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Mondherz

Mondherz

Titel: Mondherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Spies
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mahlten wie von unterdrückter Wut. Er war fast ebenso aufgewühlt wie sie, erkannte sie. Er spürte ihren Blick wohl, denn sein Griff wurde fester.
    »Eure Majestät.« Seine Stimme schnitt scharf durch die Nacht. »Wie seid Ihr auf diese fürchterliche Idee gekommen?«
    Der junge König senkte den Kopf. »Michael hat mir die List vorgeschlagen.«
    »Dieser Hund«, rief Veronika wütend. »Dabei hat er mir versprochen, sich nicht in meine Belange einzumischen.«
    Gábor drückte ihre Hand immer noch, ließ nicht zu, dass sie sich von ihm löste. »Majestät, Ihr solltet Euch schämen«, sagte er. »Dass Ihr Euch auf so etwas eingelassen habt.«
    Mathias’ Gesicht war blass, als er Veronika ansah. »Ja, ich habe Euch belogen«, flüsterte er. »Die Prophezeiung Eures Volkes sagt, dass Ihr für königliches Blut bestimmt seid. Wenn ich damit gemeint bin, muss ich vorher wissen, wer Ihr seid, könnt Ihr das nicht verstehen? Bis auf meinen Namen …«, er stockte. »Alles andere war echt, das versichere ich Euch.«
    Veronika musterte ihn mit blitzenden Augen, erwiderte jedoch nichts. Sie wollte den König von Ungarn nicht beschimpfen, also hielt sie lieber den Mund, auch wenn es sie ihre ganze Beherrschung kostete.
    Gábor erlöste sie. »Eure Majestät, dürfen wir Euch zurück in die Burg geleiten?«, fragte er in ehrerbietigem Tonfall. Immer noch hielt er Veronikas Hand, und seine warme Berührung fühlte sich tröstlich an. Mathias nickte nur, wandte endlich seinen Blick von Veronika ab. Gemeinsam gingen sie den Pfad zur Pforte entlang, und der König ging mit gebeugten Schultern neben Gábor.
    »Ich begleite dich zu Michael«, flüsterte Gábor Veronika zu. Seine Augen blickten düster. »Ich werde ihn für das hier zur Rede stellen.«
    Plötzlich blieb er stehen und packte Mathias am Arm. Es waren nur noch einige Dutzend Schritte zur Mauer. Das Tor der Pforte stand offen. Veronika runzelte die Stirn. Wo war der Mann, der vorhin Wache gehalten hatte? Dann roch sie das Blut.
    Gábor ließ ihre Hand los und legte einen Finger an die Lippen. Mit der anderen Hand zeigte er auf die Mauer. Veronika verstand. Sie raffte ihren Rock und glitt zur Seite, huschte durch das Gras auf die Mauer zu. Nur fort von der Pforte, hinter der plötzlich erschreckend leer die Nacht gähnte. Sie presste sich in den Schatten der Mauersteine. Mathias war direkt hinter ihr.
    Sie ließ zu, dass ihre Wölfin sich vordrängte und wachsam den Kopf hob. Sie hörte es rascheln, auf der anderen Seite der Mauer.
Männer,
witterte sie.
Waffen.
    Gábor stand nicht mehr auf dem Pfad, sondern lehnte jetzt hinter einem Baum, reglos wie eine Statue. Sie wusste, auch er war jetzt ganz Wolf.
    Wer immer dort draußen lauerte, war vorsichtig. Waren es Attentäter mit dem Ziel, den König zu ermorden? Hinter sich hörte sie Mathias flach atmen. Sie roch seine Angst.
    Gábor zückte seinen Dolch. Matt schimmerte die Klinge im Sternenlicht. Er sah zu ihr herüber. Er wollte, dass sie zurückwichen. Veronika biss sich grimmig auf die Lippen. Sie würde ihn nicht allein lassen, egal was er dachte.
    »Geht«, hauchte sie Mathias ins Ohr. »Langsam. Die Mauer entlang.« Er wollte ihre Hand fassen, doch sie schob ihn weg, drückte ihn sanft, aber nachdrücklich in die andere Richtung. Doch der dumme Kerl blieb stehen, weigerte sich, ohne sie zu gehen. Veronika ließ ein leises Knurren in ihrer Kehle aufsteigen.
    Endlich schien er zu verstehen. Langsam drehte er sich um und tastete sich die Mauer entlang, weg von ihr. Er bewegte sich unbeholfen, da er nicht so viel sah wie sie. Nur einen Moment blickte sie ihm nach, dann ließ sie ihre Augen durch den dunklen Garten schweifen. Wenn sie sich nicht verwandeln wollte, brauchte sie eine Waffe. Dort, wenige Schritte entfernt, sah sie einen Stock im Gras liegen. Mit wenigen Griffen band sie ihren Rock bis zu den Knien hoch, damit der Saum nicht zur Stolperfalle geriet. Vier leise Schritte, und sie packte den Stock. Sie blickte auf.
    Gábor hatte sich inzwischen von dem Baum gelöst und schlich durch die Dunkelheit auf die Pforte zu. Sie folgte ihren ausgetretenen Spuren zurück zur Mauer, dann bewegte sie sich in deren Schatten ebenfalls auf die Pforte zu. Gábor erblickte sie, und sie sah, wie er die Lippen zusammenpresste, doch er konnte kaum etwas tun. Direkt an der Pforte lehnte sie sich gegen den kühlen Stein und hob den Stock. Wer immer von draußen in den Garten wollte, würde mit ihm Bekanntschaft machen.
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