Mohrenwäsche
dachte er, als er seine Hacken dem Pferd ein zweites Mal in die Seite grub. Das war für einige Zeit sein letzter zusammenhängender Gedanke. Mit einem teuflischen Ruck schoß das riesige schwarze Pferd aus dem Hof und in den Garten. Während sich der Kommandant verzweifelt an seinen Sitz klammerte, wurde offenbar, daß, wohin er auch ritt, es ganz bestimmt nicht die Jagd war. Die Meute war in eine völlig andere Richtung ausgeschwärmt. Während ein Steingarten unter ihm zerbröselte, ein Ziergebüsch zu ihm aufsah und sich auflöste und die Rosen des Colonel hinter ihm sowohl ihre Etiketten als auch ihre Blütenblätter fallen ließen, war dem Kommandanten lediglich bewußt, daß er sich in großer Höhe und mit einer Geschwindigkeit fortbewegte, die ihm unglaublich schien. Vor ihm tauchten die Azaleenbüsche auf, auf die Colonel Heathcote-Kilkoon so stolz war, und dahinter das offene Land. Kommandant van Heerden schloß die Augen. Zum Beten war keine Zeit. Im nächsten Augenblick sauste er durch die Luft.
Der überraschende Galopp des Kommandanten löste bei den Jägern unterschiedliche Reaktionen aus. In tadellosem Damensitz und den Zylinder auf die adretten blauen Locken gedrückt, beobachtete Mrs. Heathcote-Kilkoon mit einer Mischung aus Abscheu über ihren Mann und Bewunderung für den Kommandanten, wie dieser über die Azaleen hinweg verschwand. Was er auch sein mochte, der Kommandant war fraglos kein Mann, der Zäune scheute.
»Da siehst du, was du angerichtet hast«, schrie sie den Colonel an, der auf die Zerstörung starrte, die sein sich zurückziehender Gast hinter sich zurückgelassen hatte. Um seinem Ärger die Krone aufzusetzen, wendete Mrs. Heathcote-Kilkoon ihren Braunen und galoppierte dem Kommandanten hinterher, wodurch sie den Rasen noch mehr aufwühlte.
»Sind den Schuft los«, sagte fröhlich Major Bloxham.
»Verdammter Bure«, sagte der Colonel. »Schießt Füchse und zertrampelt meine besten Rosen.«
Hinter ihm stieß Forebode nochmal lustig ins Horn. Er hatte immer schon mal sehen wollen, was passieren würde, wenn er dem riesigen schwarzen Pferd ein Stück Kautabak in den Hintern steckte, und nun wußte er es.
Kommandant van Heerden gleichfalls, obwohl er sich über den tieferen Grund von Chakas Eile nicht im klaren war. Nach dem ersten kolossalen Satz noch immer im Sattel, versuchte er sich daran zu erinnern, was Mrs. Heathcote-Kilkoon darüber gesagt hatte, daß er das Pferd nicht loslassen dürfe. Das schien ihm ein völlig unnötiger Rat zu sein. Wenn dem Kommandanten irgendeine Möglichkeit eingefallen wäre, wie er das Pferd loslassen könne, ohne sich dabei das Genick zu brechen, dann hätte er es mit Freuden getan. Aber so wie die Dinge langen, bestand wohl seine einzige Überlebenshoffnung darin, bei dem Tier zu bleiben, bis diesem die Puste ausginge. Mit dem Mut eines Mannes, dem gar nichts anderes übrigbleibt, hockte der Kommandant im Sattel und sah eine Mauer auf sich zusausen, bei deren Bau man offensichtlich an Giraffen gedacht hatte. Ein Pferd schaffte sie jedenfalls bestimmt nicht. Als er auf der anderen Seite landete, hatte Kommandant van Heerden den unbezweifelbaren Eindruck, daß das Tier, auf dem er ritt, überhaupt kein Pferd sei, sondern irgendeine mythische Kreatur, die er auf Benzinzapfsäulen so sprechend dargestellt gesehen hatte. Vor ihm lag jetzt das offene Weideland, und in der Ferne sah er die schattige Silhouette eines Waldes. Zu einem nun war er entschlossen, und das war, daß kein Pferd, mythisch oder nicht, mit ihm auf dem Rücken durch einen Wald voller Bäume rasen werde. Da war es besser, sich das Genick im offenen Gelände zu brechen, als auf der anderen Seite eines dichten Waldes ohne Beine rauszukommen. Mit dem Entschluß, seinen Ritt so oder so zu beenden, packte der Kommandant fest die Zügel und richtete sich auf.
Mrs. Heathcote-Kilkoon, die verzweifelt hinter ihm her ritt, erschien der Kommandant in völlig neuem Licht. Er war nicht länger der ruppigattraktive Mann der Wirklichkeit, als den sie ihn früher gesehen hatte, sondern der Held ihrer Träume. Etwas an der Gestalt, die über diese Mauer hinwegsegelte, an die sich ihres Wissens noch nie jemand gewagt hatte, erinnerte sie an ein Gemälde, das sie einmal gesehen hatte und das Napoleon zeigte, wie er die Alpen auf einem springenden Roß überquerte. Mit einer Vorsicht, die durch ihr Verlangen nach ihrem neuen Idol völlig gerechtfertigt wurde, wählte Mrs. Heathcote-Kilkoon eine
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