Molly Becker 01 - Hilfe, ich bin reich
wohl eine Werbeaktion sein. Jedenfalls sind da Äpfel drinnen, und Birnen … die brauche ich für die Nacht, falls mich der Heißhunger packt.«
»Äpfel und Birnen?« Lissy scheint sich mit meiner Antwort nicht zufriedengeben zu wollen.
»Genau, Äpfel und Birnen«, beharre ich trotzig. »Mir ist Essen eben lieber als Holz schlichten.«
Eine Sekunde lang starren wir uns an und wissen beide nicht, was wir sagen sollen.
»Okay, ich bringe dann mal die Sachen hoch«, murmle ich schließlich.
»Gut, und ich bringe Manfred zur Tür«, meint Lissy.
Als wir uns wenig später wieder im Wohnzimmer treffen, ist die Atmosphäre zum Knistern angespannt. Lissy hockt auf dem Sofa und guckt eine Talkshow, in der gerade Madonna interviewt wird, und ich sehe im Stehen eine Weile zu. Dann nähere ich mich möglichst unauffällig dem Fenster und werfe einen Blick hinaus. Mist. Hofstätter, dieser Oberstreber, sitzt immer noch in seinem Wagen und beobachtet das Haus. Obwohl er mich durch die Gardinen nicht sehen kann, zucke ich unwillkürlich zurück.
»Was hast du denn?« fragt Lissy, die das bemerkt hat.
»Nichts, gar nichts«, sage ich schnell.
Lissy mustert mich prüfend. »Da war doch was. Du hast nach draußen geguckt und dich erschrocken.« Ehe ich noch antworten kann, steht sie neben mir und späht in dieselbe Richtung wie ich vorhin.
Ausgerechnet in dem Moment zückt Hofstätter ein Fernglas und richtet es auf das Haus.
»Wer ist das denn?«, fragt Lissy mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Wen meinst du?«, frage ich scheinheilig zurück.
»Dieser Mann da. Der beobachtet doch unser Haus. Bist du deswegen so verängstigt?«
»Nein, natürlich nicht.«
In diesem Moment kommt Tessa herein. »Hi, Leute!«, sagt sie. »Wer kommt mit in den Pool?« Sie trägt einen superknappen blauen Bikini. »Was habt ihr denn?«, fragt sie, als sie unsere betretenen Blicke bemerkt. Sie sieht an sich herab. »Findet ihr, ich bin zu fett dafür?«
»Nein, Tessa, natürlich nicht«, sagt Lissy aufgeregt. »Der Bikini steht dir super. Aber da draußen ist ein Kerl, der unser Haus beobachtet.«
»Tatsächlich?« Tessa stellt sich neben uns. »Vielleicht ein potenzieller Käufer?«
»Der würde es wohl kaum mit dem Fernglas beobachten, sondern anklingeln«, wendet Lissy ein. »Abgesehen davon steht es ja gar nicht mehr zum Verkauf, seit Mollys Chefin es will. Und außerdem …«, sie wirft mir einen prüfenden Blick zu, »… kommt es mir komisch vor, dass Molly sich so erschrocken hat, als sie den Typen im Auto gesehen hat.«
Tessa zieht die Augenbrauen zusammen. »Kennst du den Mann etwa, Molly?«
»Nein, natürlich nicht«, sage ich eine Spur zu hastig, und sofort nehmen mich beide ins Visier.
Meine Verteidigung zerbröselt binnen Sekundenbruchteilen wie ein Reiskeks unter einem Vorschlaghammer. »Okay, ich kenne ihn«, gestehe ich.
»Woher denn?«, fragt Lissy.
»Von … meiner Bank. Ich glaube, er interessiert sich für mich, er hat mich ein paar Mal angerufen und will sich mit mir treffen.«
Lissy schlägt sich die Hand vor den Mund. »Ach du meine Güte. Ein Stalker!«
»Nein, so würde ich ihn nicht nennen«, versuche ich sie sofort zu beschwichtigen. »Er hat sich einfach nur in mich verguckt, aber ich bin mir sicher, dass er es bald wieder aufgibt.«
»Molly, das darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen«, mischt sich jetzt auch Tessa mit strengem Blick ein. »Bei solchen Typen kann das zur Besessenheit werden, und irgendwann steht er in deinem Badezimmer, oder du findest das Kaninchen deiner Tochter im Kochtopf.«
»Ich habe aber weder eine Tochter noch ein Kaninchen.«
»War ja auch nur ein Beispiel.«
»Am besten rufen wir die Polizei«, schlägt Lissy vor.
»Nein, keine Polizei«, jaule ich. »Ich bin mir sicher, dass dieser Mann harmlos ist. Wir sollten ihn einfach ignorieren, bis er es aufgibt.«
»Polizei bringt da nichts«, springt Tessa mir bei, und ich atme auf. »Besser, wir bitten Manfred, dass er ihn verprügelt, und dann soll er sagen …«
»Bloß nicht!«, falle ich ihr erschrocken ins Wort. »Manfred darf ihn nicht anrühren, hörst du?«
»Aber irgendetwas müssen wir doch unternehmen«, sagt Lissy.
»Ich hab’s!«, ruft Tessa plötzlich, und ehe ich noch etwas sagen kann, sprintet sie die Treppe hoch.
»Was hat sie denn vor?«, frage ich alarmiert.
»Keine Ahnung«, meint Lissy achselzuckend. »Aber sie hat recht, wir sollten irgendwas tun. Wer weiß, was diesem Kerl sonst noch
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