Mondglanz
einer Chance.
Kalt entschlossen kommt er auf mich zu, während ich auf Händen und Füßen rückwärts von ihm wegkrabble.
Die Verbindungstür zu meinem Schlafraum fliegt auf, und Jael kommt in hohem Sprung angeflogen. Er landet direkt auf meinem Angreifer und stößt ihn mit seinem Gewicht zu Boden.
Aber die Kakerlake ist flink und stark und stößt Jael von sich, der im Gegenzug versucht, einen Armhebel anzusetzen.
Die beiden bewegen sich so schnell, dass ich kaum mit den Augen folgen kann. Da kommt mir eine Idee, und statt wie benommen zuzuschauen, rapple ich mich hoch und renne zum Terminal im Nebenraum. Während ich die KI hochfahre, werden die Kampfgeräusche leiser, aber ich kann nicht sagen, wer gewinnt. Die KI ist direkt mit dem Sicherheitssystem verbunden, und ich kann über das Terminal jede Art von Notruf absetzen.
»Ich brauche ein Sicherheitsteam in meiner Suite. Es wird gerade ein Mordanschlag auf mich verübt.«
»Verstanden«, erwidert die Maschine. »Haben Sie Verletzungen erlitten, die mit hohem Verlust von arteriellem Blut einhergehen?«
Ich starre das Ding fassungslos an. »Ja.«
Vielleicht kommen sie dann schneller.
Es entsteht eine kleine Pause, während der die Maschine elektronisch weitere Notrufe absetzt. Schon ein Wunder, wie diese Geräte blitzschnell kommunizieren, aber auch ein bisschen beängstigend.
»Ein Sicherheitsteam sollte in etwa zwei Minuten bei Ihnen sein. Danke und einen angenehmen Tag noch.«
Das Gerangel im Schlafraum dauert immer noch an. Ich sollte lieber zusehen, dass ich hier rauskomme. Jael könnte den Kampf durchaus verlieren. Dank Gentechnik überlebt er unfassbar schwere Verletzungen, was für einen Bodyguard ein unschätzbarer Vorteil ist, aber unbesiegbar macht ihn das nicht. Auf Emry habe ich gesehen, wie er zu Boden ging. Ich dachte sogar, er wäre tot, bis er mir sagte, ich soll die Morgutklaue aus seinem Bauch ziehen.
Ich blicke zur Tür und zögere. Zwei Minuten, bis das Sicherheitsteam hier ist? Soll ich auf den Flur gehen und dort auf sie warten? Hätte der Attentäter Verstärkung mitgebracht, hätte die bestimmt schon eingegriffen, denn für einen simplen Meuchelmord dauert das Ganze schon viel zu lang.
Mit einem Seufzen ringe ich mich endlich zu einer Entscheidung durch. Ich bleibe. Leider habe ich nicht einmal einen Elektroschocker, also sehe ich mich in der Suite um nach irgendetwas, das ich als Waffe benutzen könnte. In einer Ecke steht ein schwerer Blumentopf. Könnte funktionieren, vorausgesetzt, ich kann ihn heben.
Meine Entschlossenheit verleiht mir die nötige Kraft. Als ich den Durchgang erreiche, schreit Jael auf. Die Kakerlake hat ihm das Messer in die Seite gestoßen und dreht es herum. Der Kerl scheint einiges über die menschliche Anatomie zu wissen – bei jedem anderen wäre die Verletzung tödlich.
Glücklicherweise steht der Attentäter mit dem Rücken zu mir. Schwankend unter dem Gewicht des Blumentopfs laufe ich auf ihn zu und verpasse ihm damit eins über den Schädel. Der Ithorianer trägt zwar keine ernsthafte Verletzung davon, aber einen Moment lang taumelt er wie ein betrunkener Matrose.
Die kurze Ablenkung ist genau das, was Jael gebraucht hat. Mit aller Kraft schlägt er zu, durchbricht den Chitinpanzer seines Gegners, und die Kakerlake stößt einen schrillen Todesschrei aus, der die Gläser im Nebenraum zum Zerspringen bringt.
Stöhnend zieht Jael sein Messer aus der Leiche, während er mit der anderen Hand die Klinge in seiner Seite umklammert hält. Wenn sie verrutscht, gibt es eine unglaubliche Schweinerei. Ich rühre sie besser nicht an, bevor Doc hier ist.
»Danke für die Hilfe«, ächzt er. »Alles okay bei dir?«
Was für eine Frage. Eigentlich sollte ich sie ihm stellen. »Jetzt schon. Ein Sicherheitsteam ist bereits unterwegs, und ich werde Doc anpiepsen.« Es gefällt mir nicht, wie blass Jael auf einmal ist, also beeile ich mich. »Wie schlimm ist es? Tut es sehr weh?«
Er bringt tatsächlich ein Lächeln zustande. »Ich sollte besser möglichst wenig sprechen … oder atmen.«
Er stemmt sich auf die Beine, und ich helfe ihm, während er sich an der Wand abstützt. Wahrscheinlich ist der Schmerz im Stehen besser zu ertragen. Ich lege meine Hand auf seine, und Blut rinnt zwischen meinen Fingern hindurch. Jaels Atem geht nur noch stoßweise, und ich stütze ihn, während ich über den Notrufkanal Vel anfunke. Wahrscheinlich ist er sogar schneller hier als das Sicherheitsteam.
Da begreife ich es
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