Mondglanz
wir sie hatten, als Vel uns kreuz und quer durch den Grimspace verfolgte. Marsch schiebt mich zwar nicht weg, aber er lädt mich auch nicht ein. Ich werde hart arbeiten müssen für das hier.
Er fühlt sich weit weg an, als würden seine Erinnerungen nicht ganz ihm gehören. Wahrscheinlich ist das sogar etwas Gutes, ein Verteidigungsmechanismus, der ihn vor noch größerem Schaden bewahrt, indem er ihm zumindest einen Teil des Schmerzes erspart. Die Medikamente tragen wohl auch dazu bei.
Ich lasse mich eine Weile treiben, berühre ihn nur sanft, damit er sich wieder an mich gewöhnen kann. Es ist anders, als ihn in meinem Kopf zu haben, weil dies hier sozusagen neutraler Boden ist, und ich spüre nicht diese eisige Kälte. Ganz allmählich entspannt er sich. Ich fühle es in seinen Gedanken.
Ich bin nicht hier, um herumzuschnüffeln und seine Geheimnisse auszukundschaften. Ich will tun, was Mair getan hat, und Marsch erforschen wie eine neue Welt. Zu diesem Zweck stelle ich mir vor, sein Geist wäre ein Teil des Grimspace. Seine weggesperrten Gefühle sind wie beschädigte Sonnenfeuer, die ohne Hilfe bald verlöschen werden. Ich fühle ihren fahrigen Puls und spüre ihnen nach.
Ich war immer gut darin, mir abstrakte physikalische Phänomene als tatsächlich im Raum vorhandene Punkte vorzustellen, die man ansteuern kann. Das hier ist nur wenig anders. Schon bald habe ich die ersten Checkpunkte gefunden, hier die motorischen Funktionen, dort drüben das Zentrum für abstraktes Denken.
So wie alle Sonnenfeuer miteinander in Verbindung stehen, sind auch die Synapsen in Marschs Gehirn miteinander verknüpft. Aber manche der Verbindungen sind von dunklen Stellen unterbrochen. Wenn ich bei meiner Analogie bleibe, sind die beschädigten Stellen in seiner Psyche die sterbenden Sonnenfeuer. Ich werde ihnen Energie zuführen müssen, um sie zu retten.
Normalerweise stellen Pilot und Springerin diese Energie gemeinsam zur Verfügung, und ich dirigiere sie nur. Diesmal bin ich allein. Marsch kann nichts zu seiner Rettung beitragen, sonst hätte er es bereits getan. Das bedeutet, ich werde doppelt so viel Kraft aufbringen müssen, und ich weiß nicht, ob ich das überleben werde.
Ich verberge meine Angst hinter kleinen Mauern, die Marsch nicht bemerken wird, wenn ich vorsichtig genug bin.
Was hast du vor, Jax?
Vertrau mir noch ein bisschen.
Ich rufe mir ins Gedächtnis, wie er bei mir einmal mit bloßen Gedanken fast einen Orgasmus hervorgerufen hat. Mentale Manipulation kann unglaublich wirkungsvoll sein, und Marsch hatte zig Umläufe Zeit zu üben. Das gibt mir zu denken. Vielleicht sollte ich lieber nicht hier drinnen rumdoktern. Ich könnte immensen Schaden anrichten.
Um meine Fähigkeiten zu testen, suche ich sein Lustzentrum und stelle mir eine sanfte Berührung vor.
Marsch reagiert sofort, schnappt nach Luft und atmet zitternd wieder aus. Dopamin flutet durch seinen Körper, und er entspannt sich. Gut. Nur so kann funktionieren, was ich vorhabe.
Zeit. Wir haben jede Menge Zeit. Ich lasse ihn sich weiter entspannen und in dem süßen Gefühl baden, während ich mich bemühe, meine Unsicherheit zu verbergen. Ich weiß, wie man ein Sonnenfeuer repariert. Ich muss dazu nicht denken, und das ist auch gut so, denn Denken ist nicht meine Stärke. Stattdessen tue ich, was ich am besten kann: springen.
Ich verwandle mich in flüssiges Licht, das jede beliebige Stelle in ihm erreichen kann. Ich bin die verbindende Kraft, die wieder zusammenfügt, was zerbrochen ist, springe von dunklem Fleck zu dunklem Fleck, erhelle sie mit einem sanften Schein und bringe sie dazu, sich daran zu erinnern, wozu sie einmal da waren.
Komm schon, du bist nicht tot. Wach auf!
Ich konzentriere mich voll und ganz auf diese Arbeit, mit allem, was ich bin. Marsch ist ein kaputtes Sonnenfeuer, und ich kann ihn reparieren. Endlos ziehe ich meine Kreise, springe von einer erkalteten Stelle zur nächsten und wärme sie mit allem, was ich für Marsch empfinde. Es ist, als würde ich versuchen, nackt durch Eiswände zu brechen, aber ich höre nicht auf. Liebe durchflutet mich. Wenn sein Vorrat davon erschöpft ist, fülle ich ihn eben mit meinem wieder auf.
Ich hätte nie gedacht, dass ich mich jemals so weit für jemanden öffnen könnte, aber anscheinend gibt es nichts, was ich nicht für ihn tun würde. Nach jeder Runde flirre ich durch sein Lustzentrum und berühre ihn, sodass er nach Luft schnappt. Er wird das hier verdammt noch mal genießen
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