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Mondgeschöpfe (Phobos)

Mondgeschöpfe (Phobos)

Titel: Mondgeschöpfe (Phobos) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schuck
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Carltons Nierengegend und mit dem anderen auf sein Genick, was ihn völlig hilflos machte. Lui spürte den Stich etwas oberhalb des Lendenwirbelbereiches, dann dieses Knirschen und den ziehenden Schmerz, der charakteristisch für diese Art der Injektion ist. Carlton war gelähmt. "Ich werde jetzt gehen", sagte der Manip. "Ich wünsche dir eine gute Verwandlung", setzte er zynisch hinzu.
    Carltons Gedanken rasten. Aber das legte sich. Er spürte, dass etwas in ihm vorging. Reiner Wahnsinn sprang ihn an.
    Gegen vier Uhr morgens kam das Notaggregat endlich in Gang. Die Leute vom Technischen Hilfsdienst, die sich immerhin schon bis zum achtzehnten Stockwerk vorgearbeitet hatten, seufzten erleichtert auf. Sie hörten, wie die Schlossblockierungen im ganzen Hause sich lösten. Es klang wie ein sehr vielfältiges, wenn auch dissonantes Glockenspiel. Sie begannen alle Stockwerke zu durchsuchen. Es hatte zwar keinen direkten Hilferuf gegeben. Aber nachdem so viele Fensterscheiben zu Bruch gegangen waren und der Stromausfall alles lahmgelegt hatte, hielt es die Hausaufsicht doch für angezeigt, diese externe Hilfe anzufordern.
    Als sie sich dem zweiundvierzigsten Stockwerk näherten, begann ein entsetzlicher Gestank ihre Nasen zu kitzeln. Sie öffneten die Türen und bemerkten erstaunt die ungewöhnliche Kälte in diesem Stockwerk, eine Kälte, die alle Räume zu erfüllen schien. Aber auch hier schien sich kein Mensch aufzuhalten. Sie blieben etwas unschlüssig im Flur stehen. In die gruftige Stille hinein hörten sie aus dem letzten Raum, dessen Doppeltüre noch geschlossen war, unsägliche Laute dringen. Die Frauen und Männer des Hilfstrupps zögerten. Da explodierte die Doppeltür in den Flur hinein. Dem Chaos aus Türblättern und Füllungen folgte ein Etwas, das groß war wie ein Nashorn, entfernt einer Riesenamöbe ähnelte und auf bedauernswert schreckliche Weise ganz entfernt etwas Menschliches hatte. Die Menschen rannten aus dem Flur.

Die tödliche Kraft
    Obwohl er gut durchtrainiert war, begann Aurim langsam der Rücken zu schmerzen. Zu oft hatte er sich bücken müssen, um den tief hängenden Zweigen auszuweichen. Der tiefe Ton in seinem Ohr hatte ihn immer weiter in den Wald geführt. Seit dem Unfall war er jetzt zwei Stunden ununterbrochen unterwegs.
    Aurim wurde warm, obwohl die Novemberluft ihn kühl umwehte. Sein langer Schal und sein breiter Hut waren inzwischen längst Opfer der Äste geworden. Bläulich weißes Mondlicht überschüttete den Wald mit einem geheimnisvollen Lichterspiel.
    Der tiefe Ton führte Aurim auf einen weißen Streifen zu. Als er näher kam, entdeckte er mitten im Wald eine riesige, marmorne Mauer. Aurim streckte seinen muskulösen Arm aus. Seine tastenden Finger fühlten eine unwirkliche, kalte Glätte. Sollte diese Mauer das Ziel seines verwirrten Weges durch die unendlich scheinenden Eichen- und Buchenwälder sein?
    Der Ton in ihm klang konstant. Er schien sich nur zu verändern, wenn Aurim von dem unnennbaren Weg abgewichen war, den der Ton ihm weisen wollte.
    Um es ganz deutlich zu sagen: Aurim war nicht mehr Herr seiner selbst. Nicht nur heute Nacht nicht, der Nacht zum 16. November. Eigentlich hatte er schon seit mehreren Wochen keinerlei eigene Entscheidungsgewalt mehr über seine Wege gehabt.
    Bis er in dieses Auto eingestiegen war.
    Aurim trat ein paar Schritte von der Mauer zurück. Als er jetzt etwas zur Ruhe kam, spürte er die Kälte in seiner durchnässten Kleidung. Wut stieg in ihm hoch. Wie hatte er nur bei diesem Wetter in den Wald gehen können! Aurim sah auf die Uhr. Es war dreiundzwanzig Uhr.
    Vier Meter mochte die Mauer hoch sein. Wie dick sie war, konnte er nicht erkennen. Wie ein überdimensionaler Bandwurm zog sie sich unendlich weit nach links und ebenso nach rechts. Rechts oder links? Eine klare Alternative. Links, sagte sich Aurim. Er machte sich wieder auf den Weg. Er stolperte eine gute Viertelstunde im Mondschatten an der Mauer entlang, als sie abrupt nach rechts einschwenkte. Weißblaue Nebelzungen griffen aus dem Wald ringsum auf die Mauer zu und schienen nach Aurims Beinen zu greifen. Aurim folgte der Mauer weiter und stieß nach geraumer Zeit auf ein riesiges Tor, das von zwei massigen Türmen flankiert war.
    Die Form dieses Eingangs ließ ihn an ein Wüstenfort denken, jedenfalls eindeutig an ein militärisches Gebilde. Aurim dachte an französische Legionäre in Algerien, an englische Infanterie in Tunesien, an deutsche Soldaten in Tobruk.
    Ein

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