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Mondherz

Mondherz

Titel: Mondherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Spies
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der Jagd. Er straffte die Schultern und schüttelte das Verlangen ab, sich ihnen anzuschließen. Stattdessen ließ er sein Pferd schneller traben. Weit konnte es nicht mehr sein.
    Erst als er auf wenige hundert Schritte heran war, sah er die Festungsstadt zwischen den Feldern aufragen. Sie wirkte wie eine feuchte, schwarze Kröte, die sich auf den sumpfigen Boden presste und gewillt war, jedem Angriff standzuhalten. Ein durchaus hochmütiges Unterfangen, denn ihre Mauern waren nicht viel mehr als lehmige Ruinen. Die Christen hatten, als sie Isaccea vor wenigen Jahren zurückeroberten, kaum einen Stein auf dem anderen gelassen.
    Fünf Wachen traf Gábor am Tor der Stadtmauer an, Männer, deren verschlossenen Gesichtern er zutraute, dass sie schon unter den Türken die gleiche Arbeit verrichtet hatten. Sie begrüßten ihn mit einem mürrischen Kauderwelsch aus walachischen Dialekten und türkischen Brocken. Er hatte sie bei ihrem Würfelspiel gestört. Knapp stellte er sich vor und verlangte, eingelassen zu werden. Während sie ihn musterten, spürte er ihren Argwohn. Ein Adliger, der allein in dieser unwirtlichen Gegend unterwegs war? Das mochte keiner so recht glauben. Endlich trat einer von Pavels Männern in den Fackelschein. Gábor schob seine Kapuze in den Nacken, und die Miene des anderen Werwolfs zuckte vor Überraschung, als er ihn erkannte.
    »Was machst du hier?«, fragte er misstrauisch.
    »Ich komme im Auftrag des ungarischen Königs«, erwiderte Gábor knapp. Das war immerhin keine Lüge.
    »Lasst ihn rein«, befahl der Werwolf. Die Wachen öffneten das Tor. Gábor führte sein tropfnasses Pferd hindurch, ohne einen Blick zurückzuwerfen.
    »Pavel ist heute Nacht nicht da«, informierte ihn der Mann, sobald sie den Wachen den Rücken gekehrt hatten. Er nickte in Richtung der Mauer, hinter der die Sümpfe lauerten, und Gábor verstand.
    »Könntest du mich dann zu Miklos bringen?«, bat er. Er vermied es, dem Mann in die Augen zu schauen. Er befand sich auf dem Terrain eines fremden Rudels, und deshalb wollte er auf keinen Fall herausfordernd erscheinen. Der Werwolf sah indes nicht aus, als hätte er viel für Diplomatie übrig. Die Bitte schien er jedoch als harmlos zu empfinden.
    Gábor folgte ihm durch die engen Gassen. Die Häuser sahen besser aus als die Stadtmauer, an vielen Stellen notdürftig geflickt, an anderen sorgsam wieder aufgebaut. Jede Generation in dieser kleinen Stadt hatte bereits wechselnde Herren, Belagerungen und Kämpfe erlebt, und Gábor ahnte, dass auch die Zukunft daran nichts ändern würde. Es musste ein zäher Menschenschlag sein, der es trotzdem hier aushielt.
    Endlich erreichten sie die Festung, die inmitten der kleinen Stadt auf einem Hügel stand. Sie war nicht mehr als ein großer, viereckiger Kasten, umgeben von einem schlammigen Graben. Es gab keine Fenster, nur schmale Schießscharten, die Gábor im Regen misstrauisch zu beobachten schienen.
    »Miklos müsste unten im Kerker sein«, informierte ihn Pavels Gefolgsmann. »Wir haben erst vor kurzem festgestellt, dass er lieber bei den Gefangenen schläft als bei uns.« Er grinste geringschätzig, dann schien ihm wieder einzufallen, wer Gábor war. Seine Mundwinkel sanken herab. »Ich zeige Euch den Eingang.«
    Die Holztür zum Kerker war mit mehreren eisernen Riegeln verschlossen, doch unbewacht. Gábor bat den Werwolf noch um eine Fackel, bevor der wieder zum Tor zurückmarschierte, und machte sich an den Abstieg. Er bemühte sich nicht, leise zu sein. Gerade als er unten den Vorraum und die Tür zu den Kerkerzellen erreichte, vernahm er auf der anderen Seite Schritte.
    »Wer ist da?«, rief Miklos’ Stimme, doch da stieß Gábor bereits die Tür auf. Miklos, in kampfbereiter Haltung gebückt, blinzelte im Lichtschein der Fackel, dann riss er die Augen auf.
    »Gábor«, rief er, »dann hast du meine Nachricht erhalten. Ich wusste, dass du kommst!« Sein vernarbtes Gesicht glänzte vor Freude.
    Gábor trat näher und legte ihm eine Hand auf den Arm. Obwohl ihm nicht danach zumute war, musste er ebenfalls lächeln. »Was treibst du hier unten im Dunkeln?«, fragte er.
    Miklos’ Grinsen verebbte. Wachsam richtete er den Blick auf eine der Zellen.
    Gábor hörte, wie sich darin jemand bewegte. Er erstarrte. Der Mann dort drin verbreitete den typischen Gestank eines Gefangenen, doch sein unverwechselbarer Geruch wurde auch davon nicht überlagert. Gábor knirschte mit den Zähnen.
    Ehe er jedoch einen Schritt tun konnte,

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