Mohrenwäsche
ganz so stumm, aber nicht weniger in Anspruch genommen als die Meute. Über ihm, nur mit Stiefeln und Sporen und dem Zylinder bekleidet, der federnd auf ihren gefärbten Locken hing, rief Mrs. Heathcote-Kilkoon ihrem neuen Reittier ermunternd zu, wobei sie ihn ab und zu mit ihrer Reitgerte antrieb. Sie waren dermaßen miteinander beschäftigt, daß sie das Knacken im Unterholz überhaupt nicht wahrnahmen, das das Herannahen der Jagdgesellschaft signalisierte. »Jill, Jenny, Daphne, mein Schatz«, stöhnte der Kommandant, der nicht einmal jetzt imstande war, sich von der Vorstellung freizumachen, er befinde sich in einem der Romane von Dornford Yates. Mrs. Heathcote-Kilkoons Phantasien, durch jahrelangen Frust geschärft, bezogen sich eher auf das Reiten.
»Reite deinen Klepper nach Banbury Cross, da siehst du eine schöne Dame auf schneeweißem Roß«, rief sie und stellte zu ihrem Erstaunen fest, daß ihre Aufforderung befolgt wurde.
Aus dem Wald kam die Meute herbeigestürmt, und der Kommandant, der gerade drauf und dran gewesen war, zum zweitenmal den Gipfel der Lust zu erreichen, bemerkte plötzlich, daß die Zunge, die ihm das Gesicht leckte, von einer für eine Dame von Mrs. Heathcote-Kilkoons Herkunft ganz ungewöhnlichen Länge und Beschaffenheit war. Er machte die Augen auf und stellte fest, daß er einem großen Jagdhund ins Gesicht sah, der widerlich sabbelte und schnaufte. Der Kommandant blickte sich wütend um. Das kleine Tal war mit Hunden überschwemmt. Eine Woge von Schwänzen schwappte über ihm hin und her, und daraus hervor ragte Mrs. Heathcote-Kilkoon, die, auf ihn aufgespießt, mit einer Reitpeitsche um sich schlug.
»Platz, Jason! Platz, Knurrer! Platz, Memme! Platz, van Heerden!« schrie sie, und ihr Zylinder hüpfte so lebhaft auf und nieder wie ihre Brüste.
Kommandant van Heerden starrte wie von Sinnen zur Unterseite von Knurrer hinauf und versuchte, dessen Pfote aus seinem Mund zu kriegen. Noch nie war ihm bewußt geworden, wie rüde ein Hund roch. Seinem Frauchen gehorsam wie immer, setzte Knurrer sich hin – und stand sofort wieder auf, als der Kommandant, den Erstickungstod vor Augen, ihn biß. Für einen Augenblick von der drohenden Asphyxie erlöst, hob der Kommandant den Kopf, nur um ihn einen Moment darauf von dem Gewicht wieder nach unten gedrückt zu bekommen. Der kurze Blick, den er hatte auf die Umwelt werfen können, zeigte ihm eine so grauenhafte Aussicht, daß er das stinkende Versteck unter den Jagdhunden allemal vorzog. Colonel Heathcote-Kilkoon und die anderen Mitglieder der Jagdgesellschaft waren aus dem Wald aufgetaucht und besahen sich voll Verwunderung die Szene.
»Du großer Gott, Daphne, was um alles auf der Welt machst du denn da?« hörte der Kommandant den Colonel zornig rufen.
Mrs. Heathcote-Kilkoon zeigte sich der Situation hervorragend gewachsen.
»Was zum Teufel soll ich denn deiner Meinung nach hier machen?« schrie sie mit dem Ton berechtigten Zorns in der Stimme, den der Kommandant ungeheuer eindrucksvoll fand, der ihm jedoch dazu geeignet erschien, beim Gatten eine Frage aufzuwerfen, die der Kommandant lieber unbeantwortet gelassen hätte.
»Ich habe keine Ahnung«, rief der Colonel, der sich nicht einen Augenblick lang vorstellen konnte, was seine Frau mitten in einer Talmulde ohne ihre Kleider machte. Mrs. Heathcote-Kilkoon antwortete ihm. »Ich scheiße gerade«, schrie sie mit einer Grobheit, die Kommandant van Heerden für seine Person kränkend, aber sonst vollkommen angebracht fand.
Der Colonel hüstelte verlegen. »Großer Gott, das tut mir furchtbar leid«, murmelte er, aber Mrs. Heathcote-Kilkoon war entschlossen, ihren Vorteil zu nutzen.
»Und wenn ihr Gentlemen wärt, würdet ihr euch umdrehen und verdammt nochmal sehen, daß ihr von hier wegkommt«, schrie sie. Ihre Worte zeigten augenblicklich Erfolg. Die Jäger wendeten ihre Pferde und galoppierten dorthin zurück, woher sie gekommen waren.
Als die Jagdhundflut langsam verebbte, blickte der Kommandant, nackt und von modderigen Pfotenabdrücken bedeckt, zur Dame seiner und Colonel Heathcote-Kilkoons Wahl empor. Mit einem Widerstreben, das er sich als Verdienst anrechnete, löste sie sich von ihm und stand auf. Atemlos vor Angst und einer neuen Bewunderung für sie rappelte der Kommandant sich hoch und machte sich auf die Suche nach seinen Breeches. Er wußte nun, was britische Kaltblütigkeit bedeutete.
»Und ich habe eine steife Oberlippe«, sagte er und betastete die Spuren von
Weitere Kostenlose Bücher