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Mondherz

Mondherz

Titel: Mondherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Spies
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Bänder ihrer engen blauen Schnabelschuhe zu öffnen, die an den Fersen drückten und vorne die Zehen zusammenpressten. Plötzlich fiel ihr das Atmen schwer. Sie verharrte am Boden. Nicht die Schuhe engten sie ein, nicht das hübsche lindgrüne Kleid oder die Mauern der Burg. Mathias’ Gegenwart war es, die ihre Brust schmerzen ließ. Wie seine Augen leuchteten, wenn sie ihm nur ein Lächeln schenkte. Dabei war alles eine einzige Lüge. Sie holte krampfhaft Luft. Die Gräfin war eine grässliche Person, doch sie wusste, dass ihrem Sohn Unrecht geschah. Veronikas Schuld würde noch größer sein, wenn sich die beiden wegen ihr entzweiten.
    »Was ist mit Euch?« Mathias beugte sich vor und strich zärtlich über ihre Wange, dann hob er ihr Kinn. Er sah besorgt drein, und als sie nichts sagte, ließ er sich von der Bettkante rutschen, bis er neben ihr auf dem Boden saß.
    »Haben Euch die Worte meiner Mutter so verletzt?« Er wartete, doch Veronika blieb still. »Bitte sagt es mir. Denn je näher ich Euch komme, desto ferner erscheint Ihr mir. Wie kann ich Euer Herz gewinnen?«
    Sie konnte ihm nicht in die Augen schauen, konnte nicht atmen, nicht lügen. »In der Prophezeiung wurde niemals mein Herz erwähnt«, stieß sie hervor. »Ihr verlangt zu viel von mir.«
    »Tue ich das?« Er richtete sich auf. Immer noch lag seine Hand unter ihrem Kinn. »Bisher habe ich gar nichts verlangt. Jeden Abend habe ich zugesehen, wie Ihr vor mir weggelaufen seid. Denkt Ihr, ich tue das, weil es mir Freude macht?«
    »Es tut mir leid«, flüsterte sie.
    »Wenn es Euch leidtut«, er ließ ihr Gesicht los und packte ihre Hand, »dann helft mir, Euch zu verzeihen.« Mit entschlossenem Schwung zog er sie hoch und presste sie an sich. Sein Atem war warm und roch nach Wein. »Ich habe keine Angst vor Euch.«
    Sie zitterte, als seine Hände über ihren Rücken strichen. Ihre Wölfin grollte, warf sich gegen die Fesseln, die sie ihr angelegt hatte. Die Fesseln hielten, doch das änderte nichts.
    »Bitte«, flüsterte sie, »lasst mich los.«
    »Das kann ich nicht«, murmelte er. Seine Hände schlossen sich um ihre Hüften, er zog sie noch enger an sich heran, dann ließ er sich mit ihr auf den Boden sinken.
    »Nein!« Sie wand sich unter seinen Händen, doch er hielt sie fest.
    »Vereinigt Euch mit mir«, sagte er rauh. »Nur einmal. Dann habt Ihr der Prophezeiung Genüge getan.«
    Sie wimmerte.
Nur einmal.
Sie hielt die Hände an den Körper gepresst, während er ihr das Kleid von den Schultern streifte. Seine Lippen glitten über ihren Hals, sein Körper drängte sich an sie. Sie musste nur stillhalten, nur ihre Wölfin unter Kontrolle halten, dann würde es schnell vorbei sein. Sie keuchte auf, als die Wölfin versuchte, nach vorne zu kommen.
Nein.
    Der König schien ihr Keuchen falsch zu verstehen. Er murmelte Zärtlichkeiten in ihr Haar, als er mit einer Hand ihr Bein entlangfuhr, ihren Rock packte und nach oben zog. Sie spürte die Härte zwischen seinen Schenkeln, als er sich an ihre nackten Hüften presste.
    »Nein!« Diesmal kam das Wort laut über ihre Lippen, und sie versuchte, sich unter ihm aufzurichten. Ihre Fäuste ballten sich wie von allein.
    »Haltet still!« Er umfasste ihre Schulter, drückte sie auf den Boden zurück, hielt sie mit seinem Gewicht unter sich gefangen. Mit der anderen Hand nestelte er an seiner Tunika. Sein Gesicht war viel zu dicht vor ihr, der Mund halb offen, die Augen konzentriert zu Schlitzen verengt. Mit einem Ruck riss er seine Tunika beiseite, streifte seine Beinlinge herunter. Dann war er über ihr.
    Sie schrie, riss ihre Arme hoch und stieß ihn mit aller Kraft von sich. Die Bewegung warf ihn zur Seite. Es krachte dumpf, als er mit dem Hinterkopf gegen die Bettkante schlug.
    Keuchend richtete sie sich auf, zog schnell ihr Kleid über die Schultern hoch. Ihr ganzer Körper bebte. Die Wölfin knurrte, wollte sich auf den wehrlosen Körper des Königs stürzen. Stattdessen wich sie ein Stück zurück.
    »Majestät?« Ihre Stimme zitterte.
    Der König regte sich nicht, sein halbentblößter Körper lag schlaff neben dem Bett, unter seinem Kopf kroch ein Rinnsal Blut hervor.
    O Gott, hilf mir.
    Hatte sie ihn umgebracht?

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    33 . Kapitel
    Isaccea, Juli 1458
    E s war eine dunkle, mondlose Nacht. Regen peitschte über die Ebene. Gábor hörte das Heulen der Wölfe in den Sümpfen. Für Menschen mochten die langen, an- und abschwellenden Rufe schaurig klingen, doch er vernahm darin allein den Gesang

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