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Mondherz

Mondherz

Titel: Mondherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Spies
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Geruch, ein Geräusch? Rasch sah er sich um. Er stand im Hinterhof einer Taverne. Das Grölen betrunkener Söldner klang aus den Fensterluken. Etwas stimmte ganz und gar nicht. Das Gackern der Hühner war verstummt. Ein Hund in einem Nachbarhof jaulte auf und war dann still.
    Gábor wandte sich dem Hinterausgang der Taverne zu, doch die Tür wurde aufgestoßen, ehe er dort war. Zwei Schatten kamen auf ihn zu, ein anderer trat durch die Pforte rechts von ihm. Als Letzter kam auch sein Verfolger heran, ein blasser Kerl mit der dienstbeflissenen Miene eines Mannes, der seinen Auftrag erledigt hatte.
    Gábor sog die Luft ein und fluchte lautlos. Da mokierte er sich über die Dummheit eines anderen und war selbst wie ein Anfänger in die Falle getappt.
    »Wen haben wir denn da.« Grinsend trat einer der Werwölfe näher.
    Von seinem Verfolger abgesehen, kannte Gábor ihre groben Gesichter, ihren scharfen Geruch nach Schweiß und Mensch. Es war Michaels Rudel, das Gábor umringte.
    »Was treibst du dich in unserem Revier herum?«, redete der Werwolf weiter und strich sich über den verfilzten Bart.
    Gábor zog die Augenbrauen hoch. »Dieser Hinterhof ist euer Revier? Wie passend. Ich dachte mir schon, dass ihr euch zwischen Latrinengruben wohl fühlt.« Er verschränkte die Arme. Er durfte keine Schwäche, keine Angst zeigen. Sein Wolf behielt die Gegner wachsam im Blick. Einzeln waren sie ihm alle vier unterlegen. Doch als Gruppe konnten sie ihm gefährlich werden, und das wussten sie auch.
    »Du hast eine Abreibung verdient, weil du unserem Rudelführer ständig auf die Nerven gehst.« Ihr Wortführer ballte die Fäuste. Seine Brüder taten es ihm nach. Immer näher rückten sie an Gábor heran. Er sah die Wölfe in ihren Augen tanzen wie schwarze Lichter.
    Er fletschte die Zähne. Und da roch er es, den dunklen Geruch eines weiteren Werwolfs, schwach erst, doch schon im nächsten Moment hüllte er ihn vollständig ein. Pavel trat aus dem Hinterausgang der Taverne.
    Sein Erscheinen ließ alle Wölfe erst vor Furcht erstarren und dann unterwürfig die Köpfe senken. Auch Gábor kam nicht gegen seinen Instinkt an und krümmte die Schultern. Allerdings bemühte er sich, nicht den Blick zu senken.
    Pavel trug sein altes Waffenhemd und ein Schwert am Gürtel, doch das brauchte er nicht. »Da komme ich ja gerade noch rechtzeitig.« Seine Stimme schnitt so kalt durch die Luft, dass zwei der Männer aufjaulten. »Kaum ist euer Ältester tot, wollt ihr raufen wie tollwütige Hunde. Verschwindet«, zischte er, »los!«
    Die Männer schlichen davon. In Wolfsgestalt hätten sie wohl ihre Schwänze eingekniffen, in ihrer Menschenform humpelten sie, tief gebückt vor Ergebenheit.
    »Du bleibst.« Pavel fixierte Gábor mit stählernem Blick. »Und erklärst mir, was hier los ist. Wolltest du dich mit diesen Kindern prügeln?«
    Gábor atmete erleichtert aus. Als Pavel plötzlich auftauchte, hatte er sich gefragt, ob der Älteste etwas mit diesem Hinterhalt zu tun hatte.
    »Sie haben mir aufgelauert«, erwiderte er. »Michael und ich sind momentan nicht die engsten Freunde.«
    Pavel schnaubte. »Unter anderem deshalb bin ich hier. Es wird Zeit, dass hier wieder Ordnung einkehrt. Ich wohne mit meinen Männern in der Taverne zum Goldenen Horn. Vor dem letzten Glockenschlag erwarte ich dich und deinen Schüler dort. Michael wird ebenfalls da sein.«
     
    So spät herrschte in der Taverne kaum mehr Betrieb. Nur noch wenige ließen ihre Bierkrüge füllen, so kurz bevor die Kirchglocken ein letztes Mal schlugen und nur noch Tunichtgute auf den Straßen unterwegs waren und den Patrouillen der Nachtwächter auswichen. Gábor sah den misstrauischen Blick des Wirts, als er durch die Gaststube ging, dicht gefolgt von Miklos. Sie rochen die Fährte der anderen und folgten ihr zu einem Hinterzimmer. Pavel und ein paar seiner Männer saßen bereits, als sie eintraten, und sahen ihnen aufmerksam entgegen.
    Ein Bierfass stand auf dem Tisch. Keiner schien allerdings große Lust aufs Trinken zu haben. Es lag eine Schwere in der Luft wie vor einem Gewitter, so durchdringend, dass es wahrscheinlich sogar die Menschen spürten. Bestimmt hatte der Wirt vom Goldenen Horn in den letzten Stunden ein schlechteres Geschäft gemacht als seine Konkurrenten.
    Mit einem kurzen Gruß ließen Gábor und Miklos sich nieder, und da kam auch schon Michael herein. Polternd warf er die Tür hinter sich zu. Keiner sagte etwas. Michael sah stirnrunzelnd in die Runde und

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