Mondherz
zu, und schnell fielen andere mit ein. Doch einige standen weiterhin steif und mit strengen Gesichtern da. Sie galt es zu überzeugen, und Gábor hoffte, dass Mathias’ Worte dies vermochten.
Die Versammlung tagte bis in die tiefen Nachtstunden, beriet über die Geschicke des ungarischen Staates, über Steuererhebungen und die Gefahr durch die Türken. Am nächsten Morgen ging es weiter. Eine Woche dauerten die Gespräche, doch am Ende triumphierte Mathias und setzte viele seiner Anliegen durch.
So stimmten die Stände zu, als er einen neuen Palatin ernannte, den Erzkämmerer Guti-Orszag, den er in seiner Zeit als Gefangener zu schätzen gelernt hatte. Der alte Palatin Gara, der doch so gerne König geworden wäre und nun kein einziges Amt mehr innehatte, verließ Buda daraufhin wutentbrannt.
Außerdem hatte Mathias auf das Aufstellen eines neuen Heeres gedrungen. Bisher waren die Könige stets von den Aufgeboten des Adels abhängig gewesen, doch Gábor hatte Mathias den Rat gegeben, eigene, gut ausgebildete Söldnereinheiten aufzubauen. Bereits Johann Hunyadi hatte über solche Truppen verfügt, sie allerdings von seinem eigenen Reichtum bezahlt. Jetzt wollte der König dies auf Landesebene fortführen. »Bezahlt die Soldaten gut und regelmäßig, und sie werden Euch treu dienen«, hatte Gábor seinen Vorschlag erläutert. »So gewinnt Ihr ein schlagkräftiges Heer, ohne von den großen Adelsfamilien abhängig zu sein.« Die Stände feilschten in den Verhandlungen zwar um jede Summe, die ihnen dies an zusätzlichen Steuern auferlegte, doch da sie insgeheim froh waren, ihre leibeigenen Bauern damit sicher auf den Äckern zu wissen, stimmten sie am Ende ohne große Vorbehalte zu.
»Wenn Michael wüsste, wie gut ich mich behaupte«, flüsterte Mathias einmal Gábor zu, und in seinen Augen blitzte der Schalk. »Er würde vor Ärger einen Tobsuchtsanfall bekommen.«
Mathias wuchs immer mehr in sein Amt als König hinein und die Widerstände gegen ihn schwanden – bis Michael an einem Tag im Mai zurückkehrte. Kundschafter kündigten die Ankunft seiner Truppen an, und bald verbreitete sich deren Botschaft in der ganzen Stadt: Der Regent hatte in der Walachei siegreich gekämpft. Er hatte Graf Drăculea vom Thron gestoßen, mehr noch, er führte den Barbaren sogar als Gefangenen mit sich.
Gábor hatte die Nachricht schon einige Tage früher erhalten und auch Veronika benachrichtigen lassen, damit sie sich auf die Ankunft des Hausherrn vorbereiten konnte. Ihn erfüllte es mit Unruhe, dass Michael den gestürzten Woiwoden mitbrachte. Drăculea hatte im Kampf sterben sollen. Der Anspruch Ungarns auf die Walachei war durchaus rechtmäßig, und wenn Drăculea sich diesem unterworfen hatte, gab es keinen legitimen Grund für ein offizielles Todesurteil. Denn sie wussten zwar, dass er ein Verräter war, doch Beweise gab es dafür keine. Die Aussagen von Veronika und ein paar Roma würden vor Gericht niemals ausreichen. Was bezweckte Michael? Hatte er Beweise gefunden, die eine öffentliche Verurteilung Drăculeas ermöglichten?
Es war kurz vor Pfingsten und der frühe Sommer schenkte wunderbares Wetter. Der König beschloss, seinen Regenten im Freien zu empfangen. Und so wurden auf dem freien Platz vor seiner Burg, den sein Vorgänger Ladislaus noch hatte pflastern lassen, weiße Stoffzelte aufgebaut. Die Fahnen des Reiches und das Wappen der Hunyadis wehten über den Burgzinnen im Wind. Gábor, der es wie immer ablehnte, sich wie ein Pfau herauszuputzen, stand abseits und beobachtete die Vorbereitungen. Er sah Miklos, der sich zwischen den jungen Rittern herumtrieb. Obwohl er nur selten raufte, ging er auch keinem Kampf aus dem Weg und die jungen Männer schätzten ihn für seine starken Fäuste. Sein vernarbtes Gesicht war inzwischen in der ganzen Burg bekannt. Seit er eine Magd vor einem tobenden Pferd gerettet hatte, indem er das Tier mit Knurren und Schlägen vertrieb, glaubten die Bediensteten sogar, dass er Glück brachte. Gábor war sich darüber bewusst, dass es fast schon vermessen war, Miklos noch seinen Schüler zu nennen. Er hatte ausgelernt, das hatte bereits seine Berichterstattung aus Buda während der Königswahl gezeigt. Und trotz seiner unverbrüchlichen Treue zu Gábor hatte er inzwischen eine eigene Meinung, das hatte Gábor in ihrem Gespräch über Veronika nur zu deutlich erkannt.
Unter einem Zeltdach hatte sich der König auf seinem Thronstuhl niedergelassen, der eigens hier herausgeschafft
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