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Mohrenwäsche

Mohrenwäsche

Titel: Mohrenwäsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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verlassen unter lauter fremden, feindlichen Stämmen. Die Engländer hatten ihr »Home«, jenes kalte, doch gastliche Eiland im Norden, auf das sie jederzeit zurückkehren konnten. Die Schwarzen hatten Afrika, den riesigen Erdteil, von dem kein Recht oder Gesetz sie jemals vollständig vertreiben konnte. Er aber, ein Afrikaander, hatte nur Willen und Macht und Verschlagenheit zwischen sich und dem Vergessen. Keine Heimat außer der hier. Keine Zeit außer der jetzt. Mit einer ihm bisher unbekannten Angst angesichts seiner eigenen Belanglosigkeit bog der Kommandant in eine Seitenstraße zum Postamt ein.
    Auf White Ladies bat Mrs. Heathcote-Kilkoon, die in dem vergeblichen Versuch, ihrer Langeweile zu entfliehen, träge in einer Monate alten Illustrated London News blätterte Major Bloxham, ihr einen Dry Martini zu mixen.
    »Man sollte doch denken, er ließe es uns wissen, wenn er nicht kommt«, sagte sie schmollend. »Ich meine, es ist doch nur das Gebot normaler Höflichkeit, eine Postkarte zu schicken.«
    »Was erwartest du von einer Sau anderes als ein Grunzen?« sagte der Major. »Aus Schweineohren kann man eben keine Seidentäschchen machen.«
    »Wahrscheinlich hast du recht«, murmelte Mrs. Heathcote-Kilkoon, »ich sehe gerade, daß Prinzessin Anne zur Sportlerin des Jahres gewählt wurde.«
    »Mich wundert, daß sie’s angenommen hat«, sagte der Major. »Scheint mir was recht Ordinäres zu sein.«
    »Ach, ich weiß nicht«, sagte Mrs. Heathcote-Kilkoon. »Heutzutage adelt man ja auch Jockeys.«
    Nach dem Mittagessen bestand Mrs. Heathcote-Kilkoon darauf auszufahren, und der Colonel, der von seinem Börsenmakler ein Telegramm erwartete, fuhr sie nach Weezen und dann zum Tee hinüber ins Sani Pass Hotel.
    Der Kommandant, der im Postamt endlich ihre Adresse erfahren hatte, fand das Haus leer, als er es am Nachmittag aufsuchte. Er hatte seine gute Laune wiedererlangt, wenn auch nicht sein Selbstvertrauen, und so war er durchaus nicht überrascht vom Ausbleiben eines Willkommensgrußes, den ihm weder das leere Haus noch der alte Zulu-Butler darboten, der an der Tür erschien, als er klingelte.
    »Master ausgegangen«, sagte der Butler, und der Kommandant kehrte mit dem Gefühl zu seinem Wagen zurück, daß dieser Tag für ihn kein Glückstag sei. Er warf noch einen Blick auf Haus und Garten, ehe er wieder in seinen Wagen stieg, und versuchte, etwas von dem Selbstgefühl in sich aufzunehmen, das die ganze Atmosphäre so deutlich ausstrahlte.
    Kurzgeschorene Rasenflächen und akkurate Blumenrabatten, sorgfältig etikettierte Rosenbüsche und ein Strauch, der zur Figur eines Huhns zurechtgestutzt war, alles war gefällig angeordnet. Sogar die Obstbäume im Garten sahen aus, als habe ihnen ein Regimentsbarbier einen Militärhaarschnitt verpaßt. An einer Mauer wuchs ein Weinstock symmetrisch in die Höhe, während das Haus mit seinen Quaderwänden und den mit Läden verschlossenen Fenstern in seiner Mischung aus georgianischer Garnison und Art nouveau auf behaglichen Luxus schließen ließ. An einem Fahnenmast hing der Union Jack schlaff in der heißen Sommerluft, und der Kommandant, der seine Wut vom Vormittag vergaß, war froh, ihn dort zu sehen. Und, dachte er, weil die Heathcote-Kilkoons echte Briten waren, keine Abkömmlinge von Siedlern, war hier alles so schmuck und atmete so ein an Disziplin gewöhntes Selbstbewußtsein. Er stieg in seinen Wagen und fuhr zum Hotel. Er verbrachte den Rest des Nachmittags damit, am Fluß zu angeln, mit keinem größeren Glück, als er es vorher gehabt hatte, aber er erholte sich damit von den Aufregungen des Vormittags. Wieder stellte sich dieses seltsame Gefühl der Selbstbeobachtung ein, in dem er sich selbst von weitem sah, und damit kam das Gefühl gelassener Billigung seiner selbst über ihn, nicht so, wie er war, sondern so, wie er in ferner Zukunft unter anderen, besseren Umständen vielleicht einmal wäre. Als die Sonne hinter den Aardvarkbergen versank, nahm er seine Angel auseinander und spazierte durch die rasch einfallende Dämmerung zum Hotel zurück. Irgendwo in seiner Nähe hatte jemand einen Schluckauf, aber der Kommandant überhörte das Gesprächsangebot. Für diesen Tag hatte er genug von Mr. Mulpurgo. Er aß zu Abend und ging zeitig mit einem neuen Roman von Dornford Yates zu Bett. Er hatte den Titel Leicht verderbliche Waren.
    In Piemburg stand die Operation »Mohrenwäsche« kurz vor einer neuen Phase. Luitenant Verkramp hatte seine zehn Freiwilligen noch

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