Mond-Elfe
hauptsächlich, weil sie diese selbst so gerne aß. Das Hauptproblem dabei war die Zeit, die sie benötigte, um die Beeren zu pflücken, weil die Beerenstellen in der Nähe des Dorfes alle leergepflückt waren und sie deswegen ziemlich weit entfernt umherstreifen mußte. Und das war schwierig, weil sie sich in dem Moment verlief, da sie von den Hauptwegen abkam.
Sie konnte nicht mehr zählen, wie oft sie innerlich um Hilfe gerufen hatte, nur um den Weg wiederzufinden. Falls sie einen Wolfsfreund bekam, würde sie in der Lage sein, weiter hinaus und mit Sicherheit zu gehen. Aber statt dessen hatte sie ihren Katerfreund, mit dem sie nun ihre häuslichen Arbeiten zu verrichten suchte. Ihre Finger waren lang und flink, doch hatte sie noch eine Menge zu lernen. Wenn sie mit diesen Dingen allein beschäftigt war, sang sie gerne vor sich hin. Sie brach natürlich immer dann ab, wenn irgendein Elf nahe genug war, um sie zu hören. Aber Sammy mochte es, und das war das Wichtigste.
In der Kühle des Morgens war sie mit Sammy hinausgegangen, um Beeren zu pflücken. Der Kater schien gelangweilt gewesen zu sein. Eigentlich interessierte er sich nicht besonders für Beeren. »Wenn ich hier eine Feder auflesen könnte, würde ich deine Schnurrhaare kitzeln«, neckte ihn Jenny. Dann war der Kater davongelaufen, und sie wußte, daß sie ihm auf Teufel komm raus folgen mußte. Denn wenn er eine seiner Launen hatte und loszog, um irgend etwas zu verfolgen, hörte er nicht auf, bis er es gefunden hatte. Sie hatte ja keine Ahnung, wie weit ihn seine Jagd diesmal führen würde!
Er hatte einen Teil des Waldes durchstreift, der ihr unvertraut war. Man sagte, er sei verwunschen, aber sie bezweifelte das. Geister gaben sich normalerweise nicht mit einfachen Bäumen ab. Sie fürchtete hauptsächlich giftige Schlangen und andere hungrige wilde Wesen, die lauerten, um Sammy oder sie mit Haut und Haar zu verschlingen. Deswegen mußte sie weitergehen, damit Sammy sich nicht verlief.
Sie lief und lief und ihr Blick verschwamm, während sie sich abmühte, Anschluß zu halten. Alles, was sie sah, waren Sammys flüchtender Schwanz und vorbeihuschende Eindrücke von der Umgebung. Sie konnte Bewegungen besser sehen als Gegenstände, andernfalls hätte sie keine Chance gehabt, an Sammy dranzubleiben. Plötzlich sprang der Kater über einen Grat, und sie folgte ihm. Doch sie entdeckte, daß es da keine andere Seite gab. Sie wirbelte einen Augenblick durch die Luft, viel zu erschreckt, um zu schreien. Dann bekam sie wieder Boden unter den Füßen. Es war nur ein kurzer Fall, der durch Nebel verhüllt gewesen war. Sie eilte weiter, wobei sie den Kater kaum noch sehen konnte.
Aber jetzt war die Umgebung seltsam geworden. Sie hatte keine Zeit anzuhalten, um sie näher zu untersuchen, doch sie wußte, daß sie so etwas noch nie gesehen hatte. Sie nahm sich vor, diesen Wald später einmal zu besuchen, wenn sie nicht gerade ihren Kater jagte, um einfach nur zu sehen, was daran so ungewöhnlich war.
Sammy umstrich einen seltsamen, grünen Baum. Jenny rannte hin – und die Tentakel schnappten hoch und versuchten sie zu greifen. Einer hing auf ihrem flatternden Kleid, und als sie versuchte, sich von ihm zu lösen, griffen andere nach ihr, aber sie zog ihr Messer, schnitt die schrecklichen grünen Dinger ab und konnte sich dadurch befreien. Unglücklicherweise wurde ihr Messer vom letzten Tentakel umschlungen, und sie verlor es. Das war ihre erste Erfahrung mit dem aggressiven Baum gewesen und die Bestätigung, daß sie in eine äußerst fremde Gegend hineingeraten war.
Dann sauste Sammy auf eine Lichtung im Wald und hielt an. Schließlich hatte er doch gefunden, wonach er gesucht hatte: eine große weiße Feder.
»Du hast mich den ganzen Weg wegen einer blöden Feder hergeschleppt?« fragte sie, ohne wirklich über ihn verärgert zu sein, aber sie mußte etwas loswerden, bevor sie platzte. In Wirklichkeit fürchtete sie sich vor der Fremdartigkeit dieser Gegend und zitterte immer noch in Erinnerung an den Baum, der nach ihr gegrapscht hatte. Sie hatte niemals zuvor von einem Baum gehört, der so etwas tat! Doch nun erkannte sie, daß die ganze Aufregung damit begonnen hatte, daß sie Sammy mit einer Feder kitzeln wollte. Er hatte sich an ›Feder‹ orientiert und war losgezogen, eine zu suchen – und was für ein Federlesen hatte er dabei gemacht!
Ein Schatten war herabgestiegen, und eine wunderliche Tier-Vogel-Dame landete. Sie schien beinahe ebenso
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