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Monde

Titel: Monde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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spulte eine Litanei sinnloser Daten ab. Die rasch wechselnden Datenzeilen erinnerten Baedecker an das PanAm-Passagiershuttle mit seinen blitzenden Cockpitgrafiken in 2001 – Odyssee im Weltall. Damals hatten sie vierzehn Stunden Schicht gearbeitet, um Apollo 8 zu unterstützen, und abends waren sie quer durch Houston gefahren, um Keir Dullea, Gary Lockwood, HAL und die Australopithecinen zuzuschauen, die zu den Klängen von Bach und Strauss und Ligeti agierten. Dave Muldorff hatte sich eines Abends ungeheuer aufgeregt, als Baedecker am Anfang der vierten Rolle eingeschlafen war.
    »Gefällt es Ihnen?«, fragte Tucker.
    Baedecker ließ den Blick über die Konsole schweifen. Behutsam legte er eine Hand auf den drehbaren Handsteuerknüppel. »Sehr elegant«, sagte er, und das war sein Ernst.
    Tucker tippte etwas in die Computertastatur auf der flachen Konsole zwischen ihnen. Neue Informationen füllten alle drei Kathodenröhren. »Wissen Sie, er hat Recht«, sagte Tucker.
    »Wer hat Recht?«
    »Ihr Junge.« Tucker strich sich mit einer Hand über das Gesicht, als wäre er sehr müde. »Es ist traurig.«
    Baedecker starrte ihn an. Tucker Wilson hatte vierzig Einsätze über Vietnam geflogen und drei feindliche MiGs in einem Krieg abgeschossen, der fast ohne Erfolge geblieben war. Wilson war ein Karrierist der Luftwaffe und nur vorübergehend zum Dienst bei der NASA abgestellt.
    »Ich meine, es ist nicht traurig, dass die Streitkräfte nun Missionen fliegen«, sagte Tucker. »Scheiße, die Russen hatten eine rein militärische Präsenz da oben in der zweiten Sal jut- Station seit zehn Jahren mindestens. Trotzdem ist es traurig, was hier passiert.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Es ist einfach anders, Dick«, sagte Tucker. »Als Sie noch geflogen sind und ich auf der Reservebank saß, war alles einfacher. Wir wussten, wohin wir wollten.«
    »Zum Mond«, sagte Baedecker.
    »Ja. Vielleicht war dieses ganze Wettrennen nicht besonders nett, aber irgendwie war es … Scheiße, ich weiß nicht … reiner. Heute wird ja selbst die Größe der verdammten Ladeluke da hinten vom Pentagon vorgeschrieben.«
    »Dafür transportieren Sie nur einen Geheimdienstsatelliten«, sagte Baedecker. »Keine Bombe.« Er dachte an seinen Vater, der vor einunddreißig Jahren auf einem dunklen Steg in Arkansas gestanden, den Himmel nach dem Sputnik abgesucht und gesagt hatte: »Aber wenn sie einen Satelliten von dem Format raufschicken, dann können sie das doch auch mit größeren, die Bomben tragen, oder nicht?«
    »Nein, es ist keine Bombe«, stimmte Tucker zu, »und nachdem Reagan nun endlich von der Bildfläche verschwunden ist, stehen die Chancen auch ganz gut, dass wir nicht die nächsten zwanzig Jahre damit verbringen werden, SDI-Bauteile da raufzuschaffen.«
    Baedecker nickte und spähte zu den Fenstern, um einen Blick auf die Sterne zu erh a schen, aber das Spezialglas war for den Start polarisiert. »Sie haben nicht geglaubt, dass es funktionieren würde?«, fragte er und meinte damit die Strategi c Defense Initiative – die die Presse immer noch mit einem gerüttelten Maß an Hohn »Star Wars« nannte.
    »Im Gegenteil, ich glaube, es hätte funktioniert«, sagte Tucker. »Aber selbst wenn es sich das Land leisten könnte – und das kann es nicht –, sind viele von uns der Meinung, es wäre zu riskant. Ich weiß, wenn die Russen anfangen würden, Laser und andere Hardware in den Orbit zu befördern, die unsere Technologie in den nächsten zwanzig Jahren nicht hervorbringen könnte – und nicht mal Verteidigungsmaßnahmen dagegen –, würden die meisten Lamettaträger, die ich kenne, sofort nach einem Präventivschlag gegen alles schreien, was sie da oben aufbauen wollen.«
    »Anti-Satellitengeschosse, mit F- l 6s abgeschossen?«, fragte Baedecker.
    »Ja«, sagte Tucker. »Aber angenommen, wir würden nicht alles erwischen. Oder sie würden es schneller ersetzen, als wir es abschießen können. Was würden Sie dem Präsidenten dann raten, Dick?«
    Baedecker musterte sein Gegenüber. Er wusste, dass Tucker ein persönlicher Freund des Mannes war, der gerade die Wahlen gewonnen und Ronald Reagans Nachfolge angetreten hatte. »Gezielte Schläge gegen ihre Startrampen anzudrohen«, sagte Baedecker. Der gesamte Shuttleaufbau schien leicht im Abendwind zu schwanken, was Baedecker mit einem leichten Schwindelgefühl erfüllte.
    »Anzudrohen?«, fragte Tucker mit einem grimmigen Lächeln.
    Baedecker, der aus seiner Jugend in Chicago und von

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