Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mond der Unsterblichkeit

Mond der Unsterblichkeit

Titel: Mond der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Meyer
Vom Netzwerk:
Pfei f ton, der von einer Art Flöte stammte. Die entsetzlichen Szenen verschwanden wie bei einem Filmriss. Benommen e r kannte sie das Rucken, das durch den Körper des Wolfes ging. Ehe sie es sich versah, ve r schwand er jaulend in der Dunkelheit. Ambers Blick fiel auf einen Mann in weißer Kutte, der im Torbogen stand. Sein Gesicht war unter einer Kapuze ve r borgen. Er hielt einen hölzernen Druidenstab in der Hand. Eine Aura des Bösen umgab sie, die von dem Mann in der weißen Kutte ausging, und schnürte ihr die Kehle zu. Als sie ihre Augen wieder öffnete, war er verschwu n den, wie ein Tru g bild, das sich in Nichts auflöste. Sie wusste nur eins: Sie musste hier weg. Womöglich kehrte die Bestie z u rück. Wie von Furien gehetzt, rannte sie zum Hauptportal des Schlosses zurück. Atemlos erreichte sie die Stufen, ha s tete hinauf und klopfte ans Tor.
     
    Bei Tisch herrschte eine gespannte Atmosphäre. Gordon Macfarlane wirkte noch mürrischer als sonst und war wie immer kurz ang e bunden. Amber dachte an die Szene vorhin. Die Furcht saß ihr noch immer in den Gliedern, aber sie hatte niemandem etwas davon erzählt. Nur mit Mühe unterdrückte sie das Zi t tern, das ihren Körper durchlief. Wer hätte ihr auch schon die Geschichte von einem Wolf abgekauft, hier in Schottland, wo es seit Urzeiten ke i ne mehr gab?
    Ihre Eltern bemühten sich ein Gespräch aufrecht zu erha l ten, an dem weder sie noch Kevin sich beteiligten. Letzterer stocherte nur lus t los im Essen herum, und fixierte den Gastgeber misstrauisch aus den Auge n winkeln.
    „Mr. Macfarlane, es ist zu schade, dass Ihr Sohn nicht mit uns essen kann. Wir hätten ihn sehr gern kennengelernt.“ Mom tupfte sich mit der Serviette den Mund ab, und lächelte.
    „Hm. Andere Sachen sind ihm wichtiger als sein Vater.“ Macfarlane schnau b te.
    „Ach, das ist es bestimmt nicht, junge Leute sind manchmal gedankenlos“, versuchte Mom ihn zu beschwichtigen.
    „Sie kennen ihn nicht. Er ist ein Träumer, dem jeglicher Bezug zur Realität fehlt.“
    Amber sah erschrocken zu Macfarlane, der seine Gabel in das Roas t beef stach, als wolle er es noch einmal ermorden. Wieder spürte Amber die unangene h men Schwingungen, die von Macfarlane ausgingen, wie oben beim Steinkreis. Hermits Warnung ging ihr erneut durch den Kopf.
    „Aber ist das nicht das Vorrecht der jungen Generation?“ Obwohl ihre Mutter den Sohn nicht kannte, schien sie ihn verteidigen zu wo l len.
    „Er ist fast dreißig Jahre alt und kein Teenager mehr, Mrs. Stern. Ich will jetzt nicht mehr über diesen Taugenichts reden.“ Zur Bekrä f tigung schlug er mit der flachen Hand auf die Tischkante.
    Amber schüttelte innerlich den Kopf. Ein Vater, der so schlecht über seinen Sohn sprach, war keinen Penny wert. Sie sehnte das Ende des Essens herbei, und stand gleich nach dem Dessert auf, froh, dieser b e drückenden Atmosphäre nach dem emotionalen Ausbruch des Gastgebers entfliehen zu können. Dieser Macfarlane gewann bei ihr keinen Sympathiepunkt.
    Als Amber ihren Eltern später ihre Empfindungen über Gordon Macfarlane mi t teilte, überraschte sie deren heftige Reaktion.
    „Amber, komm mir bloß nicht wieder mit diesem ich-kann-seine-negative-Aura-fühlen-Geschwätz. Ich dachte, das Thema hätten wir ein für alle Mal au s diskutiert“, echauffierte sich Mom. Sofort verstand Amber die Anspielung auf ihre Fähigkeiten, Empfi n dungen anderer zu spüren. Es war der einzige Punkt, an dem ihre Eltern sie nicht versta n den. „Mr. Macfarlane hat sich nur über seinen Sohn geärgert. Vielleicht hat er ja auch recht, und der ist wirklich nur ein Ta g träumer. Schlie ß lich braucht er einen Erben, der sich um alles kümmert, das Schloss, die Brauerei. Das bedeutet Verantwortung. Und das könnte man von einem Dreißigjährigen weiß Gott e r warten.“
    Amber konnte nicht verstehen, weshalb ihre Mutter diesen griesgrämigen Schlossb e sitzer auch noch in Schutz nahm.
    „Macfarlanes Sohn hat sich tatsächlich nicht einmal in der Brennerei sehen la s sen, obwohl er gestern hier gewesen sein soll. Ein wenig mehr Interesse an der Arbeit seines Vaters könnte der wirklich ze i gen“, tutete ihr Vater ins gleiche Horn. „Ich kann verstehen, wenn es Macfarlane bedrückt, dass sein Sohn sich nicht für das Familienunternehmen interessiert, und dass, wo es sich schon seit mehreren G e nerationen im Besitz der Familie befindet.“
    Amber zog es vor, zu schweigen. Gerade von Dad hätte sie mehr Mensche n

Weitere Kostenlose Bücher