Mohrenwäsche
sah den Kommandanten immer noch sehr ängstlich an. Das Leben an der Universität von Zululand hatte ihn auf eine Begegnung wie diese einfach nicht vorbereitet.
»Sie sehen«, fuhr der Kommandant fort, während sie ihren Spaziergang wieder aufnahmen, »wir wissen alles über euch Intellektuelle und euer Gerede von Bildung für die Kaffern und Gleichberechtigung. O ja, wir haben ein Auge auf euch, keine Sorge.«
Mr. Mulpurgo beruhigte das nicht. Er wußte ganz genau, daß die Polizei ein Auge auf die Universität hatte. Es hatte zu viele Razzien gegeben, um was anderes zu denken. So allmählich fragte er sich, ob der Kommandant ihn absichtlich aufs Korn genommen habe, um ihn auszuquetschen. Der Gedanke führte zu einem neuen Schluckauf.
»In diesem Lande gibt es nur eine echte Frage«, fuhr der Kommandant fort, dem die Wirkung, die er auf seinen Begleiter hatte, überhaupt nicht zu Bewußtsein kam, »und die lautet: Wer arbeitet für wen? Arbeite ich für einen Kaffern oder arbeitet er für mich? Was sagen Sie dazu?«
Mr. Mulpurgo versuchte zu sagen, daß es schade sei, daß die Menschen nicht brüderlich zusammenarbeiten könnten, aber sein Schluckauf war zu heftig, als daß er sich hätte richtig verständlich machen können.
»Also, ich arbeite doch nicht unten in irgendeiner Goldmine, um ein schwarzes Arschloch reich zu machen«, sagte der Kommandant, indem er das ignorierte, was er für einen akuten Flatulenzanfall hielt, »und ich will mir von keinem Kaffer sagen lassen, ich solle ihm seinen Wagen waschen. Hund frißt Hund, aber ich bin der dickere Hund. Das ist es, was ihr Intellektuellen manchmal vergeßt.«
Nach dieser simplen Darstellung seiner Lebensphilosophie beschloß der Kommandant, daß es Zeit sei zurückzukehren.
»Ich muß gehen und rausfinden, wo meine Freunde wohnen«, sagte er.
Eine Weile spazierten sie schweigend weiter. Mr. Mulpurgo grübelte über des Kommandanten spencerianische Ansichten über die Gesellschaft nach, während der Kommandant ignorierte, was er eben über den Leoparden und sein Fell gesagt hatte, und darüber nachdachte, ob er durch die Lektüre von Büchern ein Engländer werden könne.
»Wie gehen Sie eigentlich an das Studium ihres Gedichts heran?« fragte er wenig später.
Mr. Mulpurgo kehrte mit einiger Erleichterung zum Thema seiner Dissertation zurück.
»Das Wichtigste ist, sich Aufzeichnungen zu machen«, erklärte er. »Ich mache Verweise und Kreuzverweise und ordne sie. Zum Beispiel benutzt Brooke häufig den Geruch als Metapher. Wir finden ihn in >Wollust<, im >Zweitbesten< und natürlich in >Morgendämmerung<.«
»Er ist ständig da«, sagte der Kommandant. »Es liegt am Wasser, da ist Schwefel drin.«
»Schwefel?« sagte Mr. Mulpurgo geistesabwesend. »Ja, der kommt in >Die letzte Seligkeit< vor: >Und neuen Schwefel schleud’re auf die Sünd’ in Fleischesfarben.<«
»Davon weiß ich nichts«, sagte der Kommandant beunruhigt, »aber heute morgen haben sie mir sicher welchen in den Tee getan«.
Als sie am Hotel ankamen, war Mr. Mulpurgo zu dem Schluß gelangt, daß der Kommandant an ihm doch kein berufliches Interesse habe. Er hatte ihm zweimal den »Himmel« vorgetragen und erklärt, was »Fische, fliegenvoll« bedeutet, und war allmählich der Meinung, der Kommandant sei ein recht netter Mann, trotz seiner Äußerungen vorhin.
»Ich muß sagen, für einen Polizisten haben Sie ungewöhnliche Interessen«, sagte er leutselig, als sie die Stufen zur Terrasse hochstiegen. »Aus den Zeitungen hatte ich einen ganz anderen Eindruck bekommen.«
Kommandant van Heerden lächelte hintergründig.
»In den Zeitungen stehen eine Menge Lügen über mich«, sagte er. »Sie dürfen nicht alles glauben, was Sie lesen.«
»Sind nicht so schwarz, wie Sie gezeichnet werden, was?« sagte Mr. Mulpurgo.
Der Kommandant blieb wie angewurzelt stehen.
»Wer hat irgendwas davon gesagt, daß ich schwarz wäre?« fragte er leichenblaß.
»Niemand. Niemand«, sagte Mr. Mulpurgo, der über seinen fauxpas erschrak. »Es handelte sich lediglich um eine Redewendung.«
Aber Kommandant van Heerden hörte gar nicht mehr zu. »Ich bin so weiß wie der nächstbeste Mensch«, schrie er, »und wenn ich irgendein Schwein was anderes sagen höre, reiße ich ihm die Eier ab. Haben Sie gehört? Ich kastriere den Scheißkerl. Ich will von Ihnen nicht nochmal sowas hören«, und er warf sich mit solcher Wucht in die Drehtür, daß die beiden Fliegen völlig unabsichtlich ins Freie
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