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Mondherz

Mondherz

Titel: Mondherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Spies
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Schultern lockte, seinen Mantel, auf dem kleine Eisstücke glitzerten. Mit einem Mal wurde sie sich bewusst, wie wenig sie am Leib hatte, nur ein Nachtgewand, das ihr gerade bis zu den Knien reichte. Jiris Frau hatte es ihr geliehen, und es war so abgetragen, dass es an einigen Stellen fast durchsichtig wirkte.
    Ihr Schamgefühl befahl ihr zurückzuweichen, doch sie widerstand. Sie blieb, wo sie war, die Arme an den Seiten. Schutzlos war sie, trotz ihrer Wölfin, doch nicht anders hätte sie ihm gegenübertreten wollen.
    »Kommt herein«, sagte sie. Als er an ihr vorbeitrat, drang ihr sein Duft in die Nase und ließ sie erzittern. Er atmete flach, so wie sie, und ohne sie anzuschauen, schritt er ans Fenster.
    »Frierst du nicht?«, fragte er. Das Mondlicht zeichnete mit fahler Feder die Konturen seines Gesichts nach. Mit zwei Handgriffen schloss er die Fensterläden.
    Veronika sah ihn einen Moment sprachlos an.
Du
hatte er gesagt und damit jede Distanz zwischen ihnen hinweggefegt. Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte.
    »Mir ist warm genug«, murmelte sie schließlich und trat an seine Seite. Als sie die Hand hob, um eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht zu wischen, berührte sie unabsichtlich seinen Arm.
    Er fuhr zu ihr herum und packte ihre Hand. Mit flammenden Augen starrte er sie an. »Ich halte das nicht mehr aus«, stieß er hervor. »Du weißt nicht, was du mir antust.«
    »Doch«, flüsterte sie und hielt still, obwohl sein Griff schmerzte. »Das Gleiche tust du mir an, Gábor.«
    Seine Augen wurden heller, vom glühenden Schwarz zu einem warmen Braun. Er packte ihre Hand noch fester, und dann riss er sie an sich. Sein Körper drängte sich mit erschreckender Heftigkeit gegen sie. Sie wich aber nicht zurück, im Gegenteil, sie presste sich an ihn, denn in diesem Moment sehnte sie sich nach nichts mehr, als in ihm aufzugehen. Sein Geruch war stärker, dunkler geworden. Er hob sie mit einem Ruck hoch, so dass ihre Köpfe auf gleicher Höhe waren.
    »Veronika«, flüsterte er.
    Ein schluchzendes Geräusch entwich ihrer Kehle. Sie musste unbedingt sein Gesicht berühren, seine Wangen, den sanften Bogen seiner Augenbrauen. Als sie seine Lippen nachfuhr, nahm er ihren Finger in den Mund und biss sanft darauf. Ein solch süßer Schauer durchfuhr sie, wie sie ihn noch nie gespürt hatte. Ohne zu zögern, küsste sie ihn.
    Wenige Schritte brachten ihn mit Veronika in den Armen zum Bett. Er setzte sie weniger auf das Lager, als dass er mit ihr zusammen darauffiel. Während sie einander mit den Mündern verschlangen gab er Geräusche von sich, die mehr Wolf als Mensch waren. Oder vielleicht war sie es auch, die die Laute ausstieß.
    Er riss ihr Nachtgewand auseinander, und sie streifte ihm den Mantel von den Schultern. Waren es Küsse oder Bisse, die sie miteinander teilten? Ihr Verlangen war beinahe schmerzhaft. Nichts war wichtiger als seine Haut an ihrer, als würde sie sterben, wenn er kein Teil von ihr wurde. Die Welt um sie herum versank wie ein Boot auf stürmischer See.
    Plötzlich packte er sie an den Handgelenken und schob sie von sich weg. Sie sah, dass er auf ihre rechte Schulter starrte, dort wo das Feuermal ihre Haut verunstaltete.
    »Was ist los?«, fragte sie irritiert.
    Er drehte den Kopf zur Seite. Seine Stimme war leise, als er sprach. »Das dürfen wir nicht. Es ist falsch.«
    Träge sickerten die Worte zu ihr durch. Dort, wo ihre nackte Haut gerade noch geglüht hatte, fröstelte sie nun in der kalten Luft. Sie starrte ihn an, doch er hielt den Blick abgewandt. Die Kälte durchzog ihren Körper, sie fühlte sich, als wäre das Blut in ihren Adern zu Eis gefroren. »Schau mich an«, flüsterte sie. »Und erklär mir, was in dir vorgeht.«
    Langsam drehte er das Gesicht zu ihr zurück. Seine Augen waren dunkel wie Kohle. »Nein.«
    Sie zuckte zurück. Er begehrte sie nicht, das musste es sein. Scham und Schmerz stachen mit Eiszapfen auf sie ein. Sie hatte sich ihm wie eine Dirne an den Hals geworfen, weil sie seine Nähe mehr brauchte als alles andere auf der Welt. Doch er wollte sie gar nicht.
    Plötzlich ertrug sie seine Gegenwart nicht länger. Sie riss die Arme aus seinem Griff und fuhr in die Höhe, griff die Reste ihres Gewandes und lief zur Tür. Egal wohin, sie wollte nur fort von ihm.
    Schneller als ein Windstoß war er jedoch an ihrer Seite und riss sie zurück. Er packte sie an den Schultern, presste sie mit dem Rücken an die Wand, so dass sie ihn ansehen musste.
    »Lass mich

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