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Mohrenwäsche

Mohrenwäsche

Titel: Mohrenwäsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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stellen.
    »Ja«, sagte er, »Luitenant Verkramp hat alles in seiner Macht Stehende getan, um die Schwierigkeiten zu beenden.«
    »Gut«, sagte Dr. von Blimenstein hoffnungsvoll, »es freut mich, das von Ihnen zu hören. Sie verstehen, daß es wichtig ist, dem Patienten keinen Anlaß zu geben, sich schuldig zu fühlen. Balthasars Schwierigkeiten rühren vor allem aus einem eingefleischten Schuld- und Minderwertigkeitsgefühl. Und diese Gefühle wollen wir doch jetzt nicht noch verstärken, nicht wahr?«
    »Nein«, sagte der Kommandant, der nur zu gerne glaubte, daß die Schwierigkeiten Verkramps etwas mit Schuld zu tun hatten.
    »Also, wenn ich Sie recht verstehe, sind Sie absolut zufrieden mit seiner Arbeit und haben den Eindruck, daß er die Situation mit Geschick und einem außerordentlichen Maß an Gewissenhaftigkeit gemeistert hat. Ist das richtig?«
    »Absolut«, sagte der Kommandant, »er hätte es nicht besser machen können, selbst wenn er’s versucht hätte.«
    »In dem Fall, denke ich, ist es vollkommen in Ordnung, daß Sie ihn sprechen«, sagte Dr. von Blimenstein und schaltete das transportable Tonbandgerät auf ihrem Schreibtisch ab. Sie stand auf und schritt den Korridor hinunter, gefolgt vom Kommandanten, der allmählich das Gefühl hatte, auf ziemlich subtile Weise aufs Kreuz gelegt worden zu sein. Sie stiegen mehrere Treppen hinauf und gelangten in einen anderen Korridor. »Wenn Sie hier mal eben warten würden«, sagte die Ärztin. »Ich gehe schnell rein und sage ihm, daß Sie ihn sprechen möchten.« Und damit ließ sie den Kommandanten in einem kleinen Warteraum stehen und verschwand in Verkramps Zimmer.
    »Wir haben Besuch«, verkündete sie heiter, als Verkramp sich zitternd in seinem Bett verkroch.
    »Wer ist es denn?« fragte er matt.
    »Nur ein alter Freund«, sagte sie. »Er möchte dir bloß ein paar Fragen stellen. Kommandant van Heerden.«
    Verkramp nahm eine neue und furchtbare Blässe an.
    »Aber es besteht doch gar kein Grund zur Aufregung«, sagte Dr. von Blimenstein, setzte sich auf die Bettkante und ergriff seine Hand. »Du mußt Fragen nur beantworten, wenn du es willst.«
    »Also, ich will nicht«, sagte Verkramp mit Nachdruck.
    »Dann brauchst du’s auch nicht«, sagte sie und zog ein Fläschchen und ein Stück Zucker aus ihrer Tasche.
    »Was ist das?« fragte Verkramp ängstlich.
    »Etwas, das dir hilft, keine Fragen zu beantworten, mein Liebling«, sagte die Ärztin und steckte ihm das Zuckerstückchen in den Mund. Verkramp schluckte es runter und legte sich zurück.
    Zehn Minuten später wurde der Kommandant, der versuchte, trotz des langen Wartens bei Laune zu bleiben, indem er eine Autoillustrierte las, durch Schreie aufgeschreckt, die aus dem Korridor herüberschallten. Es hörte sich an, als mache ein Patient alle Qualen der Hölle durch.
    Dr. von Blimenstein kam ins Zimmer zurück. »Er ist jetzt bereit, Sie zu sehen«, sagte sie. »Aber ich möchte Ihnen dringend raten, sanft mit ihm umzugehen. Er hat heute einen seiner guten Tage, und wir wollen ihn doch nicht unnötig aufregen, nicht?«
    »Nein«, sagte der Kommandant, der sich über die wahnsinnigen Schreie hinweg verständlich zu machen versuchte. Die Ärztin schloß eine Tür auf, und der Kommandant spähte ängstlich in das Zimmer. Was er erblickte, ließ ihn eilig in den Flur zurückflüchten.
    »Kein Grund zur Beunruhigung«, sagte die Doktorin und schob ihn wieder in das Zimmer. »Stellen Sie ihm Ihre Fragen nur behutsam und regen Sie ihn nicht auf.« Sie verschloß die Tür hinter dem Kommandanten, und der sah sich plötzlich in einem kleinen Zimmer allein mit einem schreiend vor ihm Reißaus nehmenden Wesen, dessen Gesicht, als der Kommandant einen kurzen Blick darauf erhaschen konnte, einige Ähnlichkeit mit den Zügen Luitenant Verkramps hatte. Die dünne Nase, die stechenden Augen und das eckige Profil waren die des Stellvertreters des Kommandanten, aber damit hörte die Ähnlichkeit auch auf. Verkramp schrie nicht so, und eigentlich konnte sich der Kommandant nicht denken, was so schrie. Verkramp sabberte nicht so, Verkramp hastete nicht so zur Seite, und vor allem klammerte Verkramp sich nicht so an die Fenstergitter.
    Als sich der Kommandant entsetzt in eine Ecke an der Tür drückte, wußte er, daß seine Fahrt hierher umsonst gewesen war. Was ihn der Tag auch sonst gelehrt haben mochte, eines war sicher: Luitenant Verkramps Irrsinn war nicht zu bezweifeln.
    »Hu, hu, Schneemann Picker macht voll

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