Moloch
willst?«
»Sicher, sicher, es ist doch gar kein Thema, dass ich dir helfen werde. Aber deinem Aussehen nach zu urteilen, brauchst du vor allem einen Tag im Diggorys Dampfbad, ein Heer von Kosmetikerinnen, eine Kauforgie beim Herrenausstatter Kobek, und zu alledem auch noch einen gemütlichen Job in der Copperknob-Verwaltung. Und ich glaube nicht, dass ich mehr bezahlen kann als die Handtuchgebühr bei Diggory.«
»Vergiss mein Aussehen, verdammt! Ich sage dir, ich falle dir heute nur zur Last, weil Milagra in schlechter Verfassung ist!«
»Was ist denn mit ihr? Befriedigst du sie im Bett nicht genügend? Ich kann mich erinnern, wie sie an dem Abend ständig hinter mir her war und Trost bei mir suchte…«
»Mach nur Witze. Aber die werden nichts daran ändern, dass Milagra jetzt an der Nadel hängt und seit Tagen keinen Schuss mehr bekommen hat.«
Diego sank in seinem Sessel zusammen. »Nein! Wie… wie konnte denn das geschehen?«
Zohar zuckte wie in sein Schicksal ergeben mit den Schultern. »Wie geschieht so was denn normalerweise? Sie hat’s probiert, es hat ihr gefallen, und wenig später konnte sie nicht mehr ohne das Zeugs leben.«
»Ich… ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich habe noch nie jemanden kennen gelernt, der überhaupt mal Heroin versucht hat.«
»Tja, dann kennst du ja jetzt jemanden. Glaub mir, es ist nichts, worauf du dir etwas einbilden kannst.«
»Bist du auch abhängig?«
»Nein, den Fischerinnen sei Dank! Aber ich glaube, du irrst dich, wenn du meinst, dass du keinen anderen Junkie kennst. Du bist doch mit diesem Musiker befreundet, Prague, stimmt’s?«
»Ja, aber willst du damit etwa sagen…«
»Jedenfalls hat mein Kontaktmann mir etwas in der Art erzählt. Ich hoffe, du bringst mich zu deinem Freund und er verkauft mir genug Stoff, damit Milagra es ein paar Tage lang aushält.«
Diego legte den Kopf schräg und kratzte sich gedankenverloren, als könne er diese Neuigkeit so besser verarbeiten, dann fragte er: »Und dein Kontaktmann… warum liefert er dir keinen Stoff?«
»Der Stoff kommt mit dem Zug oder dem Schiff, aber es hat seit Wochen keine Lieferung mehr gegeben.«
»Kannst du nicht einfach mit der U-Bahn zur Quelle fahren, wo immer die auch ist?«
Zohar lachte verbittert auf. »Zur Quelle! Wo mag sich die wohl befinden? In welcher Gemeinde? Wie viele Millionen Blocks entfernt? Ich weiß so wenig, wo die Quelle ist, wie du weißt, woher dein Schreibmaschinenpapier kommt! Wer stellt unsere Kleidung her, in welchem Block werden das Vieh, die Schafe und die Hühner gehalten? Welche Gemeinde liefert Gemüse und Wein, Schuhe und Lippenstift? Alle Waren kommen mit dem Zug oder dem Schiff her, und wir nehmen sie freudig an. Wir sind bereit, einen gelegentlichen Engpass hinzunehmen, damit uns der Luxus erhalten bleibt, nichts selbst vor Ort produzieren zu müssen. Aber das System überlässt uns der Gnade dieser unbekannten Lieferanten, und deren Launen töten im Augenblick meine Geliebte.«
Diego erhob sich. »Schon gut, schon gut. Du musst mir keinen Vortrag über Makro-Ökonomie zu halten. Ich bin ein professioneller Kosmogonischer Autor! Ich weiß, wie verrückt unsere Welt ist, wie viele unerforschte Mysterien es gibt. Und dabei erfinde ich schon vor dem Frühstück ein ganzes Dutzend Welten, die noch fremdartiger sind. Komm, lass uns Rumbold Prague einen Besuch abstatten.«
Bis weit in den Nachmittag waren sie damit beschäftigt, alle Orte aufzusuchen, an denen sich der Musiker für gewöhnlich aufhielt. Beim Studio des Radiosenders, wo oft Pragues Livesendungen entstanden, gerieten sie an einen gewissenhaften jungen Ingeniator, der ihnen einen Vortrag über irgendwelche Verbesserungen an der Ausrüstung halten wollte, die irgendeine abstruse atmosphärische Grenze überwinden sollte, damit der Sender sich auf eine Reichweite von mehr als hundert Blocks ausweiten konnte. Diego und Zohar entkamen dem Gerede des Langweilers nur mit Mühe, dann steuerten sie ein neues Ziel an: die Bar Corcorvado mit ihren exotischen Gästen. Von dort ging es weiter zum Apartment des Trompetenspielers in Gritsavage-875, gleich über Mocko Bosefus’ Delikatessen. Doch nirgends war ein Lebenszeichen des Mannes zu finden.
Bei ihrem letzten Zwischenstopp kehrten die beiden bei Bosefus ein, da sie dringend etwas essen mussten: Sandwiches mit heißem Corned-Beef und Sauerkraut. Diego bezahlte für Zohar mit. Da sie keine Spur von dem verschwundenen Schwarzen entdecken konnten, blieb
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