Mohrenwäsche
Nigger«, kreischte Verkramp, sprang mit einem Satz von den Fenstergittern weg und verschwand immer noch schreiend unter dem Bett, um sogleich wieder darunter aufzutauchen und nach n Beinen des Kommandanten zu grapschen. Der Kommandant versetzte ihm einen Tritt, und Verkramp schoß quer durch das Zimmer und wieder an den Fenstergittern hoch. »Ich will hier raus«, schrie der Kommandant und sah sich mit einer so wahnsinnigen Wut gegen die Tür bummern, daß sie der Rage des Luitenant glich. Ein Auge beobachtete ihn durch das Guckloch in der Tür.
»Haben Sie ihm wirklich schon alle Fragen gestellt, die Sie auf dem Herzen hatten?« fragte Dr. von Blimenstein. »Ja, ja«, schrie der Kommandant verzweifelt. »Und es besteht kein Zweifel, daß Balthasar keine Verantwortung für das trifft, was passiert ist?«
»Verantwortung?« rief der Kommandant. »Natürlich ist er ohne jede Verantwortung.« Die Frage schien ihm völlig unnötig.
Frau Dr. von Blimenstein schloß die Tür auf, und der Kommandant taumelte in den Korridor. Hinter ihm hing Verkramp immer noch am Fenster und schnatterte Unverständliches, während seine Augen mit einer Heftigkeit leuchten, daß der Kommandant keinen Zweifel mehr hatte, daß dies ein Zeichen unheilbaren Wahnsinns sei. »Einer seiner guten Tage«, sagte die Ärztin, verschloß die Tür und ging in ihr Büro zurück.
»Was sagten Sie vorhin, was ihm fehlt?« fragte der Kommandant und überlegte, wie wohl Verkramps schlechte Tage aussähen.
»Eine leichte Depression infolge von Überarbeitung.«
»Großer Gott«, sagte der Kommandant, »ich hätte nicht gedacht, daß das was Leichtes wäre.«
»Ach, aber dann haben Sie keine Ahnung von Geisteskrankheiten«, sagte die Ärztin. »Das ist echt wieder mal Laienverstand.«
»Malaienverstand? Das würde ich nicht sagen«, sagte der Kommandant. »Meinen Sie, daß er wieder gesund wird?«
»Absolut«, sagte die Ärztin. »In ein paar Tagen ist er wieder gesund und munter wie ein Füllen auf der Weide.«
Kommandant van Heerden hörte sich ergeben ihre fachmännische Meinung an und dankte ihr mit einer Höflichkeit für ihre Hilfe, die der Überzeugung entsprang, daß sie es trotzdem mit einem hoffnungslosen Fall zu tun habe.
»Wenn ich mal irgendwas für Sie tun kann«, sagte sie zu ihm, »dann rufen Sie mich ohne Bedenken an.«
Mit einem stummen Gebet, daß er das nie nötig haben möge, verließ der Kommandant das Sanatorium. In seinem Zimmer setzte Luitenant Verkramp seinen Trip fort. Er hatte das erste Mal LSD geschluckt.
13
Wenn der Besuch in der Irrenanstalt Fort Rapier Kommandant van Heeren neue und schreckliche Einsichten in die irrationalen Tiefen der menschlichen Psyche vermittelt hatte, dann tat der nächste Punkt auf seiner Tagesordnung nichts, um bei ihm den Eindruck zu verwischen, daß sich während seiner Abwesenheit jedermann in Piemburg zum Schlechten verändert hatte. Natürlich waren die sechsunddreißig Gestalten, die aus den Zellen wankten, um des Kommandanten aufrichtige Entschuldigungen und Ausdrücke des tiefsten Bedauerns entgegenzunehmen, nicht mehr die aufrechten und imponierenden öffentlichen Erscheinungen, die sie vor vierzehn Tagen gewesen waren. Der Bürgermeister, den der Kommandant als ersten zu sehen beschlossen hatte, war nicht imstande, dieses zu erwidern. Seine Augen waren geschwollen und schwarz, weil, wie der Sicherheitsbeamte dem Kommandanten mitteilte, der Häftling seinen Kopf gegen die Zellentürklinke gerammt habe. Da die Zellen keine Türklinken hatten, hörte sich die Erklärung nicht sehr plausibel an. Der Rest des Bürgermeisters war in keinem viel besseren Zustand. Er hatte acht Tage hintereinander mit einem Sack über dem Kopf aufrecht stehen müssen, und man hatte ihm nicht erlaubt, seine persönlichen Verrichtungen, ganz zu schweigen von seinen öffentlichen, in einer Art und Weise durchzuführen, wie sie seinem Amt angestanden hätten. So kam es, daß er von oben bis unten mit Dreck beschmiert war und in dem Wahn lebte, er habe bei einem Bürgermeisterbankett den Vorsitz.
»Das ist ein äußerst bedauerlicher Vorfall«, begann der Kommandant, der sich ein Taschentuch vor die Nase hielt.
»Ich habe die Ehre, heute hier in dieser erlauchten Versammlung zu sein«, murmelte der Bürgermeister.
»Ich möchte Ihnen meine…«, sagte der Kommandant.
»…aufrichtigen Glückwünsche zu…«, unterbrach der Bürgermeister.
»… dieser unverantwortlichen Tat aussprechen«, sagte der
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