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Mohrenwäsche

Mohrenwäsche

Titel: Mohrenwäsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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ich hab’s gesagt…«, begann Verkramp, aber der Direktor war zu aufgebracht, um ihn weiterreden zu lassen.
    »Was habe ich gesagt? Sie können’s nicht leugnen. Es ist eine Unerhörtheit. Sie rufen mich an, um mir mitzuteilen, daß Sie mit Kaffernmädchen schlafen. Ich hätte nicht übel Lust, die Polizei anzurufen.«
    »Hier ist die Polizei«, sagte Verkramp.
    »Du lieber Gott, die ganze Welt ist verrückt geworden«, schrie der Direktor.
    »Ich habe bloß das Geständnis eines Häftlings laut vorgelesen«, erklärte Verkramp.
    »Durchs Telefon?« fragte der Direktor. »Und warum ausgerechnet mir? Ich habe schon ohne solchen Mist genug Scherereien auf dem Hals.«
    Sergeant Breitenbach verließ Verkramp, damit der allein die Sache mit dem Elektrizitätswerk geradebiegen konnte. Seit Verkramp das Kommando übernommen hatte, war das Tempo der Ereignisse so schnell geworden, daß es dem Sergeant allmählich ganz wirblig im Kopf war.
    Genau dasselbe konnte man vom Geisteszustand von Verkramps Geheimagenten sagen. Schlafmangel, die dauernden Wohnungswechsel, das unablässige Verfolgen und Verfolgtwerden, die einen so großen Teil ihrer Pflichten einnahmen, hatten sie aufs äußerste erschöpft und das bißchen Beziehung zur Wirklichkeit, das sie sowieso nur gehabt hatten, schrecklich beeinträchtigt. Das einzige, was sie alle sicher wußten, war, daß sie den Befehl erhalten hatten, die wahren Saboteure zu veranlassen, etwas in die Luft zu sprengen. Im Café Florian saßen sie um einen Tisch herum und arbeiteten darauf hin.
    745.396 schlug das Treibstofflager auf dem Rangierbahnhof als geeignetes Ziel vor. 628.461 empfahl das Gaswerk. 885.974, der sich nicht ausstechen lassen wollte, riet zu der Abwasserbeseitigungsanlage, weil die nachfolgende Epidemie der Sache des Weltkommunismus außerordentlich nützen würde, und auch alle anderen hatten ihre bevorzugten Ziele. Als sie endlich die Pros und Kontras aller Vorschläge diskutiert hatten, wußte keiner mehr genau, auf welches Ziel man sich schließlich geeinigt hatte, und die Atmosphäre gegenseitigen Mißtrauens war von 885.974 aufgeheizt worden, der 745.396 beschuldigt hatte, ein Polizeispitzel zu sein, weil er annahm, das werde die Glaubwürdigkeit seiner Behauptung, er sei ein echter Saboteur, steigern. Beschuldigungen und Gegenbeschuldigungen flogen hin und her, und als die Gruppe das Café Florian endlich verließ, um ihrer nicht allzu getrennten Wege zu gehen, war jeder Agent entschlossen, sich gegenüber den anderen mit einer Demonstration des eigenen Sabotageeifers zu beweisen. In jener Nacht erlebte Piemburg eine zweite Attentatswelle.
    Um zehn explodierte das Treibstofflager und setzte einen Güterzug im Rangierbahnhof in Brand. Um halb elf flog der Gasometer mit einem Donnergetöse in die Luft, das die Fenster in mehreren Nachbarstraßen aus den Rahmen fetzte. Als die Feuerwehr in die verschiedenen Richtungen eilte, ging die Abwasserbeseitigungsanlage hoch. Überall in der zuvor dunklen Stadt brachen Brände aus. Um eine weitere Ausbreitung des Feuers im Rangierbahnhof zu verhindern, wurde der Güterzug herausgefahren, worauf er vier Geräteschuppen in den Gärten ansteckte und einen Grasbrand hervorrief, der sich in ein Zuckerrohrfeld ausbreitete. Am Morgen war Piemburgs Feuerwehrbrigade total am Ende, und eine dunkle Rauchwolke hing unheilvoll über der Stadt.
    Als Sergeant Breitenbach ins Polizeibüro kam, war sein Gesicht mit Heftpflaster zugeklebt. Er hatte gerade aus seinem Schlafzimmerfenster gesehen, als der Gasometer explodierte. Er fand Verkramp verzweifelt damit beschäftigt, mehrere Botschaften seiner Agenten zu entschlüsseln, die ihm, wie er hoffte, irgendeinen Hinweis auf den neuerlichen Ausbruch von Gewalt geben würden. Bisher hatte er nur erfahren, daß an den Öltanks von einem Mann Sabotage verübt werden solle, der sich Jack Jones nannte und im Putspan Hotel wohnte. Bis Verkramp die Botschaft erhalten und entschlüsselt hatte, waren sowohl die Treibstofftanks als auch Jack Jones verschwunden. Der Direktor des Outspan Hotels teilte ihm mit, der Mann sei schon vor zwei Tagen ausgezogen.
    »Was machen Sie eigentlich?« fragte Sergeant Breitenbach, als er das Büro betrat. Der amtierende Kommandant stopfte die Botschaften eilig in eine Schublade seines Schreibtischs.
    »Nichts«, sagte er nervös, »gar nichts.«
    Sergeant Breitenbach musterte das Handbuch über Tierzucht, das als Codebuch für diesen Tag diente, und fragte sich, ob

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