Momo
verleumdet! Ich hab' ihn nur beim Kragen genommen und in die Spülwasserpfütze hinter seiner Spelunke geschmissen. Da drin kann nicht mal eine Ratte ersaufen.“ Und wieder zu Nino gewandt, schrie er: „Leider lebst du ja auch noch, wie man sieht!“
Eine Zeitlang gingen die wildesten Beschimpfungen hin und her und Momo konnte nicht schlau daraus werden, worum es überhaupt ging und weshalb die beiden so erbittert aufeinander waren. Aber nach und nach kam heraus, daß Nicola diese Schandtat nur begangen hatte, weil Nino ihm zuvor in Gegenwart einiger Gäste eine Ohrfeige gegeben hatte. Dem war allerdings wieder vorausgegangen, daß Nicola versucht hatte, Ninos ganzes Geschirr zu zertrümmern.
„Ist ja überhaupt nicht wahr!“ verteidigte sich Nicola erbittert. „Einen einzigen Krug hab' ich an die Wand geschmissen, und der hatte sowieso schon einen Sprung!“
„Aber es war mein Krug, verstehst du?“ erwiderte Nino. „Und überhaupt hast du kein Recht zu so was!“
Nicola war durchaus der Ansicht, in gutem Recht gehandelt zu haben, denn Nino hatte ihn in seiner Ehre als Maurer gekränkt. „Weißt du, was er über mich gesagt hat?“ rief er Momo zu. „Er hat gesagt, ich könne keine gerade Mauer bauen, weil ich Tag und Nacht betrunken sei. Und sogar mein Urgroßvater wäre schon so gewesen, und er hätte am Schiefen Turm von Pisa mitgebaut!“
„Aber Nicola“, antwortete Nino, „das war doch nur Spaß!“
„Ein schöner Spaß!“ grollte Nicola. „Über so was kann ich nicht lachen.“
Es stellte sich jedoch heraus, daß Nino damit nur einen anderen Spaß Nicolas zurückgezahlt hatte. Eines Morgens hatte nämlich in knallroten Buchstaben auf Ninos Tür gestanden: „Wer nichts wird, wird Wirt“. Und das fand wiederum Nino gar nicht komisch. Nun stritten sie eine Weile todernst, welcher von den beiden Späßen der bessere gewesen sei und redeten sich wieder in Zorn. Aber plötzlich brachen sie ab.
Momo schaute sie groß an, und keiner der beiden konnte sich ihren Blick so recht deuten.
Machte sie sich im Inneren lustig über sie? Oder war sie traurig? Ihr Gesicht verriet es nicht.
Aber den Männern war plötzlich, als sähen sie sich selbst in einem Spiegel, und sie fingen an, sich zu schämen.
„Gut“, sagte Nicola, „ich hätte das vielleicht nicht auf deine Tür schreiben sollen, Nino. Ich hätte es auch nicht getan, wenn du dich nicht geweigert hättest, mir nur ein einziges Glas Wein auszuschenken. Das war gegen das Gesetz, verstehst du? Denn ich habe immer bezahlt, und du hattest keinen Grund, mich so zu behandeln.“
„Und ob ich den hatte!“ gab Nino zurück. „Erinnerst du dich nicht mehr an die Sache mit dem heiligen Antonius? Ah, jetzt wirst du blaß! Da hast du mich nämlich nach Strich und Faden übers Ohr gehauen, und so was muß ich mir nicht bieten lassen.“
„Ich dich?“ rief Nicola und schlug sich wild vor den Kopf. „Umgekehrt wird ein Schuh draus! Du wolltest mich hereinlegen, nur ist es dir nicht gelungen!“
Die Sache war die: In Ninos kleinem Lokal hatte ein Bild an der Wand gehangen, das den heiligen Antonius darstellte. Es war ein Farbdruck, den Nino irgendwann einmal aus einer Illustrierten ausgeschnitten und gerahmt hatte.
Eines Tages wollte Nicola Nino dieses Bild abhandeln – angeblich, weil er es so schön fand.
Und Nino hatte Nicola durch geschicktes Feilschen schließlich dazu gebracht, daß dieser seinen Radioapparat zum Tausch bot. Nino lachte sich ins Fäustchen, denn natürlich schnitt Nicola dabei ziemlich schlecht ab. Das Geschäft wurde gemacht. Nun stellte sich aber heraus, daß zwischen dem Bild und der Rückwand aus Pappdeckel ein Geldschein steckte, von dem Nino nichts gewußt hatte. Jetzt war er plötzlich der Übervorteilte, und das ärgerte ihn. Kurz und bündig verlangte er von Nicola das Geld zurück, weil es nicht zu dem Tausch gehört habe. Nicola weigerte sich, und daraufhin wollte Nino ihm nichts mehr ausschenken. So hatte der Streit angefangen. Als die beiden die Sache nun bis zum Anfang zurückverfolgt hatten, schwiegen sie eine Weile. Dann fragte Nino: „Sag mir jetzt einmal ganz ehrlich, Nicola - hast du schon vor dem Tausch von dem Geld gewußt oder nicht?“
„Klar, sonst hätte ich doch den Tausch nicht gemacht.“
„Dann mußt du doch zugeben, daß du mich betrogen hast!“
„Wieso? Hast du denn von dem Geld wirklich nichts gewußt?“
„Nein, mein Ehrenwort!“
„Na, also. Dann wolltest du mich doch hereinlegen. Wie konntest
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