Mondherz
Runde, die sich heute zum Abendessen in den privaten Gemächern des Königs versammelt hatte. Der Graf von Székhely mit seiner schreckhaften Gattin, die zu Besuch bei Hofe weilten, dazu der Hofmarschall und Palatin Guti-Orszag. Veronika saß an Mathias’ Seite und biss sich auf die Lippen. Seit Temeschburg war sie der Gräfin Hunyadi nicht mehr begegnet, und bei Hofe hatte sie es bisher so richten können, dass sie nicht anwesend war, wenn die Witwe zu Gast war. Wenn sie gewusst hätte, dass Mathias seine Mutter eingeladen hatte, wäre sie dem Essen auch heute mit einer Ausrede ferngeblieben. Sie erhob sich so rasch, dass ihr Stuhl gefährlich ins Schwanken geriet.
»Das wird nicht nötig sein«, meinte sie kühl und raffte ihr Kleid. »Eure Majestät, erlaubt Ihr mir, mich zurückzuziehen?«
»Nein.« Der König starrte seine Mutter an, als sähe er sie zum ersten Mal. »Die Gräfin Hunyadi muss Euch verwechselt haben«, sagte er langsam. »Ist es nicht so?«
»Ich weiß ganz genau, wen ich hier vor mir sehe.« Seine Mutter war nur wenige Schritte in den Raum getreten, um dann steif stehen zu bleiben und die Arme vor der Brust zu verschränken.
Sie war noch magerer als früher, stellte Veronika fest, und trug immer noch das strenge Witwengewand. Die Falten um ihre Augen hatten sich tief eingegraben.
»Ich kann es nicht glauben, dass mein Sohn sich mit dieser Frau eingelassen hat, dieser Kreatur!« Die Gräfin spuckte dieses Wort mit einer Mischung aus Verachtung und Furcht aus.
Veronika kniff die Augen zusammen. Bei allem Verständnis für die Gräfin gefiel es ihr nicht, in der Öffentlichkeit brüskiert zu werden. Ehe sie etwas sagen konnte, legte Mathias ihr eine Hand auf den Arm.
»Mäßigt Euch, Mutter«, sagte er. Sein Ton sorgte dafür, dass die anderen Gäste ihre Köpfe einzogen.
Nicht so die Gräfin. Als sie die Hand hob, zitterten ihre Finger vor Zorn. »Du!« Sie deutete auf Veronika. »Ich wusste, dass du nur Unglück bringst. Du hast Trauer über mein Haus gebracht und bist dann geflohen. Jetzt hast du meinen Sohn verhext. Und wahrscheinlich bist du auch schuld daran, dass er meinem Bruder Michael nicht mehr vertraut. Was willst du von Mathias? Welchen Plan verfolgt dein Pack?«
»Mutter!« Mathias war aufgesprungen, und seine Wangen glänzten vor Wut. »Euer Verhalten ist ungeheuerlich. Bittet Veronika sofort um Verzeihung, sonst kann ich Euch hier nicht länger dulden.«
»Niemals.« Die Gräfin hob ihr Kinn. »Nicht, bevor sie sich mir gegenüber erklärt hat.«
»Dann will ich Euch heute nicht länger sehen«, sagte der König kühl. Als seine Mutter keine Anstalten machte, seinem Befehl Folge zu leisten, winkte er mit herrischer Bewegung seinen Wachleuten, die hinter der Gräfin an der Tür standen. »Geleitet sie hinaus!«
Die Soldaten näherten sich der Gräfin, und für einen Moment fürchtete Veronika, sie würden die Frau mit Gewalt hinauszwingen müssen. Doch die Gräfin fuhr herum und marschierte an ihnen vorbei, ohne sich noch einmal umzusehen.
Ein unbehagliches Schweigen legte sich über die Runde. Veronika sah die Verwirrung in den Mienen der Gäste, roch ihre aufgeregte Neugier. Während der Palatin und der Hofmarschall höflich genug waren, ihre Blicke gesenkt zu halten, gafften der Graf von Székhely und seine Gattin sie unverwandt an.
»Setzen wir uns wieder«, meinte Mathias. Er war bleich, sah jung und aufgewühlt aus, doch seine Hand lag immer noch auf Veronikas Arm.
Nur allmählich kam das Gespräch wieder in Gang, allerdings ohne dass jemand sich traute, das Vorgefallene zu erwähnen. Veronika war der Appetit vergangen. Ihre Gedanken kreisten ohne Unterlass um die Worte der Gräfin, und so war sie froh, als Mathias das Essen recht schnell beendete. Allerdings bat er sie, noch zu bleiben, und dies konnte sie ihm schlecht verweigern.
»Verzeiht meiner Mutter«, sagte er, während sie in sein Schlafgemach hinübergingen. Er bemühte sich um ein Lächeln, das allerdings nicht bis in seine besorgten Augen reichte. »Nehmt ihre Abneigung nicht zu schwer. Sie war schon immer aufbrausend, dabei hat sie nur mein Wohl im Sinn. Ich werde sie davon überzeugen, dass Ihr zu mir gehört.«
Veronika blieb still.
Was willst du von Mathias?,
hatte die Gräfin sie gefragt. Sie hätte nichts darauf antworten können.
Mathias streifte seine Schuhe ab und setzte sich auf die Kante seines Betts. Statt sich neben ihn zu setzen, ließ sich Veronika auf dem Boden nieder, um die
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