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Momo

Momo

Titel: Momo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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du mir sonst für das wertlose Stück Zeitungspapier mein Radio abnehmen, he?“
„Und wieso hast du von dem Geld gewußt?“
„Ich hab' gesehen, wie es zwei Abende vorher ein Gast als Opfergabe für den heiligen Antonius dort hineingesteckt hat.“ Nino biß sich auf die Lippen. „War es viel?“
„Nicht mehr und nicht weniger, als mein Radio wert war“, antwortete Nicola.
„Dann geht unser ganzer Streit“, meinte Nino nachdenklich, „eigentlich bloß um den heiligen Antonius, den ich aus der Zeitung ausgeschnitten habe.“
Nicola kratzte sich am Kopf. „Eigentlich ja“, brummte er, „du kannst ihn gern wiederhaben, Nino.“
„Aber nicht doch!“ antwortete Nino würdevoll. „Getauscht ist getauscht! Ein Handschlag gilt unter Ehrenmännern!“ Und plötzlich fingen beide gleichzeitig an zu lachen. Sie kletterten die steinernen Stufen hinunter, trafen sich in der Mitte des grasbewachsenen runden Platzes, umarmten einander und klopften sich gegenseitig auf den Rücken. Dann nahmen sie beide Momo in den Arm und sagten: „Vielen Dank!“
Als sie nach einer Weile abzogen, winkte Momo ihnen noch lange nach. Sie war sehr zufrieden, daß ihre beiden Freunde nun wieder gut miteinander waren.
Ein anderes Mal brachte ihr ein kleiner Junge seinen Kanarienvogel, der nicht singen wollte.
Das war eine viel schwerere Aufgabe für Momo. Sie mußte ihm eine ganze Woche lang zuhören, bis er endlich wieder zu trillern und zu jubilieren begann.
Momo hörte allen zu, den Hunden und Katzen, den Grillen und Kröten, ja, sogar dem Regen und dem Wind in den Bäumen. Und alles sprach zu ihr auf seine Weise.
An manchen Abenden, wenn alle ihre Freunde nach Hause gegangen waren, saß sie noch lange allein in dem großen steinernen Rund des alten Theaters, über dem sich der sternenfunkelnde Himmel wölbte, und lauschte einfach auf die große Stille. Dann kam es ihr so vor, als säße sie mitten in einer großen Ohrmuschel, die in die Sternenwelt hinaushorchte.
Und es war ihr, als höre sie eine leise und doch gewaltige Musik, die ihr ganz seltsam zu Herzen ging – In solchen Nächten hatte sie immer besonders schöne Träume. Und wer nun noch immer meint, zuhören sei nichts Besonderes, der mag nur einmal versuchen, ob er es auch so gut kann.

DRITTES KAPITEL:   Ein gespielter Sturm und ein wirkliches Gewitter

Es versteht sich wohl von selbst, daß Momo beim Zuhören keinerlei Unterschied zwischen Erwachsenen und Kindern machte. Aber die Kinder kamen noch aus einem anderen Grund so gern in das alte Amphitheater. Seit Momo da war, konnten sie so gut spielen wie nie zuvor. Es gab einfach keine langweiligen Augenblicke mehr. Das war nicht etwa deshalb so, weil Momo so gute Vorschläge machte. Nein, Momo war nur einfach da und spielte mit. Und eben dadurch – man weiß nicht wie – kamen den Kindern selbst die besten Ideen. Täglich erfanden sie neue Spiele, eines schöner als das andere.
Einmal, an einem schwülen, drückenden Tag, saßen etwa zehn, elf Kinder auf den steinernen Stufen und warteten auf Momo, die ein wenig ausgegangen war, um in der Gegend umherzustreifen, wie sie es manchmal tat. Am Himmel hingen dicke schwarze Wolken.
Wahrscheinlich würde es bald ein Gewitter geben.
„Ich geh' lieber heim“, sagte ein Mädchen, das ein kleines Geschwisterchen bei sich hatte, „ich hab' Angst vor Blitz und Donner.“
„Und zu Hause?“ fragte ein Junge, der eine Brille trug, „hast du zu Hause vielleicht keine Angst davor?“
„Doch“, antwortete das Mädchen.
„Dann kannst du genausogut hier bleiben“, meinte der Junge. Das Mädchen zuckte die Schultern und nickte. Nach einer Weile sagte sie: „Aber Momo kommt vielleicht gar nicht.“
„Na und?“ mischte sich nun ein Junge ins Gespräch, der etwas verwahrlost aussah.
„Deswegen können wir doch trotzdem irgendwas spielen - auch ohne Momo.“
„Gut, aber was?“
„Ich weiß auch nicht. Irgendwas eben.“
„Irgendwas ist nichts. Wer hat einen Vorschlag?“
„Ich weiß was“, sagte ein dicker Junge mit einer hohen Mädchenstimme, „wir könnten spielen, daß die ganze Ruine ein großes Schiff ist, und wir fahren in unbekannte Meere und erleben Abenteuer. Ich bin der Kapitän, du bist der Erste Steuermann, und du bist ein Naturforscher, ein Professor, weil es nämlich eine Forschungsreise ist, versteht ihr? Und die anderen sind Matrosen.“
„Und wir Mädchen, was sind wir?“
„Matrosinnen. Es ist ein Zukunftsschiff.“
Das war ein guter Plan! Sie versuchten

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