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Moloch

Titel: Moloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville , Michael Moorcock , Paul di Filippo , Geoff Ryman
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Friseursalon, einem Blumenladen und einer Zigarrenhandlung vorbei, dann bogen sie nach Gleiswärts in die Querstraße ein, die die Bezeichnung Gritsavage-835 trug.
    Jedes Gebäude in der Linearen Stadt grenzte an den Broadway und reichte in voller Länge bis zu den Gleisen oder bis zum Fluss. Es gab entlang den Querstraßen keine in zweiter Reihe stehende Gebäude, keine passierbaren Gassen oder Gänge, die die aneinander grenzenden Häuser voneinander trennte, nicht einmal schmale Luftschächte. Natürlich waren an jeder Querstraße, die einen Block definierte, die Außenmauern der flankierenden Gebäude zu sehen. Diese Mauern waren mit Plakaten und Handzetteln beklebt und stellten die vorrangige Werbefläche in der Stadt dar. Jede Querstraße wirkte wie ein Katarakt aus Versprechungen und Verlockungen, ein Palimpsest aus lockenden Bildern und Worten.
    Auf der Gritsavage-835 waren die Zwillingsgebäude von mittlerer Höhe und maßen jeweils um die drei bis vier Stockwerke. Das Erdgeschoss und ein Teil der ersten Etage waren übersät mit alten Wahlplakaten, Werbung für erstklassige Medikamente, Ankündigungen von Theateraufführungen und den Werbeversprechen diverser Zeitschriften- und Buchverlage, Gürtler und Möbelhändler. Zwar drang die im Sinken begriffene Tagsonne im Moment nicht bis hierher vor, doch die ebenfalls sinkende Jahreszeitensonne direkt vor ihnen spendete Diego und Zohar immer noch Licht und ließ die beiden nur je einen Schatten werfen, während es zu anderen Zeiten am Tag stets zwei waren.
    Durch diese Querstraße – so wie durch viele, die Gleiswärts führten – schob gut ein halbes Dutzend Straßenkehrer ihre mit den Resten und dem Abfall der Stadt beladenen Karren mit den großen Rädern und den mit Holzlatten beschlagenen Seiten vor sich her. Die Männer trugen eine Uniform aus Latzoveralls aus schwerem dunklem Stoff und kniehohen Gummistiefeln. (Beim Anblick dieser Stiefel musste Diego an Volusias Uniform denken.) Auf den Wagen fand sich jede erdenkliche Art von Müll, von Küchenresten bis zu zerbrochenen Lampen, von gebündelten Zeitungen bis zu toten Tauben, von zerschlagenem Geschirr bis zu Ratten mit gebrochenem Genick. Wie ein Mann bewegten sich die Straßenkehrer weiter auf die Gleise zu.
    Diego, der mit Zohar der stinkenden, stummen Prozession folgte, verschlug es mit einem Mal die Sprache. Ihm war, als wäre er zufällig Teilnehmer bei einem Trauermarsch geworden, dessen Verstorbener ihm nicht bekannt war. Zohar dagegen schien sich nicht an der Gesellschaft der Straßenkehrer zu stören.
    »Wir sind bald da, Dee. Nur noch ein kleines Stück.«
    Die Querstraße endete so wie jede nach Gleiswärts führende an einem Streifen aus ölgetränkter Asche, Schotter und schroffen Steinen. Ein paar Schritt weiter verliefen die eigentlichen Gleise. An der Rückseite vieler gewerblicher Gebäude fanden sich Rampen, die sich von breiten Türen aus in Richtung der Gleise erstreckten, um ein müheloses Entladen der Waren aus den Güterwaggons zu erlauben.
    An dieser Stelle der Gleise war dafür gesorgt worden, dass man sie mit Karren leicht überqueren konnte: Eine nur sanft ansteigende Holzrampe reichte hinauf bis auf Gleisniveau, ohne die Gleise allerdings zu berühren. Zwischen den Gleisen und auch dahinter wurde die dreigeteilte Rampe fortgesetzt. Nachdem die Straßenkehrer in Richtung Downtown gesehen hatten, ob in weiter Ferne ein Zug auszumachen war, schoben sie ihre Wagen über die Gleise. Einer nach dem anderen polterten sie über die Rillen.
    Nun standen sie genau genommen Jenseits der Gleise, aber das Reich der Bullen, das unergründliche Zuhause der Pompaten, lag noch viel weiter entfernt jenseits der kargen Ebene, getrennt durch mehr als nur räumliche Distanz.
    Zohar eilte an den langsamen Wagen vorbei und betrat den gewaltigen, dampfenden Misthaufen, der sich so weit erstreckte, wie das Auge reichte. Diego folgte ihm zügig in das warnende Zwielicht.
    Sie bahnten sich ihren Weg durch das stinkende Labyrinth, bis hinter einer Biegung schließlich eine Hütte auftauchte, die aus einer verwirrenden Fülle an verschiedenen Materialien gebaut war und die dem Traum eines Trinkers entsprungen zu sein schien.
    Die Blechtür hing an Scharnieren aus Lederbändern. Zohar öffnete sie und schlurfte weiter. Diego zog den Kopf ein wenig ein und ging hinterher.
    Eine Kerosinlaterne erwachte zu bernsteinfarbenem Leben. Diego musste nur einmal den Blick kreisen lassen, um die gesamte

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