einige Schülerbands gefördert und ich weiß aus meinem Nebenjob als Studiomusiker, wie oft junge Leute ausgebeutet und mit leeren Versprechungen geködert werden. Jeder Trottel kann sich in
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