Mond-Elfe
Sie beobachteten, wie die Marmelade weiter quoll. »Es hilft nichts«, sagte Nada zögernd, »wir müssen uns einfach durchschlagen. Hoffentlich kann ich auf der anderen Seite ein Bad nehmen.«
Electra seufzte. »Ich gehe voran. Ich habe weniger zu verlieren.«
»Das machst du nicht! Du hast mehr zu gewinnen.« Nada trat in die Marmelade.
Sofort verlangsamte sich ihre Bewegung zu einem Kriechen. Sie versuchte, die Füße zu bewegen, aber irgend etwas war immer im Weg. Die Marmelade ließ ihr keine Chance, irgendwo hinzukommen.
»Das ist nicht gut!« keuchte Nada. »Ich stecke fest!«
Electra streckte ihr die Hand entgegen. »Ich zieh dich raus.« Aber obwohl sie zog, blieb Nada im Stau stecken.
»Es muß einen besseren Weg geben!« sagte Nada. »Ich rutsche immer tiefer.«
»Verwandle dich in eine kleine Schlange, dann kann ich dich rausziehen«, schlug Electra vor.
Das tat Nada. Sie wurde zu einer Strumpfbandschlange, deren Bänder nichts hatten, woran sie sich befestigen konnten. Electra umschloß den Körper vorsichtig mit der Hand und zog, aber der Schwanz der Schlange saß hoffnungslos fest. Sie konnte ihn einfach nicht freibekommen. Schließlich verwandelte Nada sich wieder in ihre menschliche Form zurück, damit sie stehen konnte, ohne tiefer hineinzurutschen.
Electra legte sich die Hände an den Kopf und ließ etwas Strom hindurchlaufen, um ihr Gehirn anzuregen. Das machte es ihr möglich, mit aller Macht eine Idee zu entwickeln. »Vielleicht können wir die Marmelade dazu veranlassen, irgendwo anders hin zu fließen und uns hier zurückzulassen«, schlug sie vor.
»Aber das ist ja gerade das Problem«, überlegte Nada. »Die Marmelade steckt fest, weswegen sie sich nirgendwohin sehr schnell bewegen kann, weil sie immer fester wird.«
»Die Verkehrsbeeren können sich in der Marmelade nicht sehr schnell bewegen«, sagte Electra. »Aber vielleicht kann sich der ga n ze Kleister schnell bewegen – wenn er will.«
»Aber wie können wir das anstellen? Er ist schon fast ganz fest.«
Electra suchte in ihrem Rucksack. »Fest? Hm. In meinem Kalender habe ich etwas über ein Fest oder so etwas gesehen.« Sie zog eine abgenutzte Ausgabe des Xanthkalenders heraus und blätterte ihn einmal durch. »Ja, da ist es! Markfest! Dort kann das Fruchtmark so fest werden, wie es will, oder sich in einem Marmel-Laden ausstellen.«
Die Marmelade erbebte.
»Aber ist das nicht in…«, fing Nada an.
»Ja. Es wird in der Spaltenschlucht stattfinden. Laß uns der Marmel ade sagen.«
»Warum soll ich denn der Marmelade sagen?«
»Nein, du sollst der Marmel ade sagen!«
Die Marmelade begann sich zu bewegen: zuerst langsam, dann immer schneller durch den Flur, wobei sie Nada mitzog, und erreichte bald eine bemerkenswerte Geschwindigkeit. Electra griff wieder nach Nada und hängte sich an sie. Glücklicherweise bewegte sich die Marmelade schon so schnell voran, daß sie ihren Zusammenhalt verlor und Nadas Füße freigab.
Kurz darauf konnten die beiden beobachten, wie die Marmelade über den Burggraben glitt. Es gab keinen Zweifel: Sie hatte die Richtung zu dem Markfest eingeschlagen. Electra hatte richtig vermutet, keine Marmelade konnte so etwas widerstehen.
»Hast du da nicht einen kleinen Scherz gemacht?« fragte Nada. »An der Schlucht findet doch gar keine Feier statt!«
Electra zeigte ihr den Kalender. »Ich habe nicht gesagt, daß es eine Feier wäre, ich sagte, es sei Markfest. Und da steht es.« Sie deutete darauf.
»Woche der festen Mark«, sagte Nada. »Aber…«
»Hier im Kalender«, bestätigte Electra. »Es findet in der Schlucht statt, genauso wie überall in Xanth zur gleichen Zeit. Eine Woche, die daran erinnert, wie die Mark wieder fest als Grenze in das Reich von Xanth eingegliedert wurde. Die Marmelade wird es sicher rechtzeitig herausfinden.«
Nada schüttelte den Kopf. »Ich vermute, daß es die Marmelade sowieso nicht eilig haben wird, irgendwo anders hinzukommen«, lenkte sie resigniert ein.
»Aber wir werden schnell sein, solange der Weg frei ist.« Sie zog Nada mit sich in die Burg hinein. Die Nagafrau ließ sich mitschleppen, nachdem sie beschlossen hatte, daß weiterer Protest sich nicht lohne.
Der Weg endete an einer Treppe, die zu einer Tür führte, und hinter der Tür trafen sie Ivy. Sie trug ein gelbes Kleid, das ihr blaßgrünes Haar gut zur Geltung brachte. Sie war in Nadas Alter, aber nicht so üppig. In dieser Hinsicht lag sie mehr oder weniger zwischen Nada und Electra.
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