Molly Becker 01 - Hilfe, ich bin reich
einfällt.« Sie guckt wieder nach draußen. »Jetzt hat er das Fernglas wieder weggelegt.«
»Siehst du?«, sage ich. »Wahrscheinlich wird er sowieso gleich wieder fahren.«
»Hm, ich weiß nicht, sieht nicht danach aus«, meint Lissy skeptisch.
»So, dann wollen wir mal.« Tessa ist wieder da. Sie hat sich einen Pareo um die Hüften geschlungen, und an ihrer rechten Hand trägt sie einen Gummihandschuh.
»Was hast du denn vor?«, fragt Lissy.
»Der Kerl klebt doch an Molly, nicht wahr?«, antwortet Tessa mit kampfeslustigem Blick. »Jetzt werde ich ihm mal demonstrieren, wie das ist, wenn man wirklich an etwas festklebt.«
»Sei bloß vorsichtig«, sagt Lissy.
»Tessa, nein!«, rufe ich noch, aber da ist sie schon zur Tür hinaus. Mit angehaltenem Atem beobachten wir, wie sie die Straße überquert und geradewegs auf Hofstätter zusteuert. Der schaut überrascht, dann wechseln sie durch sein offenes Seitenfenster ein paar Worte, und schließlich – schütteln sie sich die Hände.
Aber nur kurz, denn im nächsten Moment reißt Hofstätter seine Hand wieder von Tessas los, starrt erschrocken darauf und zieht sie ins Wageninnere zurück.
Fassungslos sehen wir, wie Tessa sich umdreht und wieder ins Haus zurückflitzt. Wir hören, wie die Tür ins Schloss fällt und Tessa sie abschließt. Hofstätter scheint ihr etwas nachzurufen und … hüpft jetzt ganz merkwürdig in seinem Wagen herum.
»Mein Gott, Tessa, was hast du getan?«, frage ich, als sie wieder das Wohnzimmer betritt.
Sie lächelt stolz, während sie mit spitzen Fingern den Handschuh von ihrer Rechten zieht. »Na, was wohl? Ich habe ihm eine Lektion erteilt.«
»Wie denn?«, fragt Lissy.
»Ich habe zu ihm gesagt ›Hi, ich bin Tessa‹«, erklärt sie.
»Und weiter?«
»Dann habe ich ihm meine Hand hingehalten, und er hat sie ganz automatisch geschüttelt.«
»Und dann?«
»Dann hat er das getan, was jeder tut, wenn er plötzlich etwas Glibberiges auf seiner Hand spürt«, sagt Tessa mit triumphierendem Blick. »Er hat sie sich an seiner Hose abgewischt.«
Lissy und ich wechseln einen ratlosen Blick.
»Und dann hat er gelernt, warum Sekundenkleber Sekundenkleber heißt«, ergänzt Tessa schadenfroh.
»Du meinst … er hat sich an seiner eigenen Hose festgeklebt?«, hauche ich fassungslos.
»Genau. Und dann habe ich ihm noch gesagt, dass er dich gefälligst in Ruhe lassen soll.« Sie streift sich die Hände ab, als hätte sie etwas ganz Großartiges vollbracht. »Ich denke, der hat fürs Erste genug. Oder wie seht ihr das?«
Ein paar wortlose Sekunden lang starren wir alle drei auf Hofstätter, der anscheinend verzweifelt versucht, seine Hand wieder von der Hose loszubekommen.
»Das wird mir jetzt alles ein bisschen zu viel«, murmle ich. »Ich verschwinde. Versprecht mir, dass ihr diesen Mann – er heißt übrigens Hofstätter – nicht hereinlasst, und falls er anruft, legt ihr am besten gleich wieder auf, okay?«
»Wo willst du denn hin?«, fragt Lissy erstaunt. »Zu Frederic?«
»Nein«, sage ich. »Nicht zu Frederic. Ich muss jetzt irgendwohin, wo ich meine Ruhe habe, wo ich abschalten kann … und nachdenken und so.«
Monster-Molly
Ehrlich gesagt hatte ich schon bessere Wochenenden.
Ich meine, natürlich war es gut. Bei meinen Eltern ist es immer irgendwie gut. Sie haben ein gemütliches Häuschen auf dem Land, und sobald man es betritt, umfängt einen gleich der Duft von Lavendel und Apfelkuchen. Sie haben sich riesig gefreut, als ich am Freitagabend ganz unerwartet bei ihnen auftauchte, aber natürlich machten sie sich auch Sorgen, dass ich vielleicht Probleme hätte und deswegen bei ihnen auf der Matte stand. Was ich natürlich sofort abstritt, aber Menschen, die einen geboren und großgezogen haben, kann man nicht so leicht täuschen. Es dauerte keine zehn Minuten, bis ich ihnen gestand, ein kleines Geldproblem zu haben (seltsamerweise schienen sie gar nicht besonders überrascht zu sein), und es zerriss mir fast das Herz, als Mami mich tröstend in die Arme nahm und Papi mit betrübter Miene fragte, wie viel ich denn diesmal bräuchte. In diesem Moment stand ich nur einen Millimeter vor dem totalen Geständnis, aber zum Glück meldete sich gleich wieder Erich Fortunatus’ mahnende Stimme in meinem Hinterstübchen.
Es ist nämlich so: Paps könnte ich mein Geheimnis anvertrauen. Er ist der ehrlichste und zuverlässigste Mensch, den ich kenne. Bleibt nur das Problem, dass, sobald ich ihm von meinem Gewinn erzähle,
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