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Mondherz

Mondherz

Titel: Mondherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Spies
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bohrten sich so fest in das Holz der Fensterläden, dass sie tiefe Rillen hinterließen.
    »Du willst sie zurückschicken?« Miklos Stimme klang hell vor Überraschung. »Sie ist doch wegen uns von dort ausgerissen. Sie hat uns vor den Soldaten gerettet.«
    Veronika wusste, wie schwer es ihm fiel, seinem Lehrer zu widersprechen. Sie wäre dankbar dafür, wenn sie neben ihrer Wut noch zu einem anderen Gefühl fähig gewesen wäre.
    »Sie hat die Kontrolle über sich verloren.« Gábor sprach in einem sachlichen Ton. Jedes seiner Worte war ein Stachel, der sich in ihre Brust bohrte. »Damit hat sie uns zwar gerettet, doch es darf nicht noch einmal geschehen. Sie würde unser Wolfsblut verraten. Außerdem ist sie in Temeschburg nach wie vor am sichersten.«
    Miklos öffnete den Mund, um zu widersprechen. Gábor und er starrten sich an. Veronika wusste, wer den stillen Kampf gewinnen würde. Gábor, dieser Bastard! Auf unsicheren Beinen tat sie einen Schritt ins Zimmer zurück. Dort blieb sie zitternd stehen, die Hände zu Fäusten geballt. Einzig die Wut schien ihr Herz weiterpochen zu lassen, ansonsten fühlte sie sich so kraftlos, als wäre sie todkrank.
    Wenig später hörte sie Miklos’ Schritte auf der Treppe, sein zaghaftes Klopfen an der Tür, bevor er eintrat. Sie sah nicht auf, als er zu ihr ging.
    »Du hast das Gespräch gehört«, stellte er fest. »Das tut mir leid.«
    Seine Stimme und sein vertrauter Duft lösten endlich die Starre. Sie warf sich in seine Arme und barg ihr Gesicht an seiner Schulter. »Ich hasse ihn«, rief sie erstickt in sein Hemd.
    Er strich über ihr Haar, und sie merkte an seiner Kopfbewegung, wie er sich in ihrem Raum umsah. Tief sog er den Atem ein, dann hielt er plötzlich inne. »Was habt ihr getan?«, flüsterte er. »Was …«
    Er schob sie ein Stück von sich weg. Seine Narben leuchteten in einem aufgeregten Purpurrot, und verlegen wandte er den Blick von ihr ab. Sie wusste, er hatte Gábors Geruch wahrgenommen – in diesem Zimmer und an ihrem Körper. Sie schlang beschämt ihre Arme um sich.
    »Gábor hat gesagt, er liebt mich!«, flüsterte sie. »Aber er, er hat mich …«
    Miklos riss die Augen auf. »Er hat dich gegen deinen Willen berührt? Er hat …« Sie sah, wie er nach Worten suchte.
    »Nein, er ist einfach abgehauen!«, rief sie. Ihr Frust brach sich in neuen Tränen Bahn. »Als ob er meinen Anblick plötzlich nicht mehr ertragen kann. Und jetzt schickt er mich nach Temeschburg zurück.«
    »Nur weil er will, dass du sicher bist«, meinte Miklos, doch er blickte reichlich betreten dabei drein. »Er sagte, er liebt dich?«, murmelte er.
    Sie wischte sich über die Wangen. »Er sagte, wir verstoßen gegen Gottes Willen, wenn wir als Paar zusammen sind. Deshalb ist er gegangen, bevor …« Sie senkte den Blick.
    Miklos räusperte sich. Er sah immer noch reichlich verwirrt aus. »Vielleicht hat er Bedenken, weil du sein Mündel bist?«
    »Wenn es das ist, warum hat er es dann nicht gesagt?«, rief sie. Sie stampfte mit dem Fuß auf. Konnten Gábors Gründe so einfach sein? Sie glaubte es nicht. Aber es war offensichtlich, dass Miklos auch nicht mehr wusste als sie.
    »Ich muss mit ihm reden.« Sie legte mehr Entschlossenheit in ihre Stimme, als sie fühlte. Miklos nickte nur und umarmte sie. Für einen Moment schloss sie die Augen und holte tief Luft, atmete etwas von Miklos’ Kraft ein.
    Hilf mir, Herr.
     
    Sie fand Gábor im Stall. Mit dem Rücken zur Tür saß er auf einem Schemel und putzte seinen Sattel. Er schien so vertieft darin zu sein, dass er sie nicht bemerkte. Allerdings kannte sie seine feinen Sinne und wusste, dass er sie ignorierte.
    Plötzlich zaghaft, sah sie sich um. Es war dunkel und roch nach Heu und Mist. Die erschöpften Pferde fraßen konzentriert, ohne sich zu ihren Besuchern umzudrehen. Das Mahlen ihrer Kiefer war das einzige Geräusch im Raum, bis Veronika ihre Scheu überwand. »Du bist mir noch eine Erklärung schuldig.«
    Er schien nicht überrascht zu sein. Bedächtig stand er auf und legte den Sattel zur Seite, dann trat er auf sie zu. Seine Miene war ruhig, doch sie sah, wie seine Augen flackerten. Hatte er genauso Angst wie sie? Dieser Gedanke beunruhigte sie allerdings nur noch mehr.
    »Du verschweigst mir etwas«, stieß sie hervor. Seine Finger zuckten, als wolle er die Hand heben, um sie zu unterbrechen, doch sie sprach weiter. »Das ist genauso schlimm wie eine Lüge.«
    Zwei Armlängen vor ihr blieb er stehen. Er seufzte.

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