Molly Becker 01 - Hilfe, ich bin reich
Irrtum handeln, ich kann gar nicht im Minus sein. Ich hatte doch noch eine ordentliche Reserve!
Hastig nehme ich die Kontoauszüge und blättere sie durch. Was sind denn das alles für Ausgaben? Okay, an diese ganzen Hilfsorganisationen ging schon eine Menge, dann waren da die Fünfzigtausend für die beiden Minis, und an Hofstätters Bank habe ich auch noch einmal zehntausend überwiesen, um mein Konto abzudecken, ein paar Mal habe ich Geld abgehoben und mit der Karte eingekauft …
Je weiter ich blättere, desto mehr wird mir klar, dass die sich nicht geirrt haben. Unfassbar, ich habe es innerhalb kürzester Zeit geschafft, auch dieses Konto ins Minus zu manövrieren.
Mir bricht der kalte Schweiß aus. Womit soll ich denn das jetzt bezahlen? Und ich brauche ja auch noch Geld für die nächsten Monate, im Moment verdiene ich noch zu wenig, um die laufende Miete für das Haus und meine anderen Ausgaben zu bestreiten.
»Was hast du denn, Molly?«, fragt Lissy besorgt. »Schlechte Nachrichten?«
»Oh … äh … nein … das ist bloß Werbung.« Ich schiebe hastig alles wieder in den Umschlag zurück und zerreiße ihn sicherheitshalber gleich.
»Wirklich? Du bist ja plötzlich ganz bleich, und du schwitzt.«
»Das ist mein Kreislauf. Am Morgen dauert es immer ein bisschen, bis ich auf Touren komme. Am besten trinke ich noch einen Kaffee.« Ich nehme meine Tasse und kippe mir gleich den ganzen Inhalt in den Mund. Autsch, ist der heiß!
Ah, ich hab’s. Gottlieb muss noch einmal zu Frederic traben (da, schon wieder: Ich denke an Frederic und fühle nichts !) und einfach für hunderttausend Euro Anteile verkaufen. Genau, das ist die Lösung. Ist doch völlig egal, ob ich eins Komma zwei Millionen oder eine Million und einhunderttausend innerhalb der nächsten drei Jahre verdopple, nicht wahr?
Gut, dass mir das eingefallen ist, jetzt geht’s mir gleich wieder besser. Alles im Griff. Ich atme erleichtert aus und fächle mir kühle Luft in den Mund, der noch immer von dem heißen Kaffee brennt.
»Geht’s wieder?« Lissy mustert mich immer noch prüfend.
»Klar, alles bestens«, versichere ich ihr.
»Das ist gut, weil … Tessa und ich wollten noch etwas anderes mit dir besprechen«, sagt sie zögerlich.
»Ja? Was denn?«
»Also, das mit der Mode … Wir haben uns überlegt, dass es vielleicht doch nicht so gut ist, wenn wir die Sachen übers Internet verkaufen …«
Ach, darum geht es. Sie können sich nicht von all den schönen Sachen trennen. Das verstehe ich natürlich, und die Idee war ja eigentlich auch, dass sie letztendlich doch alles behalten können. Dann werde ich mir schnell etwas ausdenken. Am besten sage ich, dass der Lieferant, von dem ich die Sachen bezogen habe, mir eine längere Zahlungsfrist eingeräumt hat, und nach ein paar Wochen könnte ich …
»… viel klüger wäre es nämlich, wenn wir gleich unsere eigene Boutique aufmachen und das Ganze im großen Stil aufziehen. Was hältst du davon?«
Die beiden beäugen mich in neugieriger Erwartung.
»Unsere eigene Boutique?«, wiederhole ich ungläubig.
»Genau«, mischt sich jetzt auch Tessa eifrig in das Gespräch ein. »Überleg doch mal, Molly: Mit deinen Einkaufspreisen können wir die Sachen wesentlich günstiger anbieten als die anderen Modehäuser. Die machen wir platt, und so ganz nebenbei verdienen wir uns auch noch dumm und dämlich dabei.«
Meine Einkaufspreise? Ja, sicher, das wären dann die Verkaufs preise von denen, die wir plattmachen wollen.
»Das … ja, das klingt nicht schlecht«, würge ich hervor. »Aber so etwas darf man nicht überstürzen, wir bräuchten dazu erst einmal ein Ladenlokal …«
»Haben wir schon«, verkündet Tessa triumphierend. »Papi hat letzte Woche ein Haus in der Innenstadt gekauft, in dem ist ein Lokal frei. Genau das, was wir brauchen.«
»Aber wir müssten noch alles einrichten, und überhaupt …«, stammle ich.
»Natürlich bräuchten wir ein bisschen Startkapital«, übernimmt Lissy. »Aber Tessas Vater hat gemeint, er könnte uns am Anfang unter die Arme greifen, da seine Geschäfte dank deiner Betreuung in letzter Zeit so gut laufen. Wir müssten uns dann nur noch einen guten Namen ausdenken …«
»›Tessas Boutique‹ zum Beispiel«, wirft Tessa mit leuchtenden Augen ein.
»… und natürlich müssten wir am Anfang eine Werbekampagne starten«, fährt Lissy mit einem genervten Seitenblick auf Tessa fort. Sie nimmt die Zeitung vom Tisch. »Wir dachten da an kleine Inserate
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