Mohnblumenmond (Gay Urban Romance) (German Edition)
und legte ein zweites Kissen unter seinen Kopf.
„Wie fühlst du dich?“, erkundigte er sich dabei.
„Wie von einer Dampfwalze überrollt“, murmelte Julian verdrossen und stöhnte. Sein Kopf fuhr immer noch Achterbahn mit ihm. Erst langsam ließ der Schwindel nach.
„Hat der Arzt schon mit dir gesprochen?“
Julian schüttelte den Kopf. „ Der will vermutlich erst mit seiner Mutter sprechen“, vermutete Chris im Stillen.
„Es sind die Tabletten“, sagte er dann laut. „Bodo hat dich mit hochdosierten Aufputschmitteln versorgt. Nur so war es dir möglich, all die schlaflosen Nächte und die ganzen Termine zu überstehen. Du bist total abhängig von dem Zeug geworden und wirst erstmal eine Entziehungskur machen müssen, hat der Arzt gemeint. Wir sollten Bodo anzeigen. Das Zeug kann er sich nur auf illegalem Weg besorgt haben.“
„Was wird dann aus der Band? Vergiss nicht, was er alles für uns getan hat“, überlegte Julian. Chris zog die Schultern hoch. „Bodo verdient verdammt viel Geld mit uns. Und was aus der Band wird, ist doch jetzt egal. Erstmal müssen wir an deine Gesundheit denken. Ich hab Okon übrigens noch nichts davon erzählt. Aber wenn er es erfährt, wird er meiner Meinung sein.“
„Verdammt!“, fluchte Julian. Dabei dachte er weniger an Bodo, sondern eher an seine eigene Schwäche, dieses stressige Popbusiness ohne Hilfsmittel durchzustehen. Chris blickte ihn verwundert an.
„Wann ist eigentlich diese blöde Pressekonferenz?“, fragte Julian.
„Heute Nachmittag“, erwiderte Chris, weil ihm gerade dazu noch etwas eingefallen war. Er blickte sich in dem Zimmer um und entdeckte einen Flachbildfernseher, der an der Wand gegenüber dem Bett befestigt war.
„Da kann ich unmöglich dabei sein“, warf Julian seufzend ein.
Chris legte ihm beruhigend seine Hand auf den Arm.
„Darum solltest du dir jetzt gar keine Gedanken machen. Das kriegen wir schon geregelt. Aber schalte um 18 Uhr den Musikkanal ein.“ Der geheimnisvolle Tonfall in Chris´ Stimme weckte Julians Neugierde.
„Was hast du vor?“, fragte er zweifelnd.
„Das wirst du dann ja sehen“, lächelte sein Freund. Dann griff er in die Innentasche seiner Lederjacke.
„Hier, ich hab dir was mitgebracht.“ Mit diesen Worten überreichte er Julian eine übergroße Postkarte, auf der ein voller, roter Mond über einem schattenhaften Tannenwald stand, zu dessen Füßen sich ein glatter, dunkelblauer See ausdehnte. Darin spiegelte sich dieser Vollmond in einem zartrosa Licht wieder
„Mohnblumen-Mond“, schmunzelte Julian. Dieser Name hatte für sie beide eine ganz besondere Bedeutung gewonnen. Er drehte die Karte um.
Zum Andenken an eine aufregende Nacht. Chris
stand dort geschrieben. „Danke“, sagte Julian leise. Es tat gut, zu wissen, dass er Chris so viel bedeutete.
„Einen Rahmen habe ich so schnell leider nicht auftreiben können. Aber den kriegst du auch noch. Die Karte soll dich immer an mich erinnern, wenn wir nicht zusammen sein können.“
„Was meinst du damit?“, fragte Julian erschrocken.
„Na, in einer Entziehungsklinik wird dich niemand besuchen dürfen, und jeder Kontakt zur Außenwelt ist verboten. Hast du doch bestimmt auch schon mal bei den ganzen Promis gelesen.“
Julian fluchte erneut.
„Keine Bange, das geht auch vorbei und dann werden wir beide erstmal feiern gehen. Jetzt ruh dich aus. Ich muss zurück in die Villa und mich mit Okon auf die Pressekonferenz vorbereiten. Du weißt schon, Tokiotour und so.“
Der hübsche Junge vor ihm auf dem Kissen nickte. „Ich wünschte, ich hätte schon alles hinter mir.“
„Das geht auch vorbei, wirst sehen“, tröstete ihn Chris und gab ihm einen flüchtigen Kuss auf den Mund. Dann wandte er sich zur Tür.
Was Chris an diesem Abend den Reportern mitzuteilen hatte, wollte er auch seinem dunkelhäutigen Kollegen nicht vorher sagen. Sie hatten ausgemacht, dass Chris das Schlusswort sprechen sollte, und dazu hatte dieser sich einige Notizen zurechtgelegt. Natürlich würden die meisten Fragen dem kranken Kollegen gelten. Laut Bodo sollte es sich um eine kleine Kreislaufschwäche handeln. Chris wusste, dass die Journalisten früher oder später die Wahrheit herausfinden würden. Doch das war jetzt Nebensache. Ihm ging es um etwas ganz anderes, und er konnte nur hoffen, dass sich Julian die Sendung auf dem Musikkanal auch ansah. Denn dieses Schlusswort galt ihm, besser: ihnen beiden!
„Meine Damen und Herren von der Presse,
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