Mondherz
kann solch unzuverlässiges Pack nicht gebrauchen.«
»Ihr kennt sie doch gar nicht«, fuhr sie auf. Wie konnte Michael so etwas sagen? Er musste doch wissen, wie eng sie Viktor verbunden gewesen waren, selbst wenn er bisher nur selten oder gar nicht auf die Roma getroffen war. »Redet mit ihnen, dann werdet Ihr sehen, dass Eure Vorurteile falsch sind.«
»Vorurteile?« Michael hob die Augenbrauen. »Habt Ihr bei den Zigeunern jemals Rüstungen oder Schwerter gesehen? Sie könnten Drăculea bestehlen, das wäre vielleicht nützlich.« Er grinste.
Veronika stemmte die Hände in die Hüften. Waren Michaels Scherze früher auch schon so hämisch gewesen? »Nehmt wenigstens ein paar von ihnen als Kundschafter mit«, schlug sie vor. Auf diese Weise würde Michael vielleicht später einsehen, dass er einen Fehler gemacht hatte, und wenigstens ein paar der Roma kämen zu ihrer Rache. »Sie sind schnell, und sie kennen die Wege der Walachei besser als Ihr.«
»Ihr gebt nicht auf, oder?« Michael hob die Hände. »Gut, zwei von ihnen können mitkommen. Morgen Mittag müssen sie hier sein, und für Pferde und Waffen müssen sie selbst aufkommen.«
Veronika nickte. »Ihr werdet mir noch dafür danken.«
Michael zuckte die Schultern. »Jedenfalls habt Ihr meine Laune wieder gehoben«, sagte er. »Es ist gut zu wissen, dass Gábors Intrigen Euch nicht verderben konnten.«
»Wie meint Ihr das?«, fragte Veronika angespannt.
In diesem Augenblick kam die Magd und stellte ein Tablett mit Zinnbechern und einem Krug Wein auf den Tisch, dann eilte sie gesenkten Hauptes wieder davon. Michael ignorierte die Becher und setzte den Krug an den Mund. Rot lief der Wein an seinem Kinn herunter. Danach knallte er den Krug mit solcher Wucht auf den Tisch, dass Veronika zusammenzuckte.
»Gábor ist ein verlogenes Schwein«, sagte er und wischte sich über den Mund. »Er hat dafür gesorgt, dass mein eigener Neffe mich loswerden will.«
Veronika schüttelte den Kopf. Sie ignorierte, dass ihr Herz beinahe schmerzhaft schnell pochte. »Das passt nicht zu ihm. Er schmiedet keine Intrigen.«
»Nein?« Michaels Augen blitzten. »Er lässt es immer so aussehen, als sei er der edle Ritter, nicht wahr? Doch hat er jemals etwas Gutes für Euch getan?«
Sie schloss für einen Moment die Augen. Da waren sie wieder, ihre Wut und ihre Zweifel. »Was hat er gegen Euch?«, fragte sie.
»Ihm passt es nicht, dass ich die Gelegenheit ergriffen habe, Regent zu werden. Ihr kennt seine Sprüche. ›Werwölfe greifen nicht nach Macht. Der Bund dient den Menschen.‹« Er zog eine hasserfüllte Grimasse. »Doch ich habe hinter seine Fassade geblickt. Er ist feige. Das ist sein türkisches Blut. In der Öffentlichkeit ist er zurückhaltend, doch im Geheimen zieht er die Fäden. Und er scheut nicht davor zurück, seine Brüder zu verraten, wenn sie ihm im Weg stehen.« Er ballte die Fäuste. »Er hat meinen Neffen genarrt, hat ihn eingewickelt, ihn verhext, was weiß ich. Ich war es, der Mathias zum Thron verholfen hat, und jetzt werde ich davongeschickt wie ein lästiges Weib.«
Veronika schüttelte den Kopf. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Michael starrte sie an, und Wut verzerrte seine Züge so, dass von seiner Attraktivität nicht mehr viel zu erkennen war. Die Wut war nicht gegen sie gerichtet, doch als er die Schultern hängen ließ, wusste sie, dass er von ihrer fehlenden Reaktion enttäuscht war.
»Geht jetzt«, sagte er. Er winkte mit der Hand, scheuchte sie davon wie eine störende Fliege. »Ich überlasse Euch die Haushaltsführung, während ich weg bin. Aber Gábor hat hier Hausverbot. Ich will mir später nicht anhören müssen, dass er Euch wieder eingewickelt hat. Habt Ihr verstanden?«
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27 . Kapitel
Buda, März 1458
A m folgenden Abend reiste Michael mit einem großen Tross aus Rittern und Söldnern ab. Unterwegs würde er weitere Männer rekrutieren. Einen seiner Werwölfe ließ er in Buda zurück, um Veronika zu schützen, oder, wie sie mutmaßte, ein Auge auf sie zu haben. Zu ihrer Zufriedenheit hatte er jedoch tatsächlich zwei Roma mitgenommen, Paulo und seinen Bruder Marko. Sie war es den Roma schuldig gewesen, dass sie am Kampf gegen Drăculea beteiligt wurden. Paulo hatte ihr beim Abschied ernst zugenickt, und sie wusste, dass über die geheimen Pfade der Roma stets die neuesten Nachrichten aus der Walachei zu ihr gelangen würden.
In den folgenden Tagen hätte sie das Romalager in Pest gerne öfter besucht, doch
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