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Mondgeschöpfe (Phobos)

Mondgeschöpfe (Phobos)

Titel: Mondgeschöpfe (Phobos) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schuck
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werden konnte. Aber er war gestern fünfzig geworden. Lui Carlton hatte diesen Geburtstag gefeiert, ohne die Zahl seiner Jahre zu nennen. Er mochte es nicht, immer älter zu werden. Jedenfalls war bei dieser stimmungsvollen Gelegenheit unglaublich viel getrunken worden. Und der Wodka war ihm nicht gut bekommen. Ein Teil davon quälte sich immer noch durch seine Blutbahnen.
    Als er mit dem Aufzug nach oben gefahren war, meinte er einen Wolf heulen zu hören. Ein Wolf gehörte hier nicht hin, nicht in dieses Haus. Carlton war zusammengeschreckt und hatte sich mit dem inneren Hinweis beruhigen müssen, dass es sich nicht um einen Wolf, sondern um das Aufzuggetriebe gehandelt habe. Jedenfalls spürte Carlton deutlich: Dies war nicht sein Tag.
    Als er über den Flur ging, bekamen die Großaufnahmen von Geninjektionen, mit denen die Wände verziert waren, eine irgendwie bedrohliche Bedeutung. Sie sahen aus wie giftige Quallen. Alle möglichen Gedanken stürmten auf ihn ein. Wahrscheinlich träumte er das alles nur. Vierundfünfzig Manips saßen nun im Stadtpark, wurden vom Roten Kreuz mit Sojawürstchen versorgt, verhandelten mit den Zeitungen über die Exklusivrechte für ihre Monsterstories und mit dem Stadtrat über ein Reservat. Ein Komitee hatte sich gebildet: Schützt die Monster!
    "Mach' mir einen Drink!", herrschte er Oliver an, der sich völlig teilnahmslos, kaum dass sie das große Zimmer betreten hatten, auf die Fenstercouch gelegt hatte.
    Er sprang jetzt zwar geflissentlich auf, blieb aber doch stark hinter seiner normalen Geschwindigkeit zurück. Er ließ die Wandbar ausfahren und machte sich dann daran, einen Wodka Martini zu mixen. Sehr dry. Oliver mochte diese Art Martinis am liebsten. Er brachte Lui das Glas zum Sessel. Der nahm es und schüttete Oliver den Martini ins Gesicht.
    "Noch einen!", fauchte er.
    Als er den zweiten bekam, trank er ihn.
    Das Telefon schellte. Als Oliver abnahm, schrie er auf. Der Hörer schmolz in seiner Hand und die heiße Plastikmasse drang ätzend und schwelend in seine Haut. Plötzlich geriet er in wilde Zuckungen, wurde zu Boden geschmettert und lag dann still.
    "Was zum...", begann Carlton, kam aber nicht weiter, weil mitten in ein schreckliches Aufheulen des Sturmes hinein eine der riesigen Fensterscheiben zersprang. Glasscherben segelten in den Raum. Die Riesenfaust des Sturmes trieb sie nach innen. Dolchartige Scheibenstücke umschwirrten Carlton, als hätte es ein unsichtbarer Messerwerfer auf ihn abgesehen. Schlagartig erlosch das Licht im ganzen Haus. Das Summen der Klimaanlage verstummte, die Aufzüge blieben stehen, die Türöffner blockierten. Der große Raum, in dem Lui stand, wurde nur noch vom Licht des Vollmondes zweifelhaft erleuchtet.
    Dann war alles still. Ein schwarzer Schatten glitt durch die gähnende Fensteröffnung ins Zimmer, begleitet von einem kalten Luftzug.
    Weiße Zähne blitzten im kalten Licht des Mondes. Carlton erkannte entsetzt, dass nicht alle Manips Lust auf ein Sojawürstchen gehabt hatten. Der Eindringling ging zur Bar, legte ein schwarzes Etui darauf und öffnete es.
    Carlton verfolgte wie hypnotisiert seine Bewegungen. Aber als er es silbern in der Hand des Manips blitzen sah, glitt seine Hand zu einer geheimen Öffnung in seinem Pilotensessel und zog einen Revolver heraus. Mit großer Kraftanstrengung und starkem Zittern in seiner rechten Hand richtete er ihn auf den Manip, der jetzt auf ihn zuschritt.
    "Lass diese Spielereien!", fauchte ihn der Angreifer an. Carltons rechte Hand zitterte so stark, dass er seine Linke zu Hilfe nehmen musste, um sie festzuhalten. Die dunkle Gestalt verhielt ihren Schritt. Blaues Feuer erglomm auf seiner Mitte, kroch seine Brust hoch, umspielte seinen Kopf einen Augenblick lang. Dann schien es sich zu verdichten, raste auf Carlton zu und traf ihn wie ein Dampfhammer. Es hob ihn aus dem Sessel und schmetterte ihn krachend auf den Boden, wo er zusammengekrümmt liegenblieb. Der Manip trat an Carlton heran, drehte ihn mühelos auf den Bauch und riss ihm das Hemd aus der Hose. Lui sah mit weitaufgerissenen Augen eine Spritze in der Rechten des Manips.
    "Hier habe ich dein bestes Gebräu. Frisch aus deinem eigenen Labor. Du weißt wie es funktioniert: Es zerstört deine Genstruktur und lagert neue Gene mit neuen Informationen an. Es wird dich völlig umkrempeln. Zumal es jetzt mit diesem Superwachstumshormon verstärkt ist. Ich werde es dir ins Rückenmark drücken."
    Der Manip kniete sich mit einem Bein auf

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