Mondglanz
nicht.
Während Velith übersetzt, suche ich fieberhaft nach einem Ausweg. Mein innerer Aufruhr ist dabei nicht gerade hilfreich.
»Ich kann dem Konglomerat eine Nachricht übermitteln«, schlage ich vor. »Sobald ich Antwort erhalte, werde ich Sie über den Ort der Zusammenkunft in Kenntnis setzen.«
Devri wirft mir einen verwirrten Blick zu. »Wir können Nachrichten über Satellitenkanäle empfangen wie jeder andere auch, Botschafterin. Es wäre höchst angemessen, wenn Sie die Nachricht persönlich überbringen. Wir rechnen mit Vergeltungsmaßnahmen für den Ausgang dieser Abstimmung, und Sie wären ein dankbares Opfer …«
Ich begreife die Gefahr, aber der Gedanke, Marsch zurückzulassen, dreht mir fast den Magen um. Ich will nicht ohne ihn abfliegen. Ich hatte gedacht, mir bliebe noch genug Zeit, um ihn rauszupauken, aber jetzt haben sich die Ereignisse überschlagen, und …
Ich unternehme einen letzten Versuch: »Scharis, Sie sagten, Ihre Schiffe wären hoffnungslos veraltet. Wie soll Ihr Repräsentant zur Zusammenkunft gelangen, wenn wir ihn nicht auf unserem Schiff mitnehmen? Der letzte ithorianische Interstellarflug liegt Hunderte von Umläufen zurück. Verfügen Sie in Ihrer Flotte überhaupt noch über einen ausgebildeten Springer?«
Das war brillant , sage ich mir. Bestimmt haben sie keinen. So weit haben sie nie und nimmer vorausgeplant, denn sie konnten nicht damit rechnen, dass das Bündnis überhaupt noch zustande kommt. Von den Zehen bis zum Scheitel gespannt, warte ich auf die Antwort.
Devri und Scharis wechseln einen Blick. »Das ist ein berechtigter Einwand«, erwidert Devri tonlos.
Maria sei Dank .
Erst da fällt mir auf, was ich soeben getan habe: Ich habe mich freiwillig bereiterklärt, einen ithorianischen Würdenträger sicher auf einen anderen Planeten zu bringen. Wenn irgendetwas schiefläuft, mache ich das ganze Sargasso -Trauma noch einmal von vorn durch, und schon damals wäre ich beinahe daran zerbrochen. Ich habe wirklich Talent, mich in solche Situationen zu bringen.
Mit aller Macht dränge ich die in mir aufsteigende Angst und Übelkeit zurück.
Das Einzige, was jetzt zählt, ist, dass ich uns ein bisschen Zeit verschafft habe. Ich hoffe nur, sie wird reichen.
43
Ich weiß keinen Rat mehr.
Dina spricht immer noch nicht mit mir, die Nachforschungen führen nirgendwohin, und die Zeit läuft uns davon. Scharis hat mir gerade eröffnet, dass heute Morgen das Urteil über Marsch gesprochen wird. Eine reine Formalität. Sie werden ihn für den Mordanschlag auf ein Ratsmitglied in die Minen schicken. Wäre Scharis gestorben, hätten sie ihn hingerichtet.
Immer noch keine Spur von Constance. Zuerst dachten wir ja, sie wäre verschwunden, um etwas zu recherchieren, und würde irgendwann von selbst wieder auftauchen, aber allmählich glaube ich eher, dass sie etwas herausgefunden hat, das sie nicht wissen sollte. Ich mache mir Sorgen um sie, kann in der Sache aber nichts unternehmen, weil ich zuerst einen Weg finden muss, Marsch zu helfen.
Jael hat das Zimmer neben meiner Suite bezogen. Er war außer sich, als er von Devris’ Warnung hörte. Sein Umzug ist eine naheliegende Vorsichtsmaßnahme, und ich bin zu erschöpft, um irgendwelche Einwände zu erheben, wenn auch nicht körperlich; ich habe mir jeden Tag meine Injektionen verabreicht, und der Schaden, den der Grimspace an meinen Knochen hinterlassen hat, ist so gut wie repariert. Es ist meine Seele, die krank ist.
In gewisser Weise ist diese Mission mein größter Erfolg und mein schlimmster Fehlschlag zugleich, und ich frage mich, ob ich damit leben kann. In den einsamen Nachtstunden verdamme ich mich, weil ich zugelassen habe, dass Marsch sich für mich opfert. Ich hätte wenigstens versuchen müssen, das zu verhindern. Stattdessen habe ich mich wieder mal darauf verlassen, dass am Ende alles irgendwie gut ausgehen wird.
Das Problem ist: Für mich wird es das wahrscheinlich, für Marsch nicht.
Ironischerweise rettet mir das ruhelose Wachliegen mein Leben. Im einen Moment starre ich noch an die Decke, die mir meine Fragen auch nicht beantworten kann, und einen Wimpernschlag später rolle ich mich zur Seite, um der Klinge auszuweichen, die auf mich herniederstößt. Mit einem dumpfen Knall lande ich auf dem Boden neben dem Bett, und dann schreie ich um Hilfe. Selbst wenn ich mehr als nur meine Schlafklamotten am Leib tragen würde und bewaffnet wäre – gegen einen Ithorianer habe ich im Zweikampf nicht den Hauch
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