Mohrenwäsche
verhört worden«, schrie der Kommandant.
»Ja, Sir«, sagte Sergeant Breitenbach, der genau wußte, was der Kommandant unter »verhört« verstand. »Sie haben die letzten acht Tage stehend zugebracht. Der Bürgermeister hat zugegeben, daß er die Regierung nicht mag, aber er behauptet, er hätte das Telegrafenamt nicht in die Luft gejagt. Das einzige Geständnis von einigem Nutzen haben wir dem Direktor der Barclays Bank aus der Nase gezogen.
»Der Direktor der Barclays Bank?« fragte der Kommandant. »Was hat er denn getan?«
»In den Hluwe-Stausee gepinkelt, Sir. Darauf steht die Todesstrafe.«
»Aufs Pinkeln in den Hluwe-Stausee steht die Todesstrafe? Das wußte ich gar nicht.«
»Das steht im Sabotageerlaß von 1962. Verunreinigung des Wasserversorgungssystems, Sir«, sagte der Sergeant.
»Ja, schön«, sagte der Kommandant zweifelnd, »das mag ja sein, aber ich kann dazu nur sagen, wenn Verkramp glaubt, er kriegt den Direktor der Barclays Bank an den Galgen, weil er in den Stausee gepinkelt hat, muß er verrückt sein. Ich werde mal rauf nach Fort Rapier fahren und dem Lumpenhund einen Besuch abstatten.
In Fort Rapier litt Luitenant Verkramp noch immer an akuten Angstzuständen wegen des völlig unerwarteten Ergebnisses seiner Versuche auf dem Gebiet der Aversionstherapie und der Terrorismusbekämpfung. Seine vorübergehende Überzeugung, daß er der Allmächtige sei, war einer Vogelphobie gewichen. Frau Dr. von Blimenstein zog daraus ihre eigenen Schlüsse.
»Ein simpler Fall sexueller Schuldgefühle in Verbindung mit einem Kastrationskomplex«, sagte sie zu der Krankenschwester, als Verkramp das Mittagessen verweigerte, weil es Gefülltes Huhn mit Pariser Soße gab.
»Nehmen Sie es weg«, schrie er, »ich halt’s nicht mehr aus.«
Ebenso unnachgiebig war er, wenn es um Federkissen ging, und eigentlich bei allem, was vage an das erinnerte, was Dr. von Blimenstein mit Beharrlichkeit »unsere gefiederten Freunde« zu nennen pflegte.
»Sind nicht meine Freunde«, sagte Verkramp und warf verängstigte Blicke auf eine Kropftaube auf dem Baum vor seinem Fenster.
»Wir müssen versuchen, hintern Kern der ganzen Sache zu kommen«, sagte Dr. von Blimenstein. Verkramp sah sie gehetzt an.
»Nicht dieses Wort«, schrie er. Frau Dr. von Blimenstein nahm das neue Symptom zur Kenntnis. »Analkomplex«, dachte sie und brachte den Luitenant in Panik, als sie ihn fragte, ob er irgendwelche homosexuellen Erfahrungen habe.
»Ja«, sagte Verkramp verzweifelt, als die Ärztin darauf bestand, das zu wissen.
»Möchtest du mir davon erzählen?«
»Nein«. sagte Verkramp, der immer noch nicht das Bild des Rugbystürmers Botha mit der blonden Perücke vergessen konnte. »Nein. Das möchte ich nicht.«
Frau Dr. von Blimenstein blieb hart.
»Wir werden gar nichts erreichen, wenn du dich nicht mit deinem Unterbewußtsein befreundest«, sagte sie zu ihm. »Du mußt mir gegenüber absolut offen sein.«
»Ja«, sagte Verkramp, der nicht nach Fort Rapier gekommen war, um irgend jemandem gegenüber offen zu sein.
Wenn Dr. von Blimenstein tagsüber den Eindruck hatte, daß der Sex die Ursache von Verkramps Zusammenbruch sei, so legte sein Verhalten in der Nacht eine andere Erklärung nahe. Während sie an seinem Bett saß und sich Notizen über sein Gestammel machte, bemerkte sie, daß ein ganz neues Bild zum Vorschein kam. Verkramp verbrachte große Teile seiner Nächte damit, von Bomben und Geheimagenten zu zetern, und war deutlich von der Zahl zwölf besessen. Wenn sie sich vor Augen führte, wie oft sie während der Sabotageakte zwölf Detonationen gezählt hatte, wunderte sie sich kaum, daß der Sicherheitschef von Piemburg von dieser Zahl verfolgt wurde. Andererseits erhielt sie aus Verkramps Schlafgerede den unwiderleglichen Eindruck, daß er zwölf Geheimagenten für sich hatte arbeiten lassen. Sie beschloß, ihn am Morgen über dieses neue Symptom zu befragen.
»Was sagt dir die Zahl zwölf?« fragte sie, als sie ihn am nächsten Tag besuchte. Verkramp wurde blaß und fing an zu zittern.
»Ich muß es wissen«, sagte sie. »Es geschieht nur zu deinem Besten.«
»Das sage ich nicht«, erwiderte Verkramp, der wußte, falls er überhaupt was wußte, daß es nicht zu seinem Besten sein konnte, wenn er ihr von der Zahl zwölf erzählte.
»Vergiß nicht, daß ich in meiner Eigenschaft als Ärztin frage«, sagte sie, »und daß alles, was du mir sagst, ein Geheimnis zwischen uns bleibt.«
Luitenant Verkramp
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