Mohrenwäsche
verlange, Luitenant Verkramp zu sprechen«, schrie er die regungslose Katatonikerin an und war schon drauf und dran, Gewalt anzuwenden, als ein hochgewachsener Mann mit außerordentlich blassem Gesicht dazwischentrat.
»Ich glaube, er liegt auf Station C«, sagte der Mann. Der Kommandant dankte ihm und ging zur Station C, nur um festzustellen, daß sie ausschließlich mit manischdepressiven Frauen belegt war. Er ging wieder zur Aufnahme, und nach einer weiteren einseitigen Schreierei mit der katatonischen Sekretärin wurde ihm von dem langen, dünnen Mann, der zufällig gerade wieder vorbeikam, gesagt, Verkramp liege zweifellos auf Station H. Der Kommandant ging zur Station H, und obgleich er nicht in der Lage war zu diagnostizieren, worunter dort die Patienten litten, war er froh, als er feststellte, daß Verkramp nicht darunter war. Mieser Laune ging er zur Aufnahme zurück und traf den dünnen, langen Mann auf dem Korridor.
»Nicht da?« fragte der Mann. »Dann ist er bestimmt auf Station E.«
»Nun kommen Sie endlich mal auf den Pott«, schrie der Kommandant wütend. »Erst sagen Sie, er ist auf Station C, dann Station H und jetzt Station E.«
»Interessanter Punkt, den Sie da gerade angeschnitten haben«, sagte der Mann.
»Was denn für’n Punkt?« fragte der Kommandant.
»Über das Auf-den-Pott-kommen«, sagte der Mann. »Es setzt zuerst einmal voraus, daß es einen Unterschied zwischen Pott und Topf gibt. Wenn sie nämlich gesagt hätten: >Kommen Sie endlich mal auf den Topfe, dann wäre der tiefere Sinn ein ganz anderer gewesen.«
»Hören Sie zu«, sagte der Kommandant. »Ich bin hergekommen, um Luitenant Verkramp zu sprechen, und nicht, um mit Ihnen Haare zu spalten.« Er ging durch den Korridor davon, um nach Station E zu suchen, und stellte lediglich fest, daß sie in der Bantu-Abteilung lag, was es unwahrscheinlich machte, daß Verkramp dort war, egal, was er hatte. Der Kommandant ging wieder zur Aufnahme zurück und schwor, den langen, dünnen Mann umzubringen, wenn er ihn fände. Statt dessen sah er sich plötzlich Frau Dr. von Blimenstein gegenüber, die ihn scharf darauf hinwies, daß er hier in einem Krankenhaus und nicht in einer Polizeistation sei, und er solle sich gefälligst entsprechend benehmen. Durch diesen Autoritätsbeweis einigermaßen gedämpft, folgte ihr der Kommandant in ihr Büro.
»Also, was wünschen Sie?« fragte sie, setzte sich hinter ihren Schreibtisch, und beäugte ihn kalt.
»Ich möchte Luitenant Verkramp besuchen«, sagte der Kommandant.
»Sind Sie der Vater, ein Verwandter oder Vormund?« fragte die Ärztin.
»Ich bin ein Polizeibeamter, der ein Verbrechen untersucht«, sagte der Kommandant.
»Dann haben Sie sicher eine Vollmacht. Die möchte ich bitte mal sehen.
Der Kommandant sagte, er habe keine Vollmacht. »Ich bin der Polizeikommandant von Piemburg, und Verkramp untersteht meinem Befehl. Ich brauche keine Vollmacht, um ihn zu besuchen, ganz gleich, wo er ist.«
Dr. von Blimenstein lächelte herablassend.
»Sie haben offenbar keinen Begriff von Krankenhausregeln«, sagte sie. »Wir müssen sehr genau darauf achten, wer unsere Patienten besucht. Wir können nicht zulassen, daß sie von irgendwelchen flüchtigen Bekannten gestört oder über ihre Arbeit ausgefragt werden. Schließlich sind Balthasars Probleme weitgehend auf Überarbeitung zurückzuführen, und leider betrachte ich Sie als den dafür Verantwortlichen.«
Der Kommandant war so verdutzt, als er hörte, Verkramp heiße Balthasar, daß ihm keine passende Erwiderung einfiel.
»Aber wenn Sie mir einen Eindruck von der Art der Fragen geben könnten, die Sie ihm stellen wollen, könnte ich Ihnen vielleicht behilflich sein«, fuhr die Ärztin fort, sich der Überlegenheit bewußt, die sie bereits gewonnen hatte.
Der Kommandant konnte sich sehr viele Fragen vorstellen, die er dem Luitenant stellen wollte, aber er hielt es für klüger, sie jetzt nicht zu erwähnen. Er erklärte, er wolle einfach herausbekommen, ob Verkramp nicht irgendwie Licht in die Serie von Bombenanschlägen bringen könne, die es neulich gegeben habe.
»Aha«, sagte Dr. von Blimenstein. »Also, wenn ich Sie richtig verstehe, sind Sie recht zufrieden damit, wie der Luitenant in Ihrer Abwesenheit die Stellung gehalten hat?«
Kommandant van Heerden kam zu dem Schluß, daß eine Politik der Beschwichtigung der einzig wahrscheinliche Weg sei, die Ärztin so weit zu kriegen, daß sie ihm erlaubte, Verkramp ein paar Fragen zu
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